Die Weinheimer Stadtbibliothek reagierte im Jahr 2020 so gut es ging auf die Pandemie – Aber die Hoffnung auf normale Zeiten bleibt

Lieferdienst Hausmeister.
Foto: Stadt Weinheim
OB-beim-Lesen.
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Weinheim(Stadt Weinheim) – Es war ein total verrücktes Jahr, dieses Corona-Jahr 2020, auch für die Weinheimer Stadtbibliothek, wie der jetzt veröffentlichte Jahresbericht zeigt. Die übliche Bibliotheksarbeit war im Frühjahr und in der gerade zurückliegenden Zeit über viele Wochen nicht möglich, aber das Team von Bibliotheksleiterin Stephanie Koch reagierte stets so gut es ging auf die Anforderungen der Pandemie. Neue Digitalangebote wurden geschaffen, Bücher wurden und werden ausgeliefert. Der Aufwand erhöhte sich beträchtlich, die Bindung zwischen Weinheims Haus der Bücher und den Nutzern aber auch, so fühlt sich das für das Team der Bibliothek zumindest an.

Die Mitarbeiterinnen der Bibliothek halten auch während des Lockdowns weiterhin Kontakt zu ihren Nutzerinnen und Nutzern via Facebook, Newsletter und Instagram. „Wir erhalten hier viel Lob, Zuspruch und dankbare Kommentare“, freuen sie sich. In der Weinheimer Stadtbibliothek sind neun Mitarbeiterinnen und ein Mitarbeiter beschäftigt, dazu kommen eine FSJ-lerin und drei Azubis. Leiterin Stephanie Koch bescheinigt: „Sie haben ein nervenaufreibendes Jahr mit sehr großem Einsatz, vielen frischen Ideen und jeder Menge Nervenstärke und Humor gemeistert, sie haben die Bibliothek am Laufen gehalten und sich freundlich und hilfsbereit um die vielfältigen Anliegen kleiner und großer Bibliotheksnutzer gekümmert.“

Zu den Zahlen. Das Corona-Jahr hat auch in Weinheim den bundesweiten Trend beschleunigt: Die analogen Ausleihen gehen leicht zurück, die digitalen steigen an. Rund 215 000 Entleihungen verzeichnet die Bibliothek, das sind rund 7 Prozent weniger als im Vorjahr (232 000). Die Zahl der Downloads in der „Onleihe“ stieg um fast 20 Prozent auf 38 500, die der analogen Entleihungen fiel um 11,5 Prozent, daher der Mittelwert zum Rückgang von 7 Prozent.

Das Internet wird für sachliche Informationen immer wichtiger. Die Bibliothek trägt dem Rechnung und bietet den Bürgerinnen und Bürgern mehrere geprüfte und kostenpflichtige Datenbanken an – seit diesem Jahr neben verschiedenen Munzinger-Datenbanken auch die Brockhaus Enzyklopädie. Gut angenommen werden auch die übrigen digitalen Angebote. Der neue Online-Katalog wurde insgesamt rund 663 000 mal aufgerufen und verzeichnet rund 1800 Suchanfragen pro Tag. Auch die internationale Zeitungen- und Zeitschriftendatenbank PressReader wird weiterhin rege genutzt.

Allerdings: Die Zahl der aktiven Nutzer ist um fast 15 Prozent auf rund 4100 zurückgegangen, bei den Kindern bis zwölf Jahren sogar um 25 Prozent auf rund 1100.  Das zeige, so Stephanie Koch, wie wichtig persönliche Kontakte bei der Leseförderung sind. Wegen Corona waren keine Klasseneinführungen, keine Kindernachmittage und keine bibliothekspädagogischen Angebote möglich. Die Zahl der Nutzer „Ü60“ ist mit knapp 900 nahezu gleich geblieben. Knapp 45 000 Medien stehen den Nutzern zur Verfügung – eine sehr beachtliche Zahl.

Den größten Einbruch muss die Bücherei wegen Corona bei den Besucherzahlen hinnehmen. Normalerweise betreten fast 500 Menschen am Tag das Haus in der Luisenstraße, um zu schmökern, im Internet zu surfen, um zu lernen, zu arbeiten und das WLAN zu nutzen, also rund 125 000 im Jahr. Die Coronabeschränkungen ließen diese Zahl auf 72 000 sinken.

Ein kleiner, offener Bücherflohmarkt vor der Bibliothek überbrückte die Zeit im ersten Lockdown, in der keine Medien entliehen werden durften. Dann entstand die Idee eines Medienlieferdienstes, der sehr gut angenommen wird. Darüber hinaus wurden die vielfältigen digitalen Angebote weiter ausgebaut: Das Online-Portal „Metropolbib“ wurde verstärkt nachgefragt. Um dem Ansturm gerecht zu werden, investierte der Verein Metropolcard-Bibliotheken Rhein Neckar e.V., dem die Weinheimer Bibliothek angehört,  innerhalb von sechs Wochen zusätzlich rund 25 000 Euro, und stärkte so die Onleihe. Vor allem wurden von den vorhandenen eMedien, die stark ausgeliehen wurden, rund 2500 weitere Lizenzen erworben. Auch vor Ort entwickelte das Team neue digitale Angebote:

Zum Beispiel Bib@home, es beinhaltet Tipps gegen Langeweile, Informationen zum Erkennen von Fake-News, Bastelanleitungen, Rätsel und virtuelle Wettbewerbe.

An den ersten beiden Öffnungstagen im April gaben knapp 1300 Nutzer fast 3500 Medien zurück und liehen über 3000 neue aus. Stephanie Koch schließt daraus: „Die Bibliothek wurde vermisst und das machten die Nutzer deutlich.“ Dennoch, sämtliche Veranstaltungen, E-Book-Sprechstunden, Spielenachmittage, Vorlesestunden, Kindernachmittage und Serviceangebote blieben vorerst ausgesetzt.

Ein Lichtblick waren zwei neue Angebote: auf Wunsch der Nutzerinnen und Nutzer gibt es seit diesem Jahr englischsprachige Hörbücher, und die Kleinsten freuen sich über „Tonies“ – und zwar so sehr, dass sich von 148 Tonies nie mehr als fünf gleichzeitig in der Bibliothek befinden.

Nach der vorsichtigen Öffnung wurde laufend überprüft, welche Angebote und Dienstleistungen wieder angeboten werden können.“

Da weder Kindernachmittage noch Sommerferienspiele stattfinden konnten, beschritt die Bibliothek auch hier neue digitale Wege: 60 bis 70 Kinder pro Monat nahmen sich Material für einen Kindernachmittag mit nach Hause. Ein großes Projekt war die ‚Bibliotheca Somnia‘, die für 80 Kinder und deren Familien die Sommerferien verzauberte. Der bundesweite Vorlesetag wurde auch ins Netz verlegt: Oberbürgermeister Manuel Just las das „Grüffelokind“ für die Kleinen und „Tim und das Geheimnis von Knolle Murphy“ für die Grundschulkinder. Auch die fabelhafte Idee des Woinemer Weihnachtsradios unterstützten die Mitarbeiterinnen natürlich gerne mit eigens produzierten Beiträgen rund um Literatur und die Bibliothek.

Nun hofft das Bibliotheksteam auf das baldige Ende des Lockdowns. Denn trotz der weiteren Entwicklung digitaler Angebote und der Unterstützung und Förderung digitaler Kompetenzen, müsse die Bibliothek auch ein Ort der – informellen – Begegnung, der Inspiration, des Lernens und der Bildung bleiben: Als informeller Treffpunkt, als angenehme, konsumfreie Freizeitstätte und als einladender Lern- und Arbeitsort, der den Dialog zwischen den Generationen, Kulturen und Religionen fördert.