Ehrengast Bundesjustizministerin Christine Lambrecht zu Besuch in ihrer Heimatstadt

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Viernheim (Vo/Stadt Viernheim) – Am Freitag 10. Januar 2020 lud die Stadt Viernheim wieder die Bürger zum traditionellen Neujahrsempfang, im Bürgerhaus ein. Nach einer musikalischen Eröffnung durch die Sängerinnen des Frauenchors 1947 e.V. unter der Leitung ihres Dirigenten Hans Kaspar Scharf, mit dem Lied „Der ewige Kreis“, begrüßten Stadtverordnetenvorsteher Norbert Schübeler auch im Namen von Bürgermeister Matthias Baaß und Erster Stadtrat Bastian Kempf, die zahlreichen Viernheimer Bürger, ebenso die vielen Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Verwaltung und Wirtschaft, aus Verbänden, Vereinen und Institutionen, den sozialen und kulturellen Einrichtungen, Kirchen und Religionsgemeinschaften sowie den Medien, ein besonderer Gruß ging an den Ehrengast und Hauptrednerin Bundesjustizministerin Christine Lambrecht. Besonders begrüßt wurden auch Landtagsabgeordneten Alexander Bauer, Kreisbeigeordneten  Heinz Klee ür den Landkreis Bergstraße, Landrat a. D. Norbert Hofmann, sowie Leiter der Polizeistation Viernheim – Lampertheim, Ersten Polizeihauptkommissar Matthias Seltenreich. Bürgermeister Matthias Baaß begrüßte alle Gäste und wünschte ihnen ein erfolgreiches und gesundes Neues Jahr.

Der diesjährige Neujahrsempfang steht unter dem Thema „Gleichstellung“. Denn in diesem Jahr feiert das Gleichstellungsbüro der Stadt Viernheim sein 30jähriges Jubiläum und gerade im Jubiläumsjahr ist es wichtig, auf das Thema „Gleichberechtigung“ aufmerksam zu machen. 

Erlauben Sie mir jedoch zunächst einen Blick in die Geschichte. Wie eng Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft beieinander liegen, wird an einem besonderen Jahrestag deutlich:

Am 8. Mai jährt sich das Ende des Zweiten Weltkrieges in Deutschland zum 75. Mal. Ein Jahrestag, der uns immer wieder daran erinnern sollte, für Frieden, Freiheit und Demokratie einzutreten. Denn der 8. Mai 1945 war der „Tag der Befreiung“ und gleichzeitig eine bedeutende Wegmarke für ein neues und demokratisches Deutschland.  

Nachdem Frankreich, Groß-Britannien und die USA für ihre Besatzungszonen die Bildung eines neuen Staates vorsahen, beriet von September 1948 bis Mai 1949 in Bonn der Parlamentarische Rat das Grundgesetz. Am 8. Mai 1949, auf den Tag genau vier Jahre nach Kriegsende, wurde der Entwurf des Grundgesetzes von mehr als zwei Dritteln der Mitglieder des Parlamentarischen Rates angenommen. Bei der Ausarbeitung der neuen Verfassung spielte die historische Erfahrung der ersten deutschen Demokratie – der Weimarer Republik – eine besondere Rolle. So beinhaltet das Grundgesetz mit Art. 79 Absatz 3 eine „Ewigkeitsklausel“, die Veränderungen der grundlegenden Werte und Prinzipien der freiheitlich-demokratischen Grundordnung ausschließt. Dieses Grundgesetz wurde am 23. Mai 1949 verkündet und begründet bis heute den Charakter der Bundesrepublik Deutschland als demokratischer, freiheitlicher und föderal organisierter Rechtsstaat. Die 65 Mitglieder des Parlamentarischen Rates werden auch als „Väter und Mütter des Grundgesetzes“ bezeichnet. „Mütter“ deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren, da neben 61 Männern auch vier Frauen an der Gestaltung des Grundgesetzes mitwirkten und wesentlich zu der verfassungsrechtlichen Gleichstellung von Frauen und Männern beigetragen haben: Elisabeth Selbert, Friederike Nadig, Helene Wessel und Helene Weber. Von Beginn an erhoben diese Frauen den Anspruch, an dem demokratischen Wieder-Aufbauprozess adäquat beteiligt zu werden, um so bedeutende frauenpolitische Weichen zu stellen. Gleichberechtigung sahen sie als ein selbstverständliches Menschenrecht an und forderten deshalb in aller Deutlichkeit Frauenrechte ein, ohne die in ihren Augen eine Demokratie nicht möglich war. Zusammen mit den Frauenverbänden erreichte die Kasseler Juristin Elisabeth Selbert trotz massiver Widerstände die Verankerung des Gleichheitsgrundsatzes im Grundgesetz. Seitdem heißt es im Artikel 3, Absatz 2: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“. Gleichberechtigung hat damit Verfassungsrang. Doch in der Realität blieb dieses Ziel in den Jahren nach 1949 erst einmal ein hehrer Wunsch. Wenn man(n) der Frau hin und wieder beim Abwasch half, war das in den 50er-Jahren für viele Männer „Gleichberechtigung“ genug. Ein langwieriger Reformprozess folgte, bis am 1. Juli 1958 das „Gesetz über die Gleichberechtigung von Mann und Frau auf dem Gebiet des bürgerlichen Rechts“ in Kraft trat. Eine wichtige Wegmarke – doch es waren in den nachfolgenden Jahrzehnten weitere rechtliche Reformen nötig, um eine formale Gleichberechtigung von Mann und Frau zu erreichen. So durften Frauen bis 1962 ohne die Zustimmung ihres Ehemannes kein eigenes Bankkonto eröffnen. Und verheiratete Frauen wurden erst nach 1969 als geschäftsfähig angesehen. Und erst 1994 wurde dann der Artikel 3, Absatz 2 des Grundgesetzes um folgenden Satz ergänzt:  „Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“ Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn wir uns die langjährigen einzelnen Etappen im Kampf um Gleichberechtigung betrachten, wird uns erst bewusst, wie vorausschauend 1990 die Einrichtung des Gleichstellungsbüros der Stadt Viernheim auf Initiative des damaligen Bürgermeisters Norbert Hofmann war. Wir dürfen nicht vergessen, dass das Frauenbüro damals noch als eine freiwillige Aufgabe einer Kommune galt. Es wurde viel erreicht – es gibt aber auch noch viel zu tun. So sieht es auch die neue Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Viernheim, Maria Lauxen-Ulbrich, die diese Aufgabe von ihrer Vorgängerin Rita Walraven-Bernau zum 1. April letzten Jahres übernommen hat. Sie wird Erreichtes sicher weiterentwickeln, Errungenschaften ausbauen und vieles weiter vorantreiben. Dafür gilt den Verantwortlichen unser aller Respekt und Dank für ihren Mut und Einsatz. Ich gratuliere dem Gleichstellungsbüro zum 30jährigen Jubiläum und wünsche allen Beteiligten weiterhin viel Kraft, Ausdauer und Erfolg für die nächsten Herausforderungen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, ich bin überzeugt, dass es sich lohnt, für Freiheit und Demokratie einzutreten, denn gesellschaftliche Errungenschaften und gemeinsame Werte sind keine Selbstverständlichkeit. Wie sagte es Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in seiner Weihnachtsansprache vor einigen Wochen so treffend: „Wir alle sind Bürgerinnen und Bürger dieses Landes und somit Teil dieser Demokratie. Wir halten alle ein Stück Deutschland in unserer Hand. Was die Demokratie braucht, sind selbstbewusste Bürgerinnen und Bürger – mit Zuversicht und Tatkraft, mit Vernunft, Anstand und Solidarität.“ Das Grundgesetz ist ein Versprechen auf eine gute Zukunft, das niemand einlösen kann, außer wir selbst. Nutzen wir diese Chance!, so die Worte Norbert Schübeler. Im Anschluss bedankte er sich recht herzlich bei den Mitarbeitenden der Stadtverwaltung für die Organisation des  Neujahrsempfangs, weiteren beteiligten Gruppen, die das Programm des Abends begleiteten, er wünschte allen Bürgerinnen und Bürger von Viernheim ein gesegnetes, zufriedenes und vor allem gesundes Jahr 2020.

Christine Lambrecht begrüßte alles anwesenden Gäste und wünschte ein gutes und gesundes Neues Jahr, sie gratulierte dem Gleichstellungsbüro zum 30 jährigen Jubiläum. Die Ausstellung „Mütter des Grundgesetzes – viel erreicht, viel zu tun“ und „30 Jahre Gleichstellungsbüro in Viernheim“ dies war das Thema in der  Rede von Bundesjustizministerin Christine Lambrecht. 

Die Ausstellung „Mütter des Grundgesetzes“ bildet den Auftakt zum Jubiläumsjahr „30 Jahre Gleichstellung in Viernheim“ und wird im Anschluss an den Neujahrsempfang als Wanderausstellung an verschiedenen Orten in Viernheim zu besichtigen sein. „60 Jahre nach Gründung der Bundesrepublik präsentierte das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in einer Ausstellung die vier „Mütter des Grundgesetzes“. Gezeigt werden Lebensbilder der Politikerinnen Frieda Nadig, Elisabeth Selbert, Helene Weber und Helene Wessel. Sie haben als Mitglieder des Parlamentarischen Rates wesentlich zum Entstehen des Grundgesetzes und zu der verfassungsrechtlichen Gleichstellung von Frauen und Männern beigetragen.
„Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ – so lautet Artikel 3, Absatz 2 des Grundgesetzes (GG). Formuliert wurde damit im Jahr 1949 ein Programm, nicht eine Aussage über die Realität.“ (Zitiert aus BMFSFJ, Mütter des Grundgesetzes).

Die Eine-Welt-Gruppen hatten letztes Jahr einige Jubiläen: Eine-Welt-Kreis 25 Jahre, Focus 25 Jahre und Yaa Soma 5 Jahre. Diesbezüglich ist die Idee entstanden, einen Imagefilm über die Viernheimer Eine-Welt-Aktivitäten zu drehen.

Das Film-Team „Framed Chaos“(entstanden aus der Jugendarbeit um Lars Prechtl und Tobias Mandel) hat in diesem Jahr verschiedene Veranstaltungen der Eine-Welt-Gruppen gefilmt (Hoffest Yaa Soma, Trommelsession im Bürgerhaus, Afrikanisches Buffet in der TSV-Halle, Ernte-Dank-Gottesdienst Kita St. Michael, Fairer Stadtrundgang mit den städtischen Azubis, etc.).

Das Demenznetz ist ein Zusammenschluss verschiedener Mitarbeiter aus den Bereichen Medizin, Psychologie, Sozialarbeit und Pflege, die an der Versorgung demenziell erkrankter Menschen und der Unterstützung ihrer Angehörigen beteiligt sind. Ein Drittel der Netzwerker ist ehrenamtlich tätig. Im Demenznetz werden alle krankheitsrelevanten Angebote der Stadt zusammengeführt und im Sinne einer umfassenden Information und Versorgung miteinander verknüpft.

Demenziell erkrankte Menschen wie auch ihre Angehörigen und Bezugspersonen sollen Zugang zu den Informations- und Versorgungsangeboten erhalten. Gemeinsam arbeitet das Demenznetz für eine Verbesserung der Lebensqualität demenziell erkrankter Menschen. Das bedeutet auch, dass sie am öffentlichen Leben weiter teilnehmen und dabei Aufmerksamkeit und Respekt erfahren.

Auf das vergangene Jahr 2019 in Ton und Bild blickte Bürgermeister Matthias Baaß zurück, ebenso wurde ein Film der Viernheimer Eine Welt Gruppen „Viernheim fairbindet“ gezeigt.

Das Programm beim Neujahrsempfang begleiten das Demenznetz Viernheim, die Eine Welt Gruppen und das Gleichstellungsbüro der Stadt Viernheim.

In Anschluss an das Programm gab es einen Empfang mit Getränken und einem Imbiss, für die Besucher gab es die Gelegenheit miteinander ins Gespräch zu kommen und neue Kontakte zu knüpfen.