Foto: Vo
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Viernheim (Vo/BASF) – Die Coronapandemie hat für Kinder insbesondere in den Phasen der Lockdowns zu erheblichen Einschränkungen in der Wahrnehmung sozialer Kontakte und der Bewegungsfreiheit geführt. Gerade in Kindergärten und Schulen ist die Folge von sozialer Isolation und Bewegungsarmut bis heute gut erkennbar. Schon früh hat das AWO Familienzentrum daher  einen Schwerpunkt auf die Bewegungsförderung der Kinder gelegt. Tägliche Turn- und Sportstunden in Kooperation mit dem Viernheimer Turnverein wurden eingerichtet, diese fanden in der Waldsporthalle statt.  Zusätzlich beteiligt sich das AWO Familienzentrum auch an dem Projekt MoBil der BASF – Ludwigshafen. Es dient der Motorikförderung in der frühen Bildung zur Stärkung der Selbstregulationsfähigkeit von Kindern.

Dieses Projekt wurde gestern (21.10.22) vorgestellt. Teilgenommen an der Vorstellung haben, Prof. Dr. Klaus Roth vom Institut für Sportwissenschaft in Heidelberg, Frau Dr. Kubesch vom Institut Bildung Plus in Heideberg, Herr Posawatz von der Vision Bewegungskinder gGmbH, ein Vertreter der BASF, Frau Schmiddem vom Vorstand der AWO Viernheim, Thomas Sebert / Leiter des  AWO Familienzentrum und Erzieherinnen und Erzieher.

 

Die Kinder konnten die Bewegungsspiele in der Waldsporthalle ausprobieren und hatten großen Spaß dabei.

Für die kindliche Entwicklung und den erfolgreichen Übergang vom Kindergarten in die Grundschule sind gut ausgeprägte exekutive Funktionen essentiell. Sie werden als ein Verbund verschiedener Ge­hirn­funktionen und Kompetenzen angesehen, die zusammengenommen die Selbstregulation be­stim­men und damit die Fähigkeit der Kinder, ihr Verhalten, ihre Aufmerksamkeit und Gefühle besser steuern zu können.

Damit bilden die exekutiven Funktionen die Grundvoraussetzung dafür, in vielen verschiedenen Lebenslagen autonome und situationsentsprechende Entscheidungen zu treffen. Zu den exekutiven Funktionen und selbstregulativen Fähigkeiten zählen unter anderem die Impuls- und Aufmerksamkeitskontrolle, die Emotionsregulation, die kognitive Flexibilität, das Arbeitsgedächtnis und die Initiierung sowie komplexere Kontrollfähigkeiten wie planvoll, strukturiert und organisiert vorzugehen, Entscheidungen zu treffen, Fehler zu erkennen und wenn notwendig zu korrigieren.

Im Rahmen des Projekts MoBil wird das Wissen um die förderlichen Potenziale von Bewegung zur Stärkung der exekutiven Funktionen genutzt und konzeptionell umgesetzt. Ziel ist neben der Förderung der exekutiven Funktionen und der Selbstregulationsfähigkeit der Kinder vor allem die Angleichung ihres Niveaus bis zum Ende der Kindergartenzeit und damit die Homogenisierung der Bildungschancen möglichst aller Vorschulkinder für die Schulkarriere und über die Lebensspanne hinweg.

Bei der Förderung der exekutiven Funktionen und der Selbstregulationsfähigkeit, kommt es auf die Übung an. Je häufiger die Kinder die Möglichkeit erhalten, Selbstregulation zu üben, desto besser werden sie diese erlernen. Der Alltag mit Kindern liefert dafür unzählige Anlässe. Aus diesem Grund werden auch Informationsmaterialien für die Familien bereitgestellt werden, die anschaulich zeigen, wie Eltern bzw. Erziehungsberechtigte die Selbstregulationsfähigkeit ihrer Kinder fördern können.

Das Projekt MoBil basiert auf aktuellen entwicklungspsychologischen, sport- und neurowissenschaftlichen Erkenntnissen aus nationalen und internationalen Studien. Heute kann es als weitgehend unstrittig gelten, dass die exekutiven Funktionen in der Kindheit – also der Phase der höchsten neuronalen Plastizität – ganz wesentlich spielerisch und durch körperliches Training gefördert werden können. Viele Neurowissenschaftler sehen in ausreichenden und vielseitigen Bewegungsaktivitäten den Schlüssel zum Erfolg. Kinder im Alter zwischen 4 bis 6 Jahren, die über eine höhere motorische Leistungsfähigkeit verfügen, weisen höhere kognitive Grundfunktionen auf, als Kinder, die motorisch weniger leistungsstark sind.

MoBil versteht sich als inhaltliche Weiterentwicklung der Mini-Ballschule bzw. des erprobten und erfolgreich evaluierten Motorik ABC (Roth & Zimmer, 2017), deren einzelne Bestandteile mit Bausteinen zur Stärkung der exekutiven Funktionen und zur Förderung der Selbstregulation angereichert werden. Aktuell wird das MoBil-Übungsmanual entwickelt. Es enthält die zentralen und alltagsrelevanten wissenschaftlichen Grundlagen sowie konkrete Spiel- und Bewegungsaktivitäten, die den Bereichen

  • Regeln und Rituale,
  • Spiele mit und ohne Ball,
  • Kita-Spieleklassiker in Bewegung 

zuzuordnen sind. Sowie

  • Achtsamkeitsübungen und
  • Umsetzungsbeispiele für eine alltagsintegrierte Förderung in der Kindertagesstätte.

Zusätzlich werden einfache spielerische Testverfahren zur Erfassung der exekutiven Funktionen und der Selbstregulationsfähigkeit erläutert, die auch pädagogische Fachkräfte zur Einschätzung und zur Förderung der exekutiven Funktionsfähigkeiten in  Kindertagesstätten einsetzen können. Zur Ausbildung der Selbstregulationsfähigkeit wurden Bildkarten entwickelt. Sie zeigen die Leitfigur von „MoBil“ – den Hasen „Bili’’ –, dieser ist ein  wesentlicher Bestandteil des Logos.