Foto: Stadt Lorsch

Lorsch (Stadt Lorsch) – „Ist der Mai recht kühl und nass, füllt‘s dem Bauern Scheun‘ und Fass“. So lautet zwar eine alte Bauernregel, für das Lorscher Tabakprojekt jedoch bringen die unwirtlichen Wetterverhältnisse vor allem eines mit sich: Verzögerungen. Schon bei der Anzucht im Frühbeet kamen die Pflänzchen nur langsam voran. „Allerdings ist der Samen in diesem Jahr sehr gut aufgegangen“, ist Projektleiter Bernhard Stroick trotzdem zufrieden.

Das Quellen der winzigen Körnchen – Voraussetzung für eine erfolgreiche Aussaat in die vorbereitete Erde – liegt mittlerweile in Frauenhände. Annemarie Remeza übernahm den diffizilen Job, der vor allem zwei Dinge erfordert: Fingerspitzengefühl und Erfahrung. Die Tabakbegeisterte, die seit vielen Jahren wie alle ehrenamtlich beim Lorscher Tabakprojekt mitarbeitet, hat denn auch weiteren Rat von Tabak-Kundigen eingeholt. Sie lacht: „Wenn das nicht gelungen wäre, hätte ich sofort aufgehört!“

Das ist Gottseidank nicht nötig. Im Gegenteil: Nach der witterungsbedingten Verzögerung werden die Frauen und Männer am Samstag, den 29. Mai, die vorgezogenen Setzlinge auf dem vorbereiteten Acker ausbringen. Wie immer klingt es unglaublich: 1 Gramm Tabaksamen genügt, um das knapp 1000m² große Feld zu bestücken. Und wie stets langt es auch noch dafür, dass sich die Bevölkerung dann am Tabakschuppen im Klosterfeld Tabakpflänzchen abholen kann: Zwischen 9.30 und 13 Uhr werden dann dort getopfte Pflanzen für 1,50 € abgegeben.

 „Die Pflanzen sind enorm wüchsig und attraktiv. Nicht nur ihrer lichtgrünen großen Blätter wegen, sondern natürlich auch wegen der rosafarbenen Blütenstände, die die Tabakpflanze krönen“, wissen die Tabakpflanzer*innen. Und sind auch in diesem Punkt stolz auf die Kultur, die sie schon seit vielen Jahren in ihrer Freizeit pflegen, um diese und das damit verbundene vielfach Wissen und Können lebendig zu halten.

 

Info-Kasten
Seit 2013 gibt es wieder ein Tabakfeld in Lorsch. Es wird seither von der ehrenamtlichen Initiative „Lorscher Tabakprojekt“ gepflegt. Die Gruppe bewahrt damit das Wissen und Können rund um die Tabakkultur, die ohne praktisches Tun nicht erhalten werden könnte. Vom Samenquellen bis zur Fermentierung werden alle Arbeitsschritte händisch ausgeführt. Die Gruppe ist für neue Mitglieder jederzeit offen und besteht aus etwa 25 Personen verschiedenen Alters. Vorkenntnisse sind nicht erforderlich. Das Tabakfeld und der Tabakschuppen liegen am östlichen Stadtrand von Lorsch an der Kulturachse (Anfahrtadresse: Odenwaldallee).
Der Anbau und die Verarbeitung von Tabak war der wichtigste Wirtschaftszweig in Lorsch und in der Metropolregion Rhein-Neckar und hat nach dem 30jährigen Krieg zunächst vielerorts zum Überleben und danach jahrhundertelang entscheidend zum wachsenden Wohlstand beigetragen.
Weitere Informationen unter www.lorsch.de oder KULTour@lorsch.de