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Darmstadt/Bürstadt (RP) – Das Land Hessen und Bürstadt (Kreis Bergstraße) bringen die Altlastensanierung des seit mehr als 30 Jahre brachliegenden Geländes OLI II in der südhessischen Stadt gemeinsam auf den Weg. Sie ist ein erfolgreiches Beispiel für den sparsamen Umgang mit Grund und Boden und die Verringerung des Flächenverbrauchs. Ziel des gemeinsamen Vorhabens ist der Bau von Wohnungen auf dem Grundstück.

Regierungspräsidentin Brigitte Lindscheid und Bürgermeisterin Barbara Schader sowie Erster Stadtrat Walter Wiedemann haben heute, stellvertretend für das Land Hessen und die Stadt Bürstadt, gemeinsam im Regierungspräsidium Darmstadt einen öffentlich-rechtlichen Vertrag unterzeichnet. Dieser regelt die Altlastensanierung und Entwicklung des Geländes des ehemaligen Oli-Werkes II in Bürstadt Am Weiher 7, das die beiden Flurstücke 1/13 und 2/19 umfasst. Das Grundstück, auf dem einst Edelstahltöpfe produziert wurden, liegt seit mehr als 30 Jahren brach. Schadstoffe im Boden verhinderten bislang, dass das Grundstück bebaut werden konnte.
Bürstadt hat – als Vorbedingung für den Vertrag – das ehemalige Betriebsgelände OLI II im Juni 2020 erworben. Der Vertrag sieht vor, dass die Stadt die altlastenverseuchte Industriebrache auf eigene Kosten abreißen, die Grundstücksflächen entsiegeln, den entstehenden Abfall entsorgen und den mit Schadstoffen kontaminierten Boden austauschen wird. Dort wurde ab 2004 mit Mitteln des Landes von der HIM-Altlastensanierungsgesellschaft (HIM-ASG) eine Bodenluft- und Grundwassersanierung veranlasst, um die nachgewiesene Verunreinigung mit leichtflüchtigen chlorierten Kohlenwasserstoffen (LCKW) zu entfernen. Die Bodenluftsanierung wurde 2006 beendet. Der aktive Sanierungsbetrieb der Grundwassersanierungsanlage betreffend das gesamte Werksgeländes, also OLI I und OLI II wurde 2015 beendet, da die LCKW-Werte in einen akzeptablen Normbereich gesenkt werden konnten. Allerdings sind die LCKW-Gehalt im Grundwasser in der Zwischenzeit (Stand Dezember 2019) wieder angestiegen. Diesbezüglich soll der Aushub des kontaminierten Bodens eine dauerhafte Lösung zur Folge haben. Die angefallenen Kosten der bisherigen Grundwassersanierung in Höhe von rund 1 Million Euro trägt das Land Hessen. Hinzu kommt, dass ein Großbrand auf dem Werksgelände OLI II im Jahr 2008 mit PFC-haltigem Schaum gelöscht werden musste, was dazu führte, dass Boden und Grundwasser seitdem auch mit dieser Schadstoffgruppe belastet sind.

Dass der Boden neben der LCKW Belastung zusätzlich mit per- und polyfluorierten Chemikalien (PFC) belastet ist, war erst vor ca. einem Jahr bekannt geworden. Da zu diesem Zeitpunkt das Finanzierungskonzept bereits feststand, wurde vereinbart, dass sich das Land Hessen und die Stadt Bürstadt die zusätzlichen Kosten für den Transport und die ordnungsgemäße Entsorgung des mit PFC belasteten Bodenaushubes teilen werden. Die beiden Vertragspartner einigten sich vorab auf eine finanzielle Obergrenze von 600.000 Euro, das Land Hessen und die Stadt Bürstadt beteiligen sich jeweils mit maximal 300.000 Euro.
Das gemeinsame Vorhaben macht den Weg frei, dass auf dem Grundstück Wohnbebauung erfolgen kann. „Für Bürstadt ist die Vertragsunterzeichnung ein Grund zur Freude, weil sie unsere sehr gute Zusammenarbeit dokumentiert und die Stadtentwicklung Bürstadts vorantreibt“, so Barbara Schader. Realisierbar werde diese auch durch die weitere Inanspruchnahme von Fördermitteln, so die Bürgermeisterin weiter.
„Die Kooperation zwischen Bürstadt und dem Land Hessen zeigt, wie die Wieder-Nutzbar-Machung einer innerstädtischer Industriebrache die Innenstadtentwicklung vorantreibt und eine Flächeninanspruchnahme durch das Ausweichen auf die „Grüne Wiese“ im Sinne der Nachhaltigkeit vermieden wird“, kommentierte Regierungspräsidentin Brigitte Lindscheid die Vertragsunterzeichnung.
Auch Hessens Umweltstaatssekretär Oliver Conz betonte: „Die umfangreiche Altlastensanierung in Bürstadt ermöglicht es, dass auf dem brachliegenden Gelände OLI II in Zukunft Wohnraum entstehen kann. Es ist richtig und wichtig, dass Altstandorte als Bauflächen reaktiviert werden und damit der Flächenverbrauch am Rande von
Städten und Gemeinden verringert wird. Denn unversiegelte Böden sind eine wichtige natürliche Ressource, die als Lebensraum, Wasser- und Kohlenstoffspeicher und Grundlage für die Nahrungsmittelproduktion unersetzbare Leistungen erbringen.“

Hintergrund:
Die „OLI I“ und „OLI II“ genannten Grundstücke befinden sich auf dem ehemaligen Betriebsgelände des metallverarbeitenden (und namengebenden) Betriebs Otto Limburg OHG Edelstahltöpfe in Bürstadt. Weil das Unternehmen 1987 insolvent ging, konnte es nicht für die Beseitigung der leichtflüchtigen chlorierten Kohlenwasserstoffe (LCKW), die damals während der Produktion in Boden und Grundwasser gelangt waren, herangezogen werden. Durch komplizierte Eigentumsverhältnisse war das auch bei dem späteren Besitzer der Fall – diese verhinderten zudem, dass das Grundstück Oli II zwangsversteigert wurde. OLI I wurde ab 1995 untersucht, saniert und 2012 der Wohnbebauung zugeführt.