„Spielraum! Sieben Wochen ohne Blockaden“

Foto: Pfarrerin Dr. Irene Dannemann

So lautet das Motto der diesjährigen Fastenaktion „7 Wochen Ohne“ der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Gemeinschaften brauchen Regeln. Und dazwischen eröffnen sich Spielräume. Die sollten wir nutzen, kreativ und mit Fantasie. Ohne Grenzen wie die Corona-Pandemie-Vorschriften zu überschreiten.

Was ich damit meine, möchte ich an einem Beispiel erläutern: Wie gehe ich damit um, wenn jetzt eine entfernt lebende Verwandte stirbt? Einem inneren Antrieb folgend würde ich gern zur Beerdigung fahren. Aber jetzt, zu Corona-Zeiten, frage ich mich: „Ist das nicht unverantwortlich? Mich in die volle Straßenbahn und den Zug setzen? Meinen risikobehafteten Verwandten begegnen?“ Wo habe ich Spielraum? Und will ich ihn nutzen?

Einer Freundin erzählte ich von meinem Ringen um eine Entscheidung. Sie sagte: „Alle werden verstehen, wenn du in diesen Zeiten nicht kommst. – Warum ist dir das so wichtig?“ „Ich möchte der Verstorbenen noch einmal nahe sein und Mitgefühl zeigen.“ Die Freundin fragte weiter: „Vielleicht kannst du das auch tun, ohne hinzufahren?“  Da löste sich mit einem Mal die Blockade meiner Gedanken und mir fiel eine neue Lösung ein: Ich schrieb eine Karte und ließ mich beim Vorlesen mit dem Handy filmen. Das Video schickte ich meinen Verwandten. Die schauten es nach der Beerdigung an, teilweise gemeinsam mit denen, die keinen Internet-Zugang haben. „Es war schön, dich virtuell an diesem Tag dabei zu haben“, schrieb ein Verwandter später.

Die den gedanklichen Knoten lösende Frage lautete: „Worum geht es Dir wirklich?“ Wenn ich das beantworten kann, weiß ich, was ich festhalten will und was ich loslassen kann. Plötzlich eröffnet sich ein Spielraum. Wir haben oft mehr Möglichkeiten, als wir sehen.

„Du stellst meine Füße auf weiten Raum“, steht in der Bibel in Psalm 31. Ich habe ein Standbein und ein Spielbein. Das Standbein gibt festen Halt, hält manchmal aber auch zu fest und blockiert mich. Das Spielbein lotet meinen Raum aus: In welche Richtung kann ich gehen, wo eröffnen sich ungeahnte Freiräume? Oder ganz grundsätzlich: Wie kann ich innerhalb von akzeptierten Grenzen anderen zugewandt und vertrauensvoll leben?

Dazu wünsche ich viele gute Ideen.

Ihre Pfarrerin Dr. Irene  Dannemann

Evangelische Christuskirchengemeinde, Bezirk Friedenskirche