Der dienstälteste Pfarrer im Evangelischen Dekanat Bergstraße wird am kommenden Sonntag (6. September 2020) in den Ruhestand verabschiedet. Karl Michael Engelbrecht war 38 Jahre Pfarrer der Evangelischen Gemeinde Auerbach.

Foto: Ev. Dekanat Bergstraße

Heppenheim (Ev. Dekanat Bergstraße) – Ursprünglich war seine Verabschiedung bereits für Pfingsten vorgesehen. Doch die Corona-Pandemie hatte den Planungen einen Strich durch die Rechnung gemacht. Jetzt wird die Starkenburger Pröpstin Karin Held Pfarrer Engelbrecht am 6. September, dem Diakoniesonntag, von seinen Aufgaben entpflichten. Ein Tag, der durchaus passend für sein Dienstverständnis ist. Denn für ihn ist Kirche ohne Diakonie nicht denkbar ebenso wenig wie Diakonie ohne Kirche. „Nächstenliebe und Gerechtigkeit stehen im Zentrum der Bibel. Die erste christliche Gemeinde hat sich von Anfang an auch diakonisch betätigt. Gottesdienst ist Dienst am Nächsten und umgekehrt“, betont Pfarrer Engelbrecht, der in seiner Abschiedspredigt auf den Vers im Matthäus-Evangelium „Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan“ eingehen wird.

Er habe nie etwas anderes sein wollen als Gemeindepfarrer, sagt Pfarrer Engelbrecht von sich. Und zur wichtigsten Aufgabe eines Pfarrers gehört für ihn die Begleitung von Menschen in allen Lebenslagen – „von der Wiege bis zur Bahre“. Die Taufen, Trauungen oder Bestattungen in seiner Dienstzeit habe er nicht gezählt. Er sei aber häufig vorgekommen, dass er Menschen, die er getauft habe, später auch getraut habe. Ein Beispiel für Begleitung in allen Lebenslagen.

Begleitet und vorangetrieben hat er auch den Aufbau der Kindertagesstätten. Während seiner Dienstzeit wurde in Auerbach westlich der B3 die neue evangelische Kita Lerchengrund gegründet und im Ortsteil Hochstätten, das nahezu alle öffentlichen Einrichtungen verloren hatte, das alte Schulgebäude in eine Kita in Trägerschaft der evangelischen Gemeinde umgewandelt. Auch die Diakoniestation Bensheim, für die sich Pfarrer Engelbrecht über Jahrzehnte engagierte, ist nach seiner Überzeugung als diakonisches Angebot wichtig für Alte oder Kranke mit direkter Anbindung an die Kirchengemeinde.

Darüber hinaus war und bleibt Pfarrer Engelbrecht im Evangelischen Bund aktiv. Er verantwortete die Erwachsenenbildung etwa in der Auerbacher Winterakademie. Die Vortragsreihen mit hochkarätigen Referenten setzten sich mit aktuellen theologischen und gesellschaftlichen Fragen auseinander. In Auerbach setzte er zudem mit der von ihm initiierten Reihe „Kunst und Kultur“ Akzente. Er sagt zwar, dass er selbst es nie zum Musiker oder Maler habe bringen wollen – „Das war nicht mein Ding“ – aber Ausstellungen oder Bildbetrachtungen könnten ein Mittel sein, Menschen zu motivieren, über sich und ihren Glauben nachzudenken oder miteinander Gespräch zu kommen.

Theologiestudenten waren in seiner Jugend vom Wehrdienst oder Zivildienst freigestellt. Karl Michael Engelbrecht machte davon keinen Gebrauch, sondern er wurde als Soldat eingezogen und leistete seinen dreimonatigen Grundwehrdienst bei den Panzer-Grenadieren in Wetzlar ab. „Es war dort total langweilig und ich hatte viele Zeit zum Lesen und zum Nachdenken“. Dabei reifte sein Entschluss, Pfarrer zu werden. Er kehrte der Bundeswehr den Rücken und nahm das Theologiestudium in Heidelberg und Mainz auf. Danach absolvierte er sein Vikariat, die praktische Ausbildung zum Pfarrer, in der Südost-Gemeinde Darmstadt und anschließend ein Spezialvikariat in der Erwachsenenbildung im Darmstädter Elisabethenstift. Wer dann 38 Jahre ununterbrochen in Auerbach gewirkt hat, muss die Menschen und den Ort sehr gemocht haben. Sich dort auch im Ruhestand niederzulassen, kam für Pfarrer Engelbrecht aber nicht in Frage. Ihn hat es nach Viernheim gezogen, wo er familiäre Wurzeln hat und zur Schule ging. In der Corona-Zeit schmiedet er noch keine großen Pläne für sein Ruhestandsleben, er freut sich aber auf mehr Zeit zum Lesen und für seine beiden Enkelkinder.

Der Gottesdienst zur Verabschiedung von Pfarrer Engelbrecht, an dem neben Pröpstin Held auch Dekan Arno Kreh mitwirken wird, beginnt am Sonntag, den 6. September um 15 Uhr. Um die aktuellen Abstandsregeln einzuhalten, wird vor der Auerbacher Bergkirche ein Zelt aufgebaut. Dadurch haben insgesamt 80 Besucher die Möglichkeit den Gottesdienst mitzufeiern.