Foto: Stadt Viernheim

Viernheim (Stadt Viernheim) – Seit Frühjahr 2007 wird die kreisweite Brötchentütenaktion durch den Arbeitskreis gegen Häusliche Gewalt im Kreis Bergstraße mit dem Slogan „Gewalt kommt mir nicht in die Tüte“ durchgeführt. Das Viernheimer Gleichstellungsbüro beteiligt sich in diesem Jahr bereits zum neunten Mal an dieser Aktion, die in Viernheim am 24. November gestartet wurde.

Insgesamt gehen in Viernheim 10.000 Aktionstüten über die Ladentheke, natürlich nur, solange der Vorrat reicht. Die Aktion bietet zusätzlich die Möglichkeit, die Menschen gerade in Corona-Zeiten für das Thema zu sensibilisieren und bei Auffälligkeiten in der Nachbarschaft aufmerksam zu werden und nicht stillzuschweigen.

In Viernheim wird die Brötchentütenaktion durch folgende Bäckereien unterstützt: Bäckerei Café am Eck (Kreuzstr. 91), Bäckerei Harald Rettig (Kettelerstr. 6 mit den Filialen in der Lorscher Str. 27 und Neckarstr. 28), Zuhal’s Leckereien (Rathausstr. 61), Grimminger GmbH (Rathausstr. 17 und Filiale Ladenburger Straße 7), Bäckerei Alex Krämer (Theodor-Heuss-Allee 47) sowie Birgits Bäckerladen (Weinheimer Str. 28). Erstmals ist auch die Viernheimer Tafel an der Aktion beteiligt.

„Wir freuen uns, dass wir spontan auch die Viernheimer Tafel zur Teilnahme werben konnten“, so Maria Lauxen-Ulbrich, die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Viernheim. Herbert Kohl ergänzt „Die Tafel Viernheim nimmt sehr gerne an der Aktion „Gewalt kommt mir nicht in die Tüte“ teil. Gerade unter der Tafelkundschaft gibt es viele verschiedene Nationalitäten und Religionen. Respekt und Toleranz sind wichtige Werte, die wir im Sozialzentrum vorleben. Daher passt diese Aktion wunderbar zu unserer Grundhaltung.“

 

 

Mindestens jede 3. Frau, das sind insgesamt 12 Millionen Frauen, hat seit ihrem 15. Lebensjahr körperliche und/oder sexualisierte Gewalt erfahren, ebenso viele erfahren psychische Gewalt in der Beziehung. Fast immer sind Kinder mit betroffen. Die Dunkelziffer ist dabei noch weitaus höher. Frauen mit Behinderungen tragen ein dreifach erhöhtes Risiko Gewalt im sozialen Nahraum zu erleben.

Und wenn vor der eigenen Tür in Deutschland „gekehrt“ wird, dann zeigen die offiziellen Statistiken, ein erschreckendes Bild: Insgesamt hat die Zahl der Gewalttaten durch den Partner zugenommen – von 100.766 in 2013 auf 119.164 weibliche Opfer von häuslicher Gewalt im Jahr 2020. Damit waren über 80 Prozent der Opfer von häuslicher Gewalt Frauen. Bei den Straftaten Bedrohung, Stalking und Nötigung in der Partnerschaft waren die Opfer sogar zu 89 Prozent weiblich. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1121554/umfrage/weibliche-opfer-von-gewalt-in-der-partnerschaft-in-deutschland/.

Aktuellstes Beispiel ist der Sport: Der Profi-Fußballer Jeromé Boateng soll „die Mutter seiner Töchter an einem Abend im Juli 2018 attackiert [haben]. Dass er sie an den Haaren gezogen hat. Dass er sie in den Kopf gebissen hat. Dass er ihr ins Gesicht gespuckt hat. Dass er sie geschlagen hat, als sie schon am Boden lag. […] Das Urteil: 120 Tagessätze à 10.000 Euro, 1,2 Millionen Euro. Wenn es rechtskräftig werden sollte, wäre Boateng vorbestraft. […] In München filmten Boatengs Bodyguards vor dem Gericht eine Zeugin, die danach aussagte, dass sie Angst habe. Das scheint das Selbstverständnis dieses Systems zu sein: Dass man sich nicht mal vor Gericht sicher fühlen soll.“ https://www.faz.net/aktuell/sport/fussball/fussball-profi-jerome-boateng-verurteilt-maximale-angst-18437327.html

Auch die Zahlen aus dem Viernheimer Gleichstellungsbüro zeigen ein erschreckendes Bild: So wurden im Jahr 2021 insgesamt 55 Beratungen wegen häuslicher Gewalt durchgeführt. Davon waren 23 Erst- bzw. einmalige Beratungen, darunter 8 Fälle mit einer sogenannten Krisenintervention. In der Regel bedeutet das, die Frauen kommen direkt von der Polizei oder werden direkt dorthin oder in ein Frauenhaus vermittelt. 

Hintergrundinformation:

1999 wurde der 25. November als offizieller internationaler Gedenktag von den Vereinten Nationen anerkannt. Seitdem nutzen Aktivist*innen weltweit jährlich den 25. November, um die Gesellschaft für das Thema zu sensibilisieren. Bereits 1991 wurde die Kampagne „Orange the World“ der UN Women ausgerufen. Seither machen Akteur*innen jedes Jahr vom 25. November bis zum Tag der Menschenrechte am 10. Dezember (Tag der Menschenrechte) mit verschiedenen Aktionen auf die immer noch allgegenwärtige geschlechtsspezifische Gewalt auf der Welt aufmerksam. In Deutschland initiierte die Menschenrechtsorganisation Terre des Femmes, die sich für gleiche Rechte und Selbstbestimmung von Frauen weltweit einsetzt, am 25. November 2001 erstmals die Flaggen-Aktion „Frei leben von Gewalt“.

 

Bundesweit wurde 2013 das Hilfetelefon 08000 116 016 gegründet. Es ist 7 Tage 24 Stunden und in vielen Sprachen erreichbar. Von Gewalt betroffene Frauen können sich rund um die Uhr an das Hilfetelefon wenden. Seit 2015 lädt das Hilfetelefon dazu ein, sich an der Aktion #schweigenbrechen zu beteiligen. https://www.hilfetelefon.de/index.php?id=393

Im Kreis Bergstraße gibt es seit vielen Jahren im November verschiedene gemeinsame Aktionen: Am erstmals durchgeführten Spendenlauf unter dem Motto „Bergstraße läuft gegen Gewalt“ kann noch bis 10.12.2022 teilgenommen werden. Anmeldung zum Spendenlauf unter https://my.raceresult.com/222601/info. Der Erlös kommt dem Frauenhaus Bergstraße zu Gute. ALLE KÖNNEN MITMACHEN!!! Viernheimer Teilnehmende werden gebeten, ihre Teilnahme am Lauf auch beim Gleichstellungsbüro anzumelden unter gleichstellungsbuero@viernheim.de.