Stadtgärtner und Baumexperte Bernhard von Hirschheydt hat – zunächst unauffällig – ein Arboretum Litterae von A bis Z mitten im Wohngebiet angelegt – Barrierefrei begehbar

Foto: Stadt Weinheim
Foto: Stadt Weinheim

Weinheim (Stadt Weinheim) –  Von A wie Acer griseum bis Z wie Ziziphus jujuba: Von A bis Z und durch die ganze Weltgeschichte der Botanik führt seit kurzem ein Weg inmitten der Weinheimer Weststadt – das Arboretum, das eher unauffällig in einem Wohngebiet liegt, ist noch ein eher verborgenes Kleinod, ein Geheimtipp: Ein kleiner Bruder des berühmten Weinheimer Exotenwaldes oben in der Stadt am Schlosspark. Im kommenden Jahr soll er eingeweiht werden.

Für Baumexperten ist der Spaziergang entlang der exotischen Gehölze aber jetzt schon ein Erlebnis. Auf einer kurzen und barrierefrei begehbaren Strecke sieht der Besucher über 50 beeindruckende Bäume aus aller Herren Länder. Zu jedem kann Bernhard von Hirschheydt, Landschaftsgärtnermeister und Baumexperte der Stadt, eine Geschichte erzählen, und schon jetzt findet er aufmerksame Zuhörer unter den Anwohnern, die sich über die botanische Aufwertung ihres Viertels freuen, wie beispielsweise Thomas Veigel, der im Ebert-Ring aufgewachsen ist und wieder dort wohnt. Der Journalist hat als junger Mann Forstwirtschaft studiert und tauscht sich mit Bernhardt von Hirschheydt gerne fachlich aus.

 

Der kleine Exotenwald im Weinheimer Westen regt Fachleute an, aber auch Menschen, die sich einfach nur an außergewöhnlichen Baumarten erfreuen wollen.

Acer griseum, das steht für den Chinesischen Zimtahorn, der seinen Namen trägt, weil sich seine Rinde wie kleine Zimtblättchen abrollt. Das ist der formale Anfang des Weges; seinem Ideengeber war die Ordnung des Alphabets wichtig – auch weil die Baumauswahl damit eine gewisse Vollständigkeit erhält. Von Hirschheydt buchstabiert nach den botanischen Begriffen. Entstanden ist ein Arboretum Litterae. Aber jeder kann den Rundweg natürlich an jeder Stelle beginnen.

Die Chinesische Dattel, die den Weg abschließt, heißt im Fachjargon Ziziphus jujuba. In Ostasien werden ihre süß-säuerlichen Früchte auf den Märkten angeboten.

Das Alphabet mit seinen 26 Buchstaben ist reichlich abgedeckt, viele Buchstaben haben sogar mehr Bäume bekommen, über 50 Gehölze sind es geworden, seit von Hirschheydt im Jahr 2003 eher unauffällig mit den Pflanzungen begonnen hat. Er wollte erst sicher sein, ob die Standorte passen. Baumexperten denken in Jahren. Mancher Standort musste verbessert werden, Substrat und Pflanzraum verändert. Mehr Sonne oder mehr Schatten? Wer Bäume aus der ganzen Welt auf einem Quadratkilometer pflanzen will, muss ein besonderes Händchen dafür haben.

Wer sich auf die Weltreise begibt, taucht in die wunderbare Welt der Bäume ein – und ihre territorial geprägten Geschichten, die nicht selten den Lauf der Welt beeinflussten. Wie der Maulbeerbaum, der in China und Japan wächst. Ohne ihn hätten die Chinesen vor über 2000 Jahren wohl kaum die Herstellung von Papier erfunden. Oder der Catalpa bignoniodes, der den Spitznamen Beamtenbaum trägt, weil seine Blätter so spät austreiben und früh abfallen  . . .

Einige Baumarten aus dem Exotenwald sind auch im Weinheimer Westen zu sehen, etwa der Katsurabaum, der nach Lebkuchen riecht.

Die Baummeile im Friedrich-Ebert-Ring ist eine Augenweide, aber natürlich auch eine Gabe für die Natur und die Artenvielfalt. Die Ölweide (Eleagnus angustifolia) aus dem Himalaja lockt mit ihren Blüten die Bienen an; der Honig wird so aromatisch, dass er sogar in der Parfümherstellung verwendet wird. Zusatzeffekt: Die Bäume blühen und tragen über die Frühlings- und Sommermonate verteilt, so dass jede Jahreszeit ihren Reiz hat. Mit dem alten Baumbestand, den von Hirschheydts Vorgänger in den 50er- und 60er-Jahren gepflanzt hat, bilden die Exoten eine multikulturelle Baumgemeinschaft.

Bernhardt von Hirschheydt ist mehrmals in der Woche vor Ort. Er und seine Kollegen aus dem städtischen Gärtnerteam – Fachleute wie Jürgen Eck, Peter Schmidt und Holger Harnisch und Thomas Hördt – setzten sich mit persönlichem Engagement für das Experiment ein. Der ein oder andere Setzling wurde, behütet wie ein Augapfel, schon im privaten Wohnzimmer großgezogen und dann im Ebert-Ring eingepflanzt.

Mittlerweile sind die meisten Bäume auch mit Schilder und passenden Texten gekennzeichnet. Anwohner nutzen das Arboretum Litterae zum Spaziergang und immer mehr Menschen werden darauf aufmerksam. Auch das Weinheimer Touristik-Amt hat schon Ideen, wie das botanische Schatzkistchen im Westen als Ausflugsziel bekannt gemacht werden kann. Spezielle Führungen sind geplant. Wenn Bernhard von Hirschheydt in einem Jahr in Rente geht, ist der kleine Exotenwald sein Geschenk an die Stadt.