Foto: SRC
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Viernheim (MZ) –

Die Erwartungen waren groß. Nach zweijähriger, pandemie-bedingter Pause, sollten am vergangenen Wochenende endlich wieder Athletinnen und Athleten im Freistil bei offiziellen Deutschen Meisterschaften auf die Matten gehen dürfen.

 

Ausrichter würde wie bereits 2019 der KV 03 Riegelsberg sein, der stolz darauf war, dass der Deutsche Ringerbund diese Deutschen Meisterschaften erneut ins Saarland vergeben hatte.

 

Die Meisterschaften würden gemäß den internationalen Ringkampfregeln von United World Wrestling (UWW) ausgetragen werden.

 

Wie groß das Interesse tatsächlich war, zeigte allein schon die Anzahl der Meldungen.

Bei den Damen waren über 50 Teilnehmerinnen gemeldet worden; bei den Herren gab es über 100 Starter.

 

Der Nordbadische Ringerverband NBRV, Dachverband des SRC Viernheim, wollte mit 8 Startern bei den Herren und 2 Starterinnen bei den Damen bei diesen Meisterschaften mitmischen.

 

Sowohl bei den Herren als auch bei den Damen sollte in jeweils 10 Gewichtsklassen gerungen werden.

 

Bei den Frauen würden pro Gewichtsklasse durchschnittlich 4 bis 8 Athletinnen antreten; bei den Herren wiederum durchschnittlich 6 bis 12 Teilnehmer.

 

Besonders erwähnenswert ist, dass es hierbei, und zwar bei den Herren, eine einzige Ausnahme geben sollte: Mit 19 Teilnehmern würde die Gewichtsklasse bis 79 Kilo aus dem Rahmen fallen und die mit Abstand am Stärksten besetzte Kategorie sein.

 

Gerade in dieser Klasse sollte sich Matthias Schmidt vom SRC Viernheim einsortieren: Eine „Mammut“-Aufgabe für den sympathischen „Matze“.

Am Freitagabend trafen die Teams ein, um die endgültigen und bereinigten Meldelisten abzugeben. Sodann konnte das Auslosen der Partien für den Samstag erfolgen. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte noch ein weiterer Starter aus den Reihen des SRC auf der Liste gestanden: Sebastian Schmidt, der Bruder von Matthias. Sebastian hatte sich letztendlich entschieden, auf seine Teilnahme zu verzichten; schließlich war seine Verletzung noch immer nicht vollständig abgeklungen. Auf jeden Fall war er jedoch mit dabei, um seinem Bruder als Betreuer zur Seite zu stehen.

 

Anschließend hatte das DRB-Präsidium und der ausrichtende Verein zu einem Empfang geladen, bei dem sich DRB-Präsident Jens Nettekoven bei den über 100 Helferinnen und Helfern des KV 03 Riegelsberg bedankte.

 

Der Samstagmorgen würde wie gewohnt mit dem Wiegen der Teilnehmer beginnen. Danach wurde es erst einmal emotional, denn unter den Klängen der Deutschen Nationalhymne wurden diese Deutschen Meisterschaften in feierlichem Rahmen eröffnet. Das wollten sich auch viele Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens nicht entgehen lassen, allen voran der saarländische Innen- und Sportminister Reinhold Jost. Kurz darauf sollten die ersten Athleten auf die beiden Matten gehen.

 

Gegen Mittag wurde es dann auch für Matthias Schmidt Ernst. Die Auslosung hatte ergeben, dass er im Achtelfinale zunächst gegen Beat Konstantin Schaible (Jahrgang 1999) vom ASV Kirchheim am Neckar anzutreten hatte. Schaible war als Achter der U23-European-Championships (2022 in Bulgarien) nach Riegelsberg angereist.

 

Der Kampf begann eher ruhig. Nach Passivitätsanzeigen gegen beide Ringer innerhalb der ersten Minuten und einem Beinangriff Schmidts, konnte der sympathische Athlet im Trikot des SRC Viernheim die ersten beiden Punkte für sich verzeichnen und ging mit 2:0 in Führung. Kurz darauf jedoch schob Schaible Schmidt zweimal von der Matte und erzielte dadurch jeweils einen Punkt zum 2:2. Nach der Pause wiederholten sich genau diese Aktionen bis zum Stand von 3:3. Schmidt fightete sehr konzentriert und durchdacht. Man fühlte förmlich den „Biss“, mit dem er diesen Kampf unbedingt gewinnen wollte. Dann startete Schmidt einen weiteren Beinangriff, der ihm zwei weitere Punkte zum 5:3 einbrachte. Trotz starkem Auftritt des Viernheimer Athleten gelang es Schaible nochmals, mit einem Beinangriff zu kontern und zu punkten. Dies sollte dem Württemberger allerdings nicht mehr reichen, das Rad zu seinen Gunsten zu drehen. Matthias Schmidt ging aus dem Kampf beim Endstand von 5:5 mit den besseren Einzelwertungen als Sieger nach Punkten hervor.

 

Somit hatte Matthias Schmidt das Viertelfinale erreicht. Sein Gegner hier war Ansgar Reinke (Jahrgang 2003) vom SV Preußen Berlin, der zuvor überraschend Jakob Rottenaicher vom SV Burghausen ausgeschaltet hatte. Reinke war zuletzt Zweiter, also Gewinner einer Silbermedaille, bei den U20-DM (2021 in Rimbach).

Zwei ebenbürtige Gegner standen sich hier augenscheinlich gegenüber, die sich in den ersten 81 Sekunden intensiv „beschnupperten“. Sodann gab es die erste Passivitätsanzeige gegen Reinke und die Aktivitätszeit begann, doch kurz vor deren Ablauf gelang es Reinke tatsächlich, 2 Punkte durch einen Beinangriff zum 0:2 zu erzielen. Deshalb bekam Schmidt von Reinkes Aktivitätszeit leider keinen Punkt. Sodann schob Reinke Schmidt über die Mattenbegrenzung und erzielte einen weiteren Punkt zum 0:3. Hochspannung lag in der Luft. Auch Betreuer Sebastian konnte seine Anspannung kaum verbergen. Nun brachte Schmidt durch einen Schlüpfer Reinke auf die Matte, was mit 2 Punkten belohnt wurde. So stand es also 2:3. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte keiner der Zuschauer einen Zweifel daran, dass der Viernheimer mit seinem Kontrahenten würde mithalten können. Doch dann ging plötzlich alles sehr schnell. Vermutlich infolge einer kurzen Unachtsamkeit Schmidts erzielte Reinke eine 4er-Wertung zum 2:7. Doch Schmidt gab nicht auf und bündelte nochmals seine Kräfte. So gelang es ihm, sich aus der gefährlichen Lage zu befreien. Ungeachtet dessen konnte Reinke jedoch sofort wieder punkten und so fand sich Schmidt in dem Moment leider auf den Schultern wieder. 2:11, verloren auf Schulter, lautete also das Ergebnis des Kampfes, in dem sich ein wie immer hoch motivierter und bis zum Letzten fightender Matthias Schmidt präsentiert hatte.

 

Das Halbfinale war also verpasst für Matthias Schmidt. Dennoch eine hervorragende Leistung und ein respektabler zehnter Platz für den Top-Athleten vom SRC Viernheim, und eine professionelle Vorbereitung für die weiteren Herausforderungen, die im Sportjahr 2022 noch auf ihn warten werden.

 

Wie hatte Bundestrainer Jürgen Scheibe beim Turnier gesagt: „Die Deutschen Meisterschaften haben immer einen hohen Stellenwert, deswegen ist es auch für alle Kaderathleten Pflicht, daran teilzunehmen. Und dies in den Gewichtsklassen, in denen sie international starten. Die Deutsche Meisterschaft wird wie ein Qualifikationsturnier zu den anstehenden internationalen Einsätzen gewertet.“

 

Dieser Aufforderung entsprechend war Matthias Schmidt gefolgt. Also, alles richtig gemacht und bereit für mehr! Glückwunsch dazu! Der Gegner aus dem Viertelfinale, Ansgar Reinke, errang übrigens schließlich im Kampf um Platz 3 die Bronzemedaille.

 

Interessant für die Viernheimer Fans des Ringsports ist sicherlich noch, dass ein „guter alter Bekannter“ des SRC, nämlich Horst Lehr, fast wie erwartet Deutscher Meister in seiner Gewichtsklasse 57kg wurde.