Unsere Wissenschaft: Kontrolle und Bezwingen der Natur

Corona, Streeck damals

Als neulich der Bonner Virologe Streeck bei Markus Lanz auftrat, wirkte er wie ein klarer Stern am trüben Virologenhimmel. Deutlich und gut nachvollziehbar machte er den verängstigten Zuschauern plausibel – was Dr. Wolfgang Wodarg  zu Beginn der Epidemie ja längst gesagt hatte und Professor Bhakdi geduldig immer wieder betont –, dass das Coronavirus wohl die Gefährlichkeit eines durchschnittlichen Grippevirus habe, dass es mit der Ansteckungsgefahr auch nicht so weit her sei wie befürchtet und ähnliche angenehme Botschaften. Was durchklang: Geht doch die Coronakrise nicht hektischer an als andere Grippeepidemien auch!

Natürlich waren über diese streecksche Einschätzung weder die Medien noch die Beraterinstitute der Regierung glücklich!

Corona, Streeck jetzt

Der Virologe Streeck fordert jetzt sowohl national wie international „Eingreiftruppen“ gegen Covid-19, etwa ein Emergency Response Team der WHO, eine „Einheit, die weltweit Infektionen eindämmen kann“. Was ist mit dem Streeck los?

Sicher, die Sache mit den Fleischfabriken! Ein kräftiger „Hotspot“ (auf die interessanten Wörter komme ich noch zu sprechen) wurde aufgetan! Aber sogar einem Laien wie mir ist doch klar, dass das erst einmal gar nichts heißt. Wie schon seit Längerem bekannt: Hätte man nicht getestet, wären diese „Infektionen“ wohl gar nicht bekannt geworden (bislang etwa 9.500 Infektionstote, Corona plus Influenza, 2020 gegenüber 25.000 Influenzatoten 2017/18). Dann wären die aus diesen Infektionen hervorgegangenen Kranken und vielleicht auch wenigen Toten in die ganz normalen Krankmeldungskurve bzw. „Übersterblichkeit“ ein- und in ihr untergegangen. Von Kranken oder gar Coronaverstorbenen hörte man bislang jedenfalls nichts! Infiziert zu sein heißt noch lange nicht, krank zu sein. Krank zu sein heißt noch lange nicht, schwer krank zu sein. Schwer krank zu sein heißt noch lange nicht, sterben zu müssen, usw.

Was ist also los mit Herrn Streeck? Haben ihn die Leitmedien und seine Kollegen derart in die Mangel genommen, dass er sich nun dieser militärischen Terminologie bedient und Eingreiftruppen und wüst klingende Emergency Teams fordert, und zwar unter der Führung genau der Institute, die nicht gerade durch Zuverlässigkeit und Vertrauenswürdigkeit glänzten (siehe Schweinegrippe 2009): der WHO, dem RKI und der Charité?

Ich kann es mir einfach nicht vorstellen. Ich empfand Herrn Streeck bei dem Interview wie einen Fels in der Mainstreambrandung der Panikmache.

Die Wissenschaft und ihre Natur

Ich könnte mir vorstellen, dass Herrn Streecks Kehrtwende etwas mit seinem Beruf als Naturwissenschaftler zu tun hat.

Die Wissenschaft will ja nicht nur erkennen, also Zusammenhänge ermitteln, Ursache-Wirkung-Verknüpfungen feststellen, wie Galilei sagte: „Messen, was messbar ist.“ Sie will vor allem die Natur kontrollieren. Also, wie Galilei fortfuhr: „Messbar machen, was nicht messbar ist.“

Am besten lässt sich kontrollieren, wenn die Natur so präpariert ist, also vor- und zubereitet wurde, dass man sie gut mit den eigenen Methoden einfangen und einordnen kann.

Das haben die Virologen mit ihren Viren versucht. Das Virus ist an sich ja nicht messbar: Es ist nicht sichtbar, man muss über seine – wirklich nur seine? – Bestandteile auf seine Struktur schließen, es mutiert andauernd, alles ist unklar, diffus, verschwommen. Das Virus ist eigentlich ein Musterbeispiel dafür, wie Friedrich Nietzsche die Natur einschätzte: dionysisch, schlechthin ungeordnet und daher auch nicht mit Zahl und Mathematik erkennbar.

Aber was soll schon Nietzsche? Was weiß ein Philosoph schon?, sagt sich der Wissenschaftler. Ist die Natur nicht messbar, muss sie messbar gemacht werden: Man konstruiert Begriffe wie „Coronatote“, „R-Zahl“, „Neuinfizierte“ – und schon meint die Wissenschaft, sie habe den Naturgegenstand eingefangen, für die Messung präpariert!

Die Sache mit dem Fleisch

Bis zur Fleischsache war also Herr Streeck anscheinend noch optimistisch, dass die Viruswissenschaft funktioniert, dass die Natur des Virus in den Griff zu bekommen sei.

Wenn ein Wissenschaftler ahnt, dass Nietzsche recht haben könnte, dann kann er dennoch nicht klein beigeben und seine Arbeit infrage stellen. Er könnte dann ja zum Beispiel sagen: Überlassen wir doch die Einschätzung der Gefährlichkeit denjenigen, die an der Sache dran sind, gewissermaßen den Phänomenologen unter den Ärzten, den praktischen Ärzten, den Klinikern, wie etwa einem Herrn Dr. Köhnlein, einem Dr. Ernst Zimmer und vielen anderen an der Patientenfront.

Die militärischen Aspekte der Wissenschaft

Nein, ein Wissenschaftler gibt nicht klein bei. Er greift zu den schwereren Geschützen: Nun werden national und international „Einheiten“, „Eingreiftruppen“, gefordert, „um einzudämmen“. Die Wortwahl bringt es an den Tag. Militärisches Vorgehen als Fortsetzung der Wissenschaft mit anderen Mitteln? Die Begrifflichkeit legt es zumindest nahe.

Typisch für den Wissenschaftler: Ausgebildet nur in einem winzig kleinen Bereich der Natur, maßt er sich an, riesige Projekte zu fordern. Und gefährliche. Über deren Gefährlichkeit für Politik und Gesellschaft er sich nicht die geringsten Gedanken macht. Weil er sich aufgrund seines Spezialistentums auch keine machen kann! Das ist der wunderbare Vorteil der Ahnungslosigkeit des hochspezialisierten Experten!

Die Arroganz und Beschränktheit der Wissenschaft

Denn was hieße Eingreiftruppe der WHO? Wer von den Lobbys in der WHO greift da ein? Wer kontrolliert den Eingriff? Will der Eingegriffene überhaupt? Wann soll eingegriffen werden? Wer gibt die Kriterien vor?

Ist es überhaupt sinnvoll, der gesamten Welt ein Gesundheits-und-Krankheits-Konzept überzustülpen (natürlich wieder vorgegeben von der westlichen Wertegemeinschaft)? Wie es ja auch absurd ist, zu meinen, man könne die Welt gleich behandeln und allen bei jeder Infektion eine Impfung verpassen, wie der Hobbygesundheitsexperte Bill Gates dies fordert. Man gestaltet nicht, man reagiert nur – technisch, anderes hat man nicht gelernt.

Vielleicht gibt es Kulturen auf der Welt, die mit Infektionen ganz anders umgeht als wir. Vielleicht sind bei ihnen „Infektionen“ gar keine „Angriffe“ von „Mikroben“, sondern nur so eine Art dezente Hinweise der körperlichen Mikroprozesse, dass mit dem menschlichen Organismus, seiner Physis und seiner Psyche, etwas nicht stimmt. Vielleicht sagen dann die dortigen Gesundheitsfachleute: „Die Symptome sind ein Signal, keine Krankheit! Wir leben falsch, wir sollten andere Prioritäten in unseren Werten und unserer Lebensführung setzen. Ein Hoch auf die Krankheitssymptome! Wir werden unseren Lebensstil ändern: besseres Essen, also keine Nahrungsmittelindustrie und Big-Food-Fraß, weniger Auto fahren, also weniger Feinstaub und Abgase, die unsere Lungen und unser Immunsystem schwächen, weniger oder gar kein Fliegen mehr, befriedigendere Arbeitsverhältnisse, denn Stress schwächt ebenfalls das Immunsystem.“ Das könnten die Vorschläge der Experten so mancher anderen Kultur irgendwo in der Welt sein.

Die Wissenschaft – zumindest unsere hier – ist blind. Sie stellt nur grob fest: Da funktioniert der Körper nicht weiter so, wie er immer schon funktioniert hat. Ob er falsch funktioniert hat, darüber macht sie sich keine Gedanken. Sie bietet Impfstoffe und Eingreiftruppen, ihre Art von Heftpflaster, die sie über die Wunde klebt. Grundsätzlich beantwortet sie Lebensfragen nicht! Alles ist für sie technisch lösbar, also durch äußerliche Manipulation!

 

Bernd Lukoschik