Kulturausschuss bringt Kulturkonzept voran – Arbeitsgruppe soll Probe- und Auftrittsräume suchen – Veranstaltungen mehr online bewerben

Foto: Stadt Weinheim

Weinheim (Stadt Weinheim) „Kommunale Kulturpolitik ist zugleich Wirtschafts-, Sozial-, Bildungs- und Stadtentwicklungspolitik. Sie stärkt darüber hinaus die Grundfesten der Zivilgesellschaft und befördert die Innovationsfähigkeit einer Gesellschaft.“ So drückt es der Städtetag Baden-Württemberg aus.

So sieht man es auch in der Großen Kreisstadt Weinheim. „Weinheim ist mit seinen kulturellen Angeboten sehr gut aufgestellt, aber wir wollen uns auf hohem Niveau immer weiter verbessern“, so formulierte es Oberbürgermeister Manuel Just am Mittwochabend in der Sitzung des Kulturausschusses des Gemeinderates. Die Stadt hat sich schon vor zwei Jahren auf den Weg gemacht, die Kommunale Kulturarbeit und die Weinheimer Kulturszene in ein Kulturkonzept zu gießen. Dieses Konzept – durch die Coronaphase ein bisschen verzögert – kommt jetzt nach einem Workshop mit den Kulturschaffenden der Stadt voran. Der Ausschuss nahm das fast 20-seitige Konzept bei zwei Enthaltungen durch die SPD zur Kenntnis und empfahl dem Gemeinderat eine positive Beschlussfassung.

Das Konzept trägt als Rückgrat eine sehr umfassende Bestandsaufnahme der Weinheimer Kulturszene, getragen von vielen ehrenamtlichen Vereinen, aber auch kommerziellen Kulturanbietern – stets mit dem Kommunale Kulturbüro als verbindendem Element.

 

Wie geht es mit dem Veranstaltungskalender weiter?

 

Im Ausschuss wurden konkrete Handlungsaufträge bestätigt. Ein Thema war die Wiederaufnahme des gedruckten und in hoher Auflage verteilten Veranstaltungskalenders.

Hier war das Gremium skeptisch. Vor allem das ökologische Argument wurde ins Feld geführt. Eine vermehrte und verbesserte Bewerbung von Weinheimer Veranstaltungen im Internet auf der Homepage und in den sozialen Netzwerken sollte im Vordergrund stehen, wenn auch auf ergänzende Printwerbung nicht verzichtet werden soll. Der Kulturausschuss empfahl dem Gemeinderat einstimmig für ein umfassendes Konzept zur Verbesserung der Online-Bewerbung von Veranstaltungen 30 000 Euro zur Verfügung zu stellen.

Die kommunalen Kulturpolitiker stärkten der Verwaltung den Rücken bei dem Plan, in einer ämterübergreifenden Arbeitsgruppe nach neuen Probe- und Auftrittsräumen zu suchen. Dies war auch ein ausdrücklicher Wunsch im Workshop der Kulturschaffenden. Denn Proberäume fehlen. Der Mangel betrifft Musiker ebenso wie Bildende Künstler. Die Verwaltung will daher eine Arbeitsgruppe einrichten, um proaktiv nach Probe-, Ausstellungs- sowie Atelierräumen für Bands und Künstler zu suchen. Das könnten, so die Überlegung, zum Beispiel ungenutzte Industriehallen oder ungenutzte Räume in städtischen Immobilien sein. Der Kulturausschuss unterstützte die Idee ausdrücklich.

 

Wie ist mehr kulturelle Teilhabe möglich?

 

Die Teilhabe von Menschen mit geringem Einkommen, von Familien und von Menschen mit Migrationshintergrund ist ein weiteres definiertes Handlungsfeld. Ein Beitritt zum Netzwerk „Kulturparkett Rhein-Neckar e.V.“ mit Sitz in Mannheim war im Ausschuss eine diskutierte Option. Da herrschte im Gremium aber auch Skepsis. Die Hemmschwelle, einen solchen Pass zu beantragen, sei sehr hoch. Außerdem könnte das Verfahren zu bürokratisch sein. Die Verwaltung soll nun mit den Wohlfahrtsverbänden weitere Möglichkeiten der Teilhabe vor Ort prüfen. In jedem Fall sollen knapp 7000 Euro im nächsten Haushalt vorgehalten werden.

Im Gremium wurde auch der Wunsch nach mehr Jugendkultur geäußert und Veranstaltungen, die mehr jugendliche Zielgruppen hat, im besten Fall in Verbindung mit einem Jugendhaus oder einem Jugendzentrum, das eigene Kulturangebote unterbreiten kann. Dazu passte, dass sich der Jugendgemeinderat einen Tag zuvor mit dem Kulturkonzept beschäftigt hatte und mehr eigenes Engagement angekündigt hat. Oberbürgermeister Manuel Just kündigte in diesem Zusammenhang an, dass man sich in der Stadtverwaltung durchaus mit einem Jugendzentrum beschäftige. Just bestätigte auch, dass – wie bei den Sportförderrichtlinien – eine Überarbeitung der Kulturförderrichtlinien bevorsteht.

Weitere Ergänzungswünsche aus dem Ausschuss waren eine Komplettierung der Angebote aus den Ortsteilen sowie eine Bestandsaufnahme der städtischen Veranstaltungsräume.

 

Kultur als „gesellschaftspolitische Bringschuld“

 

Das Kulturkonzept definiert die Kommunale Kulturarbeit als identitätsstiftendes und sinnstiftendes Element, als verbindendes Element, als geistesbildendes Element, als Element des Standortmarketings sowie als Element des Stadtmarketings und Tourismus.

Schonungslos beschreibt das Konzept auch die Auswirkungen der Corona-Pandemie. Es heißt dort: „Corona hat vielen Bereichen Furchen hinterlassen – so auch im Kulturbereich. Viele der Beschäftigten, die vor der Pandemie im Kulturbereich tätig waren, haben aufgegeben und sich neu orientiert.“ Die Szene beklage einen Besucherrückgang, je nach Genre um bis zu etwa 70 Prozent. Außerdem befürchte man, die Energiekrise werden ihren Tribut fordern. Fazit: „Der öffentlichen Kulturverwaltung kommt daher noch mehr Verantwortung zu.“  Dabei werde die Wahrnehmung des kulturpolitischen Auftrags der Kommune immer wichtiger. Im Wortlaut heißt es: „An dieser Stelle ist das städtische Kulturangebot für den Zusammenhalt, die Identifikation und die Bildung der Stadtgesellschaft keine freiwillige Leistung, sondern eine gesellschaftspolitische Bringschuld.“