Weinheim (Rehkitzrettung Weinheim und Umgebung) – Die Jagd ist in Deutschland ein umstrittenes Thema und es ist absolut legitim, dass es da Kritiker und Befürworter gibt. Jedoch sollte diese Legitimität da enden, wo klar ersichtlich ist, dass die Art und Weise wie gejagt wird, eindeutig massives Tierleid verursacht. Bei der jährlichen großen Drückjagd zwischen Viernheim und Hüttenfeld ist dies aus unserer Sicht ganz klar der Fall und daher sehen wir es als unsere Pflicht an, auf das viele Leid bei dieser Massentötung von Wildtieren hinzuweisen!

Wir, die Rehkitzrettung Weinheim und Umgebung, sind jedes Frühjahr für mehrere Wochen gemeinsam mit Jägern und Landwirten auf den Wiesen unterwegs, um möglichst viele Kitze und andere Wildtiere vor den Messern der Mähmaschinen zu retten. Durch diese ehrenamtliche Tätigkeit haben wir nicht nur viel Kontakt zu Jägern, sondern bekommen auch einen recht guten Einblick in deren Tätigkeit. Viele der Jäger erzählen uns ganz offen, dass eine Drückjagd nicht wirklich schön ist, weil man grundsätzlich das Wild viel mehr beunruhigen muss als beim Ansitzen auf dem Hochsitz und ein sauberer Schuss dadurch nicht gewährleistet ist. Die jährliche große Drückjagd sehen nahezu alle sehr kritisch, da bei dieser ein ganzer Wald in Unruhe versetzt wird, auch andere, nicht bejagte Tiere, in Panik geraten und natürlich die Häufigkeit von Fehlschüssen deutlich höher ist.

Veranstaltet wird die große Drückjagd vom Hessen Forst, federführend ist erneut der

Lampertheimer Forstamtsleiter Ralf Schepp. In den Medien begründet Herr Schepp die

Jagd seit Jahren mit den üblichen Argumenten: Prävention vor der Afrikanischen

Schweinepest, Verminderung von Wildunfällen und Vermeidung von Verbiss an seinen Bäumen. Aus unserer Sicht stellt sich der Sachverhalt jedoch etwas anders dar:

  • Aktuell steht die ASP 80 Kilometer vor Deutschland, denn am 15.11.2019 wurde in der Nähe der deutsch-polnischen Grenze ein infiziertes Wildschwein gefunden. Überraschen wird das weder Herrn Schepp, noch einen Jäger und uns ebenfalls nicht. Diese Seuche mittels Bejagung oder Zäunen aufzuhalten ist allenfalls

Wunschdenken, zudem sagen auch Experten, dass es früher oder später durch Essensreste von LKW-Fahrern oder Blut an den Stiefeln von deutschen Jagdtouristen sowieso passieren wird!

  • Die Wildunfälle sind seit Beginn der großen Drückjagd weder signifikant gestiegen, noch gesunken. Bemerkenswert ist dabei das Jahr 2017, in dem die Jagd aufgrund verkehrstechnischer Umstände ausfallen musste. In diesem Jahr sind die Unfälle mit Wildtieren auf der besagten Strecke sogar auf gerade mal 20 gesunken. Natürlich egalisiert Herr Schepp sowas lapidar mit einem milden Winter zu Beginn des Jahres, doch kritisch betrachtet, bemerkt selbst ein Laie, dass die Jagd kaum Auswirkung auf die Unfallzahlen hat.
  • Dass Jäger und Förster unterschiedliche Ansichten und Motivationen haben, ist vielen bekannt. Beim Förster lautet das Motto meistens „Wald vor Wild“ und Herr Schepp ist ein Paradebeispiel dafür. Für ihn zählt sein Erfolg und dafür braucht es viel Holz. Aus unserer Sicht ist dies auch seine primäre Motivation für die von ihm ausgerichtete Jagd, denn weniger Wild, bedeutet schlicht weniger Verbiss und somit mehr Holz!

Viele Jäger bezeichnen das Töten von Tieren als notwendiges Übel Ihrer Jagdausübung.

Die jährliche große Drückjagd zwischen Viernheim und Hüttenfeld ist jedoch kein Übel,

REHKITZRETTUNG WEINHEIM UND UMGEBUNG 

sondern inzwischen ein fest eingeplantes gesellschaftliches Event der Jägerschaft. Hier kommt auch der Hauptpunkt unserer Kritik zum Vorschein – der Spaß und die Motivation vieler Teilnehmer!

Der Forstamtsleiter lädt zu dieser Jagd jedes Jahr Jagdgäste ein, darunter auch viele aus dem Ausland. Diese Teilnehmer müssen im Gegensatz zu den regionalen Pächtern und Jägern ein Standgeld bezahlen. Dieses liegt laut unseren Informationen zwischen 150 und 250 Euro. Dazu kommt noch eine längere Anfahrt, teilweise viele hunderte Kilometer. Nun muss man kein Jagdgegner sein, um sich ausmalen zu können, dass jemand, der so weit fährt und eine Stange Geld bezahlt, dann gerne ohne Abschuss und jagdlichen Erfolg, nach Hause fährt. Letztes Jahr wurde nach der Jagd eine Gruppe Holländer von einem Journalisten der RNZ interviewt und gab dabei offen zu, sogar einen eigenen Fahrer dabei zu haben, um auch ordentlich trinken zu können. Diese Gruppe kürte nach der Jagd auch ihren eigenen Schützenkönig mit stolzen 7 Abschüssen, ein anderer hatte nur eine „halbe“ Sau vorzuweisen. Mal abgesehen vom Alkohol, zeigt dieses Beispiel aus unserer Sicht auch recht gut, dass Tierschutz bei dieser Jagd nicht im Vordergrund steht! (https://www.rnz.de/nachrichten/metropolregion_artikel,-drueckjagd-in-suedhessenwenn-das-toeten-von-tieren-spass-macht-_arid,402696.html)

Leider verschweigt Herr Schepp den Medien auch grundsätzlich die vielen grausamen Nebenwirkungen dieser Jagd. Viele Tiere sind in Panik, in der Jägersprache als hochflüchtig bezeichnet, daher ist der saubere Schuss eher die Ausnahme als die Regel. Oft werden Tiere angeschossen und erst beim Passieren eines weiteren Schützen getötet. In der Vergangenheit wurden Tage nach der Jagd, trotz angeblicher Nachsuchen, immer wieder verletzte Tiere in Nachbarrevieren gesichtet und mussten dann dort erlöst werden. Herr Schepp erlaubt der Presse auch keine Bilder der toten Tiere (Strecke) im Forstamt. Das hat auch einen guten Grund, denn auf den Bildern könnte man erkennen, dass einigen Gliedmaßen, Teile des Gesichts oder auch mal die halbe Wirbelsäule weggeschossen wurden. Andere wurden von den freilaufenden Jagdhunden gestellt und übel zugerichtet. Apropos Jagdhunde, auch diese sind immer wieder Opfer bei dieser Form der Jagd. Manche werden versehentlich angeschossen, andere von Wildschweinen schwer verletzt oder gar getötet und immer wieder irren einige nach der Jagd auf den Straßen umher und werden überfahren. 

All das soll die Öffentlichkeit nicht sehen, lesen oder hören! Genau aus diesem Grund möchten wir mit unseren Mahnwachen und Artikeln in den Medien auf diese

Begleiterscheinungen einer solchen Jagd aufmerksam machen. Gleichzeitig fordern wir von der Politik ein Umdenken und neue Strategien! Vor einigen Jahren wurde bereits beim Land Hessen um Unterstützung beim Bau eines Wildschutzzaunes auf der bejagten Strecke gebeten. Leider wurde dies vom grünen Minister Tarek Al Wazeer aufgrund  angeblich zu hoher Kosten (ca. 200.000 Euro) abgelehnt. Hier wäre es angebracht, einen neuen Versuch zu starten und zum Wohle der Verkehrsteilnehmer, aber auch der Wildtiere, mehr Druck zu machen. Parallel dazu könnte man die große Drückjagd für 2 Jahre aussetzen und danach die Auswirkungen erneut prüfen. Dies sollte jedoch nicht durch das Forstamt passieren, sondern neutral durch die Straßenverkehrsbehörden. Grundsätzlich sollte die Politik den Hessen Forst anweisen, in Zukunft keine zahlenden Jagdgäste mehr zu den Jagden einzuladen. Hier steht die Motivation der Jagdgäste definitiv gegen die Waidgerechtigkeit und angebliche Jägerehre. Sicherlich wäre es auch nicht verkehrt, VOR der Jagd mal einen unangekündigten Alkoholtest bei allen Teilnehmern durchzuführen.

VIELEN DANK!