Zu einem Unwort unserer Zeit: Verschwörungstheorie

In vielen Kommentaren liest man derzeit als entscheidendes Argument für die Verwerflichkeit der momentanen Demonstrationen gegen die staatlichen Anticoronamaßnahmen, dass sich dort neben einigen unbescholtenen Bürgern und den üblichen Rechts- und Linkspopulisten vor allem die Beelzebuben von heute tummeln: die Verschwörungstheoretiker.

Womit warnend in dasselbe Horn gestoßen wird, wie es alle möglichen Politiker in Regierung und Parteien und in den Redaktionen der Mainstreammedien, insbesondere der Tagesschau, heute tun: Wie kann man den Verschwörungstheoretikern nur das Handwerk legen und das arme Volk, das so sehr der wahren politischen Führung in Wort und Tat bedarf, vor diesen bösen Buben aus den alternativen sozialen Medien schützen?

Dieses Politiker- und Mediengeheule nimmt zurzeit Fahrt auf. Denn es stehen immer mehr Bürger auf, die sich gegen das autoritäre Gehabe eines Söder oder einer Merkel oder eines Spahn wehren und die dem so willkürlich anmutenden Auf und Ab der Reproduktionszahlen einfach nicht mehr trauen. Und immer offensichtlicher wird der Unsinn des Begriffs „Verschwörungstheoretiker“. Denn je häufiger ein Wort gebraucht wird, umso skeptischer reagiert das Volk darauf!

Was meinen diese Demagogen eigentlich – und warum sie Demagogen sind, wird gleich deutlicher werden – mit dem Wort?

Verschwörungstheoretiker Nr. 1

Ist ein Verschwörungstheoretiker einer, der über eine Verschwörung berichtet? Oder sie aufdeckt? Das wäre dann ja nichts Schlimmes. Denn Verschwörungen hat es ja tatsächlich immer schon gegeben. Etwa die Verschwörung der republikanischen Senatoren um Brutus gegen den Diktator Cäsar. Oder die Verschwörung der Clique um George W. Bush, als sie eine ganze Palette von Lügen dem UN-Sicherheitsrat präsentierte, um den Einmarsch in den Irak herbeizulügen.

So kann „Verschwörungstheoretiker“ also nicht gemeint sein. Denn dann ließe der Begriff sich ja nicht zur Diffamierung Andersdenkender verwenden! Ach ja, und um eine ganz legitime Theorie einer Verschwörung würde es sich auch handeln, wenn man die Hypothese aufstellte – und so funktioniert Theoretisieren –, dass das große Geld in Gestalt von Bill Gates’ Stiftung und einiger von ihm gesponserter Institutionen wie WHO, RKI, Charité und Gesundheitsministerium plus eine Vielzahl Medien in der Lösung der Coronaepidemie einen gemeinsamen Weg bestreiten. An so einer Theorie ist nichts Verwerfliches – zumal ihr ein starkes Argument zugrunde liegt: Wes Brot ich ess, des Lied ich sing!

Verschwörungstheoretiker Nr. 2

Oder haben sich da Leute zu einer gemeinsamen Theorie „verschworen“? Das wäre im Prinzip auch nicht schlimm, denn wenn die Theorie stimmig ist und viele Argumente auf ihrer Seite hat – warum sollen sich ihre Anhänger nicht zusammenschließen, um sie gemeinsam zu vertreten? In dem Sinne kann also „Verschwörungstheoretiker“ auch nicht zum Schmuddelwort geworden sein!

Verschwörungstheoretiker Nr. 3

Also weder „Verschwörung von Theoretikern“ noch „Theorie über eine Verschwörung“ bringt das hervor, was das Wort heute zum Kampfbegriff macht.

Nein, hier wird nur mit der Düsternis eines Wortes gespielt. Verschwörung, da stellt sich das Bild von Kapuzenmännern ein, die im Verborgenen der Internetkanäle ihr Unwesen treiben. Also nicht ein Zusammenschluss Gleichgesinnter für eine berechtigte Sache, sondern böse Machenschaften planend.

Und damit sind wir bei den heutigen Verschwörungstheoretikern, Sie müssen einfach deshalb düster sein, weil sie nicht dieselbe Meinung vertreten, die gerade die herrschenden Medien und Politiker fürs Volk als wahr und gut erachten. Was die Verschwörung zum Kapuzentreff macht, ist die Abweichung vom Mainstream, von der Politik und den Medien, nichts als die Abweichung!

Dieses ganze Manöver seitens der Medien und der herrschenden Politik hat das Gute an sich, dass es auf die infrage stehende Theorie eigentlich gar nicht mehr ankommt. Dass es gar nicht darum geht, Argumente dafür oder dagegen vorzubringen. Es reicht, dass der „Faktencheck“ checkt: Die Theorie weicht ab, und sofort ist der sie vertretende Experte ein Kapuzenmann und kommt ab ins Kröpfchen.

Und da die Tagesschau etwa neun Millionen Konsumenten ihr Eigen nennt, kann das Fernsehleitmedium sicher sein, dass am nächsten Tag allen klar ist, wer als Verschwörer gilt und wer als „absoluter Experte“ zu achten ist. Selbst nachforschen muss der Konsument nicht mehr. Sich auch nicht mehr den dunklen Kanälen ausliefern, um sich dort selbst kundig zu machen. Das tat ja bereits die Tagesschauredaktion – nimmt der Konsument zumindest an.

Und wenn mal einer von der Tagesschau als Verschwörer markiert wurde, dann tröpfelt dieses Etikett bis in den allerletzten Winkel unserer Republik hinab und setzt sich in den Gehirnen fest.

Es ist, als hätten sich die Medien und ihre Politik gegen die Bürger verschworen. Zugegeben, auch nur eine Verschwörungstheorie!

 

Bernd Lukoschik