Warum ist eigentlich der Strom in Weinheim so viel billiger als in Viernheim?

Warum ist eigentlich in Viernheim der Strom so teuer? Ja klar, Krieg in der Ukraine, hohe Energiepreise insgesamt, Herr Putin liefert kein Gas mehr. Das war auch die Begründung der Stadtwerke, als sie im April die Strompreisanpassung an einen Teil ihrer Kunden schickte. 44,83 Cent pro Kilowattstunde sollte ich nun in Zukunft bezahlen, nach Wegfall der EEG-Umlage immer noch rund 40 Cent. Freundlicherweise haben die Stadtwerke auch gleich die Tarifrechner im Internet bemüht und festgestellt, dass andere Versorger, die Strom nach Viernheim liefern, noch teurer sind.

 

Doch wie sieht das woanders aus? Im Versorgungsgebiet der Pfalzwerke habe ich Mitte Juli (und für ein Haus in der Pfalz!) den Tarif „öko comfort“ abgeschlossen. Preis: 26,26 Cent pro Kilowattstunde, gültig für mindestens ein Jahr. Der Jahresgrundpreis ist genauso hoch wie in Viernheim. Oder die Stadtwerke Weinheim: Woinemer Strom kostet 26,31 Cent pro Kilowattstunde, die Jahresgebühr ist sogar etwas niedriger als in Viernheim.

 

Jetzt nutzt uns das in Viernheim freilich gar nichts, denn diese Tarife gelten nur für die jeweiligen Versorgungsgebiete der beiden Versorger. Hinzu kommt, dass wir nicht wissen, wie lange diese Tarife angeboten werden können. Doch die große und spannende Frage ist: Wie machen die das? Was machen die besser als die Stadtwerke Viernheim? Was kann Viernheim von den Pfalzwerken und den Weinheimer Stadtwerken lernen? Offensichtlich geht es woanders und ganz in der Nähe besser – trotz Krieg in Europa.

 

Der Strommarkt ist ein komplexes und kompliziertes Ding und daher ist eine Antwort auf die Fragen nicht leicht. Liegt es daran, dass die Pfalzwerke und die Weinheimer bessere und vielleicht länger laufende Lieferverträge abgeschlossen haben? Dass sie bei günstigeren Lieferanten einkaufen? Oder produzieren sie mehr eigenen Strom, den sie dann eben nicht teuer zu hohen kurzfristigen Marktpreisen zukaufen müssen? Das alles wäre dem Management und der Politik als Aufsicht der Stadtwerke anzulasten.

 

Die Stadtwerke geben nur wenige Informationen preis und liefern bisher auch nur Allgemeinplätze als Erklärung. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass man durch eine andere Unternehmenspolitik diese massiven Erhöhungen nicht gebraucht hätte. Freilich hätte man damit schon weit vor Krieg und Energiekrise damit beginnen müssen. Jetzt müssen wir vorerst mit den Preisen leben. Aber wird man wohl daraus seine Lehren ziehen?

 

Jetzt mag der eine oder die andere einwenden, dass andere Versorger ja auch so hohe Preise haben. Nein, es tröstet mich nicht, dass ein Großteil der Versorger der anderen umliegenden Städte genauso schlecht ist wie „unsere“ Stadtwerke. Ich wünsche mir, dass wir hier in Viernheim voran gehen und eine bessere Politik für die Bürgerinnen und Bürger machen. Ich vermute, eine Lösung liegt darin, mehr Strom lokal, regenerativ und selbst zu produzieren. In diesem Bereich ist Viernheim ganz schlecht!

 

Ich wünsche mir, dass kluge Leute die Situation analysieren und eine Strategie für die Zukunft erarbeiten. Mehr Unabhängigkeit von den Märkten, ein günstiges Energieangebot für die Bürgerinnen und Bürger und vor allem ein zukunftssicheres Konzept für die Energieversorgung der gesamten Stadt muss einfach das Ziel sein. Und das dann transparent und mit Zahlen und Fakten unterlegt kommunizieren, damit wir als Bürgerinnen und Bürger das nachvollziehen und wieder Vertrauen in die Akteure bekommen können. Alles andere wird uns nicht gerecht!

 

Und was macht die Stadt? In den Tagen ging durch die Presse, dass die Stadt mit ihren 5 (!) Mitarbeitern des Brundtlandbüros der Bevölkerung beim Sparen helfen will. Bunte Bilder und Luftballons sind ja nett, aber wie wäre es endlich mit politischen Lösungen? Einfach ein fundamentales gesellschaftliches Problem auf die Leute abzuwälzen und sich als Politik aus der eigenen Verantwortung zu entlassen ist unseriöse und verantwortungslose Politik! Dass eine verantwortliche Unternehmenspolitik niedrigere Energiepreise erzeugen kann, zeigen die genannten Beispiele. Ansonsten muss die Politik die politischen Rahmenbedingungen schaffen, damit sich die gewünschten Entwicklungen einstellen. Und das liegt lokal in den Händen der kommunalen Politik und insbesondere in den Händen des/der Verantwortlichen!

 

Wolfram Theymann

Quellen auf https://lust-auf-viernheim.de