Bill Gates, die politische Leitfigur!

Erst neulich um Ostern nahm ganz selbstverständlich der „oberste Weltgesundheitsexperte“ Bill Gates 9 Minuten Sendezeit der von uns finanzierten Tagesthemen in Anspruch. Der Interviewer kam seiner Arbeit als Interviewer nicht nach – denn es gingen nicht Argumente wie bei einem anständigen Dialog hin und her –, sondern er lauschte devot Gates’ Ausführungen. Auf jeden Fall wurde deutlich: Hier spricht der, dessen Vorstellungen vermutlich den Regierenden als Handlungsfolie zugrunde liegen. Aber das war, wie gesagt, zunächst nur eine starke Vermutung.

Ein hohes Maß an Gewissheit stellt sich nun ein. Denn in einem Beitrag auf Spiegel online (26.4.2020, 20:29 Uhr) lobt Bill Gates in höchsten Tönen unsere Bundeskanzlerin als „eine Führungsfigur und eine klare Stimme“, während er zugleich Trumps Politik heftig kritisiert. Zweierlei lässt einen erstaunen:

Ein Privatmann als Fachmann?

Sowohl die Tagesthemen als auch Spiegel online lassen einen Privatmann über Politik und seine Vorstellungen darüber, wie Gesundheit für die 7 Milliarden Menschen auf dem Erdball zu organisieren sei, einfach so zu Wort kommen: zur besten Sendezeit, in den Leitmedien. In den Tagesthemen nahm der Interviewer, der gewissermaßen für uns, die Bürger, stand, glückselig lächelnd diese Privatmeinungen als tiefe Erkenntnisse dankbar entgegen und nahm sehr wahrscheinlich ganz selbstverständlich an, dass die Regierung sie doch bitte in ihre Entscheidungen an entscheidender Stelle einzubauen habe. Was gibt einem milliardenschweren Privatmann das Recht, seine Meinung auf diese pompöse Weise der Öffentlichkeit zu präsentieren?

Die Antwort ist natürlich klar: seine Milliarden. Denn immer offensichtlicher, immer dreister offensichtlich wird das, was ja immer schon, systemunabhängig, die Welt regierte: das Geld, getreu dem Descartes’schen Motto: „Ich bin Kapital, also bin ich, und das natürlich mehr als die Unbetuchten.“

Bill Gates, Politiker ohne Mandat

Bill Gates lobt also Frau Merkel. Das ist schön für sie, aber nicht unbedingt schön für uns Bürger. Denn das Lob hat ja wohl den Hintergrund, dass die Politik der Bundeskanzlerin ganz nach dem Geschmack des Geschäftsmanns ist. Und dieser Geschmack kann uns einfach nicht gefallen. So sagte Gates in den Tagesthemen: „Zu der Normalität nach der Krise werden wir erst dann zurückkehren können, wenn wir ein Wundermittel gefunden haben, das in 95 % der Fälle hilft, oder wenn wir einen Impfstoff entwickelt haben.“

Gates hofft dabei auf einen Impfstoff in etwa 18 Monaten, eine Verkürzung der üblichen Entwicklungszeit von 5 Jahren. Es wurde in einem früheren Leserbrief bereits geschildert, was das für Folgen haben wird.

Erste Folge: Nebenwirkungen des Impfens müssten in Kauf genommen werden, und die Entwicklung des Impfstoffs müsste auf einer „geringen Datengrundlage“ aufbauend erfolgen. Was bedeutet, wir müssten üble „Nebenwirkungen“ der Impfungen in Kauf nehmen. Das können wir einfach nicht wollen!

Zweite Folge: Die aktuelle Krise müsste gestreckt werden auf mindestens 18 Monate. 18 Monate Grundrechtseinschränkungen und Ausnahmezustand, Versammlungsverbote, Beibehalten einer abgedrosselten Wirtschaft, Zerstörung mittelständischer und Kleinunternehmen mit damit einhergehender Monopolisierung der Gesamtwirtschaft, Dauerarbeitslosigkeit, Zunahme von Depressionen und Suiziden.

Wenn nun Gates Frau Merkel lobt, dann kann das nur heißen, dass die Bundeskanzlerin genau im Fahrwasser seiner Vorstellungen fährt. Und viele ihrer Handlungen weisen ja tatsächlich darauf hin:

– ihr Unmut angesichts der „Öffnungsdiskussionsorgie“: Diskussionen kratzen ja an der „Führungsfigur“, was Gates sicherlich auch nicht mag;

– ihre Überzeugung, dass die Krise noch längst nicht ihren Höhepunkt überschritten habe – was bei einer Gates’schen Laufzeit von 18 Monaten ja auch nicht sein darf und kann;

– ihre Vorannahme, dass das Virus schlechthin gefährlicher sei als alle anderen Viren bislang – das, ohne wirkliche Beweise dafür vorweisen zu können. Die Kanzlerin geht ganz selbstverständlich von der Gefährlichkeitseinschätzung und den Szenarien aus, die ihr von Dr. Drosten und Dr. Wieler präsentiert werden, ohne andere Interpretationen anderer Wissenschaftler überhaupt nur in Erwägung zu ziehen.

Und ganz grundsätzliches Gemeinsames zwischen der Kanzlerin und dem Geschäftsmann: Beide sind ausgesprochene Technokraten. Beide sehen die Virusepidemie als nichts anderes als eine Bedrohung der körperlichen Gesundheit. Beide sehen ausschließlich das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit. Dass es aber um Menschen geht, die nicht nur körperlich, sondern auch sozial und seelisch gesund sein wollen, scheint für beide nur ein Randphänomen zu sein, wenn überhaupt. Sie klammern daher völlig aus, dass die anderen Grundrechte, die auf die Sozialität und die Psyche des Menschen zielen, ebenfalls mit in die politischen Abwägungen einbezogen werden müssen. Es ist einfach nicht damit getan: Alle voneinander isolieren, und alles wird wieder gesund. Es müsste mit in die politischen Erwägungen einbezogen werden, dass die technokratisch verfügten Maßnahmen sehr wahrscheinlich mehr Schaden an Leib und Seele hervorbringen, als letztlich mit ihnen verhindert werden sollte.

 

Bernd Lukoschik