Sehr geehrter Herr Resch,

über Ihren Leserbrief habe ich mich sehr gefreut. Was für Sie in Bezug auf meinen wohl nicht gerade der Fall ist, wie Ihre Wortwahl nahelegt.

Sie amüsieren sich über meine Leidenschaft des Leserbriefschreibens. Ihr „Amüsement“ zeigt, Sie nehmen das Leserbriefschreiben nicht ernst. Weiteres Indiz dafür: Sie äußern leises spöttisches Bedauern: Ich würde es mir vermutlich nicht nehmen lassen, auf diesen Ihren vorliegenden Leserbrief zu antworten. Politisches Diskutieren scheint für Sie allein Sache der Experten und Politiker zu sein.

Sie nehmen die Diskussion unter Bürgern nicht ernst. Sie nehmen es nicht ernst, dass auch der Bürger sich zu wichtigen Themen äußern sollte, dass der Bürger keinesfalls Politikerentscheidungen unwidersprochen hinnehmen darf, denn die Erfahrung lehrt – meistens Jahre später und damit zu spät –, dass in sehr viele wegweisende Entscheidungen beileibe nicht nur die politische Vernunft eingeflossen ist: letztes berühmtes Beispiel die Schweinegrippe 2009, als eine europäische Arbeitsgruppe unter der Leitung des heute viel geschmähten Dr. Wolfgang Wodarg herausgefunden hatte, in welch bedrückendem Maße die Pharmalobby die Politik damals manipuliert hatte, und als man herausgefunden hatte, dass alle epidemiologischen Rechenmodelle, von Dr. Drosten selbst zugegeben, völlig falschlagen. Daher übrigens u. a. mein tiefes Misstrauen in Bezug auf die heutige herrschende Sicht der Infektionswelle, auf die Datenlage und auf die Deutung der Daten – übrigens steht auch heute wieder die Bill und Melinda Gates Stiftung mit ihren Impfprogrammen am Horizont (s. u.).

Eines vorweg: Lassen Sie es doch einfach mal sein, mir negative Stimmungsmache zu unterstellen, womit Sie nicht der Einzige bislang waren. Und dies einfach nur, weil ich Deutungsmöglichkeiten vorstelle, die der Tagesschaumeinung nicht entsprechen. Außerdem rufe ich damit auch nicht zum Ungehorsam auf. In einem meiner Texte habe ich selbst darauf hingewiesen, dass ich versuche, konsequent die Schutzmaske zu tragen, wenn ich zur Post oder in Geschäfte gehe, und mich an die Verordnungen Hessens zu halten. Noch mal: Wenn ich anderer Meinung in Bezug auf das Verständnis der Coronakrise bin, heißt das noch lange nicht, ich würde zur Aufmüpfigkeit aufrufen.

Sie sagen, letztlich arrangiere man sich mit den Maßnahmen der Regierung – was ich, wie gesagt, auch tue –, weil sie anscheinend eine gute Lösung sei: „Des Weiteren zeigen die Entwicklungen, dass die Maßnahmen erfolgreich sind …“ Gerade das, dass sich die Regierung das als Erfolg an die Brust heftet, habe ich infrage gestellt, worauf Sie auch eingehen: „Ich weiß, Ihnen fehlen irgendwie die Beweise, aber beschäftigt man sich mit dem Thema ernsthaft, dann kann man einen kausalen Zusammenhang erkennen.“ Womit Sie mir unterstellen, ich hätte mich nicht ernsthaft mit dem Thema beschäftigt, denn ich habe ja gerade diesen kausalen Zusammenhang in Zweifel gezogen. Und Sie selbst sind wohl auch nicht so ganz sicher, denn Sie schieben nach: „Die aktuelle Situation gab es in dieser Form noch nicht, daher ist alles auch ein Experiment.“

Kurz: So ganz überzeugt in Bezug auf die Politik der GroKo sind Sie wohl auch nicht.

Ich will nicht ins Detail gehen. Ganz grob lassen sich heute zwei Deutungen der Krise unterscheiden, die beide gute Gründe für sich haben. Da in der öffentlichen Meinung nur die eine Position lanciert wird, halte ich es um der politischen Mündigkeit des Bürgers willen für sehr, sehr wichtig, dass auch die entgegengesetzte Meinung vorgestellt wird, eine Position, deren Vertreter momentan systematisch totgeschwiegen bzw. in bösartiger Weise diffamiert werden. Ich denke dabei an Dr. Wodarg, Dr. Köhnlein, Dr. Bhakdi, Dr. Wittkowski, um nur die wichtigsten zu nennen.

Die eine Deutung

Die herrschende Meinung besagt: Das Coronavirus ist viel gefährlicher als alle bekannten Viren, insbesondere die Influenzaviren. Dafür wird auf die Infiziertenzahlen verwiesen, auf die Mortalitätszahlen, insbesondere die in Italien und aktuell in den USA. Die Ansteckung durch das Coronavirus sei besonders schnell. So müsse – so schreiben ja auch Sie –, um das Gesundheitswesen stabil zu halten, die Infektionskurve flach gehalten werden, bis ein Impfstoff oder eine andere Lösung gefunden ist.

Die andere Meinung

Die andere Meinung besagt: Das Coronavirus sei nicht gefährlicher als ein Influenzavirus. Hätte man kein besonderes Testverfahren für Corona gehabt, wäre die aktuelle Infektionswelle als übliche winterliche Grippewelle abgehakt worden. Die Infektionswelle sei also nichts anderes als eine vielleicht etwas stärkere Grippewelle wie in den früheren Jahren auch, vielleicht so stark – etwa in Italien oder Spanien – wie die Grippewelle 2017/18 mit ihren vielen Toten.

Den anscheinend diesem Verständnis entgegenstehenden Zahlen, wie sie die Presse tagtäglich bringt, halten diese Interpreten entgegen – Sie haben das auch erwähnt –: Die Zahl der tatsächlich Infizierten ist unbekannt; die Zahl der Infizierten nimmt so heftig zu, weil immer neue Tests erfolgen, man misst also die immer neuen Tests; das Testverfahren der Charité ist umstritten, viele Tests melden falsch positiv; man unterscheidet nicht zwischen „mit“ Corona und „wegen“ Corona gestorben, wenn nur im Verstorbenen Corona nachgewiesen wird, zählt er als Coronatoter; die Gefährlichkeit kann bis heute nicht eingeschätzt werden, der Medizinstatistiker Gerd Antes sagt, die aktuelle Datenlage – Infiziertenzahl, Sterblichkeitsrate – sei viel zu dünn (Viernheimer Tageblatt vom 14.4.2020). Und ganz wichtig: Die Entwicklung der Epidemie beruhe auf Rechenmodellen, die auch Herr Dr. Drosten als sehr problematisch bezeichnet hat.

Zum Umgang mit der Infektionswelle

Sie schreiben: „Am Ende ist man immer schlauer.“ Das heißt aber nicht, dass man sich als Bürger nicht Gedanken über das Ganze machen darf. Ich halte es für wichtig, dass diese gegenteiligen Positionen in der Öffentlichkeit am Köcheln gehalten werden und dass der Bürger sich fleißig mit Gedanken macht.

Was die Frage angeht, wie nun mit der Coronaepidemie umgehen soll, so folgen, so finde ich, nicht einander ausschließende Lösungen. Die gegen die herrschende Deutung stehende alternative Interpretation kann helfen, dass man eine Lösung ergreift, die nicht zu einer zerstörten Wirtschaft, zu sozialer Zersetzung führt. Zurzeit gibt es vielerorts Überkapazitäten an Betten, Beatmungsgeräten und Intensivstationen, und Kurzarbeit ist an Krankenhäusern angesagt. Vieles spricht dafür, dass die Sterblichkeitsrate, die Dr. Streeck für Heinsberg nennt, 0,37 %, auch für Deutschland zutrifft. Professor Wittkowski gibt gute Gründe, für den Aufbau einer Herdenimmunität die Schulen wieder zu öffnen und rasch zum Alltag zurückzukehren, bei gleichzeitigem Schutz der Risikogruppen, also der über 80-Jährigen. Und das Wichtigste: Die alternativen Deutungen könnten dazu beitragen, die Panik und die Angst aus der Bevölkerung zu nehmen, beides Faktoren, die selbst wiederum zu Krankheit und Tod führen können.

Und ein ganz wichtiger Punkt: Die alternativen Sichtweisen machen deutlich, dass die Lösung des Coronaproblems nicht in einem Impfstoff gesucht werden sollte. Der menschliche Organismus ist darauf eingerichtet, selbst seine Immunisierung zu schaffen. Wie bei der Schweinegrippe kämen die Entwicklung eines Impfstoffs und seine zu schnelle Einführung den Interessen einer riesigen privaten Pharmalobby und den Marktinteressen der Bill und Melinda-Gates Stiftung entgegen. Nichts gegen einen Impfstoff, insbesondere für die Risikogruppen. Aber die Entwicklung und Testung eines solchen braucht Zeit und sollte von öffentlichen Forschungslabors geleistet werden, und nicht von Privatunternehmen.

Mit herzlichen Grüßen

Bernd Lukoschik