Luca-App, Systemtheorie und Naivität

 

App, QR-Code, auschecken, App-Stores, loggen, wieder einchecken, datenkonforme Registrierung, Kontaktadressen, www, Flyer, Check-in usw. usf.

 

Digitales Neusprech überall. Ich (68) werde mich damit nicht abgeben. Ich werde diese App natürlich auch nicht herunterladen, schon allein deshalb nicht, weil ich kein Smartphone besitze. Und für diesen Unsinn werde ich mir auch keines anschaffen! Nicht aus Gedankenträgheit will ich mich mit diesem Softwareunsinn nicht beschäftigen. Nein, denn Gedanken und Denken sind für die Aneignung dieses Neusprechs und insbesondere für die Inhalte dieser neuen Begriffe beileibe nicht nötig!

 

Nein, es geht um Grundsätzliches, das aus einem sehr bezeichnenden Satz in dem Beitrag „Gemeinsam gegen Corona: Stadtverwaltung setzt auf Luca-App …“ hervorspitzt: „Werden Nutzer positiv auf das Coronavirus getestet, ermittelt die Anwendung automatisch Zeitraum und Orte, an denen der Betreffende mit anderen Personen Kontakt hatte – vorausgesetzt, diese Personen nutzen ebenfalls die Luca-App.“

 

In diesem Satz steckt alles drin: Das ganze System bringt (wem eigentlich in Wirklichkeit?) überhaupt nur etwas, wenn alle mitmachen! Das haben technische Systeme so an sich. Bei obiger Feststellung wird es also nicht bleiben.

Da eben das System funktionieren will und soll, da die Stadtverwaltung es verwenden, sinnvoll verwenden will, da die Softwareunternehmen es verkaufen wollen, werden diejenigen, die sich nicht einer „datenkonformen Registrierung“ flächendeckend aussetzen wollen, zwangsläufig irgendwann gezwungen werden, mitzumachen, sich also, wenn sie etwa kein Smartphone haben, eines kaufen müssen.

Das erinnert lebhaft an das, was zurzeit bei der Neudefinition des Begriffs „Impfpflicht“ geschieht: Wir haben eine Impfpflicht, die natürlich nicht Impfpflicht heißt, aber dennoch – unter Aufhebung des Satzes vom Widerspruch – doch zugleich eine Impfpflicht ist. Einfach weil der Bürger gar nicht mehr anders kann, als die nicht verpflichtende Pflicht als Pflicht zu verstehen, denn jeder, auch der Genügsamste, braucht ab und zu z.B. eine neue Unterhose oder ein paar neue Socken, muss also einen Nichtgemüseladen heimsuchen. (Noch darf man ja immerhin ohne Test und Impfung sein Gemüse einkaufen.)

Ebenso wird es auf Dauer in Sachen Wahlfreiheit bezüglich der App aussehen. Natürlich wird mir auf Dauer der Zugang zur Verwaltung verwehrt werden. Denn, wie gesagt, bei dieser Durchdigitalisierung der Welt werde ich nicht mitmachen.

Mal sehen, wie lange mir das gelingt!

 

Ach ja, noch ein Wort zum Begriff „datenkonforme Registrierung“: Sonderbar, ich hätte „menschenkonforme Registrierung“ erwartet, denn die Registrierung sollte sich eigentlich am Wohl des Bürgers orientieren. Aber das Wohl der Menschen als Maßstab für die Einführung einer Technologie hätte wahrscheinlich sofort offengelegt, dass eine durchdigitalisierte Registrierung eben gerade nicht dem Wohl des Bürgers dient (s. Datenschutz, Überwachungsmöglichkeiten, Totalisierungstrend …).

Was soll also mit der „datenkonformen“ Registrierung verdeckt werden? Der Beitrag sagt es frank und frei an seinem Ende:

Die Idee der App „wurde mit Hilfe der Berliner Firmen neXenio und culture4life umgesetzt“.

Es ist der alte Hut: „Cui bono?“, „Wem nützt es?“, „Wer verdient daran?“ Diese wunderbaren Fragen entlarven heutzutage (wahrscheinlich war es aber schon immer so) nahezu jede Aktion der Politik, ob tief unten in der Provinz oder ganz oben in den Hauptstädten.

Auch dazu bin ich nicht willens beizutragen: dass die Geldsäcke immer praller werden!

 

Bernd Lukoschik