Sehr geehrter Herr Lukoschik,

stellenweise amüsiere ich mich über Ihre Leidenschaft im Schreiben von Leserbriefen. Das beweist, dass Sie trotz Quarantäne und Corana scheinbar nicht verblöden, aber durchaus ein gesteigertes Kommunikationsbedürfnis haben. 

Allerdings finde ich es inzwischen eine Frechheit, dass Sie offensichtlich der Meinung sind, dass wir Viernheimer Bürger Volldeppen und Politik uninteressiert sind und die Maßnahmen der Regierung wie Lemminge befolgen oder wie Sie es ausgedrückt haben „… nur der gehorsame und devote Bürger…“ sind. Was bilden Sie sich eigentlich ein und wer sind Sie, dass Sie unterschwellig über uns urteilen? Meine Frau und ich sind in Viernheim zur Schule gegangen, sind beide im Verein aktiv und kennen viele Viernheimer. Daher wissen wir, dass die Maßnahmen der Regierung sehr wohl diskutiert werden. Letztlich arrangiert man sich damit, weil es scheinbar eine gute Lösung ist. Des Weiteren zeigen die Entwicklungen, dass die Maßnahmen erfolgreich sind. Ich weiß Ihnen fehlen irgendwie die Beweise, aber beschäftigt man sich mit dem Thema ernsthaft, dann kann man einen kausalen Zusammenhang erkennen. Die aktuelle Situation gab es in dieser Form noch nicht, daher ist alles auch ein Experiment. Sie als Wissenschaftler sollten es selbst wissen, am Ende ist man immer schlauer. Im März und April, aber auch weiterhin geht es in erster Linie darum das Gesundheitssystem nicht zu überlasten. 

Aus einem Ihrer Leserbriefe konnte man erfahren, dass Sie um die 60 sind, also zur Risikogruppe gehören. Eigentlich sollten Sie dankbar sein, dass wir mit den Maßnahme versuchen auch Sie persönlich zu schützen. Denn vielleicht gehören Sie bei einer Infektion zu den 0,3% oder 0,2% die es nicht schaffen. Ich kenne auch den Bericht des Hamburger Rechtsmediziners, nach dessen Meinung alle von ihm untersuchten Fälle auch ohne Corona und Covid 19 in diesem Jahr gestorben wären. Blöd nur, wenn man davon betroffen ist.  

Sie werden es sich vermutlich nicht nehmen lassen auf meinen Leserbrief zu antworten. Daher kann ich Ihnen auch gleich eine Frage stellen:

Nehmen wir an, wir haben eine Anzahl X an Beatmungsgeräten, davon sind bereits X-1 besetzt. Jetzt erkranken Sie um die 60 und ich Mitte 40 schwer an Covid-19. Volkswirtschaftlich gesehen wird meine Arbeitskraft voraussichtlich noch einen größeren Nutzen für die Gesellschaft stiften als Ihre. Daher sind Sie doch sicher bereit, dem Arzt mitzuteilen, dass er das letzte Beatmungsgerät an mich anschließen darf und Sie gerne verzichten und damit Ihren Tod in Kauf nehmen? Können Sie die Frage mit einem klaren „Ja“ beantworten?  Denn genau darum geht es. Das Gesundheitssystem stabil zu halten, bis es einen Impfstoff oder eine andere Lösung gibt.

Es mag sein, dass die Statistiken Mängel haben. Schließlich fehlt auch die Dunkelziffer der Infizierten, welche es schon hatten und nicht merkten. Des Weiteren sind ggf. Personen gestorben, welche man nicht auf Covid-19 untersucht hatte. In der Antwort auf meinen ersten Leserbrief hatten Sie geschrieben, dass 47% der Fälle ein falsches Ergebnis liefern, was allerdings auch bedeutet, dass 53% richtig sind. In der Formulierung haben Sie im Übrigen wie die von Ihnen kritisierte Tagesschau, den negativen Ansatz gewählt. Sie hätten auch schreiben können, nur 53% der Fälle liefern ein richtiges Ergebnis. Das hätte dann allerdings nicht zu Ihrer negativen Stimmung gepasst. Damit versuchen Sie den Leser zu manipulieren, kritisieren aber die Tagesschau. 

Kommen wir auf die 53% zurück. Nehmen wir einfach an, dass eben nur 53% der getesteten Fälle richtig sind, dann sind das in absoluten Zahlen immer noch über 70.000 Fälle. Hier sprechen wir nur von den getesteten Fällen. Wobei weder Sie noch ich einen Beweis dafür haben, welche Trefferquote der Test tatsächlich hat. Dem entsprechend müssen wir uns aktuell auf diejenigen verlassen, die etwas mehr Ahnung von der Thematik haben und trotzdem die Aussagen hinterfragen ohne gleich einen Aufruf zum Ungehorsam zu starten. Aber genau das passiert zumindest für meinen Freundes und Bekanntenkreis.

Was die Lockerungsmaßnahmen angeht, so gibt es hier sicherlich Diskussionsbedarf. Versuchen Sie sich mal vorzustellen was passiert, wenn morgen am Samstag das RNZ öffnet? Die Frisöre sind überfüllt, die Geschäfte und Ladenpassage ebenso. Das Einhalten von Sicherheitsabständen ist nahezu unmöglich. In kleineren Geschäften ist es leichter den Überblick zu behalten. Daher mag es sinnvoll sein, stufenweisen vorzugehen. Eine Grenze musste man wählen, das ist genauso wie zu Beginn der Krise als Veranstaltungen mit mehr als 1000 Personen untersagt wurden. Warum 1000 und nicht 500 oder 2000? Ich weiß es nicht, aber letztlich denke ich, dass richtig gehandelt wurde.

Was soll folgender Absatz?

„Zweitens: etwas „erreicht“, ein „Erfolg“. Klar, dass da, wie behauptet, etwas erreicht wurde, ist natürlich fraglos der „Erfolg“ der Regierung.Ist das so klar? Ganz banaler Einwand: Könnte es nicht einfach sein, dass die Epidemie wie jede andere winterliche Infektionswelle in den Jahren zuvor einfach am Abklingen ist? Das will ich nicht behaupten. Ich weiß es nicht. Aber es ist denkbar. Aber die da oben heften es sich ganz selbstverständlich an die Brust, dass das Abklingen von ihrem Handeln verursacht wurde. Wiederum gibt die Kanzlerin keine Beweise. Sie behauptet. Und das Volk wird spuren!“ 

Es mag nicht Ihr Erfolg sein, es ist aber unser aller. Aller derjenigen, die versuchen sich an die Regeln zu halten. Bürger*innen welche neben dem Homeoffice bei geschlossenen Schulen und Kindergärten die Kinder bespaßen. Der Erfolg derjenigen, die sich täglich der potentiellen Gefahr entgegen stellen und im Supermarkt, in den Arztpraxen oder anderen Geschäften mit Publikumsverkehr arbeiten und dabei versuchen, das Risiko einer Weiterverbreitung zu reduzieren damit es zu keiner unkontrollierbaren Kettenreaktion bezüglich der Infizierungen kommt. Sie scheinen Frau Merkel nicht zu mögen, das müssen Sie auch nicht. Allerdings sind die Entscheidungen nicht von Ihr persönlich und allein getroffen worden, sondern im Wesentlichen in Absprache durch die Länderchefs und Experten. Daher scheint es mehrere Personen zu geben, die den aktuellen Kurs vertreten, aber Sie versuchen hier Ihre persönliche Aversion gegen Frau Merkel zu publizieren und ein Fehlverhalten nachzuweisen. Sorry ist für mich ein schlechter Stil.

Bleiben Sie gesund! 

Mit freundlichen Grüßen

M. Resch