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Weinheim (Stadt Weinheim) – Lucia Katzer ist ein Naturmensch. In ihrer Freizeit fährt sie Fahrrad oder stapft am liebsten durch den Wald. Bei Wind und Wetter. Auch zuhause hält sie sich am liebsten im Garten auf. Diese Vorliebe ist der gelernten Erzieherin in den vergangenen Wochen gerade recht gekommen. Ihr und „ihren“ Kindern. Denn sie waren eigentlich immer an der frischen Luft. So wie es sein soll in Corona-Zeiten.

Lucia Katzer ist eine von  50 Tagesmüttern (und Tagesvätern) in Weinheim. Diese Fachkräfte stellen schon seit Jahren einen wichtigen Pfeiler im Weinheimer Betreuungsangebot dar, vor allem für Kleinkinder unter drei Jahren 167 Kinder besuchen derzeit eine solche „Tagespflegestätte“, in der Verwaltung wird die Aufgabe im Amt für Soziales, Jugend, Familie und Senioren betreut. Der Trend ist in den letzten Jahren erfreulich positiv, bestätigt Amtsleiter Claus Hofmann – sowohl was die Nachfrage der Familien angeht, aber auch bei den Tagesmüttern selbst.

Selbstverständlich weisen sie eine fachliche Qualifikation auf. Einige, wie Lucia Katzer, wechseln nach Tätigkeiten in KiTas und Krippen bewusst in die Selbstständigkeit, um diese individuelle Form der Kinderbetreuung meistens innerhalb der eigenen vier Wände anzubieten.

Die Gebühren werden über den Rhein-Neckar-Kreis abgerechnet. Von dort erhält eine Tagesmutter pro Kind einen Betreuungssatz von 6.50 Euro Weinheim fördert als Kommune die Tagespflege mit weiteren 1.50 Euro pro Kind und Stunde.

Gerade in den Corona-Zeiten haben sich die Tageseltern wieder einmal als feste Stütze der Weinheimer Kinderbetreuung erwiesen, betont Claus Hofmann. Die Vorsitzende des Weinheimer Tagespflegevereins, Andrea Foshag, hebt hervor, dass alle Pflegestellen zur Notbetreuung zur Verfügung standen und die Finanzierung durchgängig gesichert war.

In den kleinen Einheiten, einem häuslichen Umfeld und mit oftmals sehr kurzen Kommunikationswegen haben Tageseltern und „echte“ Eltern die Krisenzeit gemeistert, in der sich die Herausforderungen oft innerhalb weniger Tage geändert haben.

Die sogenannten „Tagespflegestellen“ bei Tagesmüttern und Tagesvätern decken in Weinheim eine enorm große Bandbreite ab. Da gibt es Angebote für nur zwei oder drei Kinder, wie von Lucia Katzer in der Leibnizstraße, die gerade erst angefangen hat. Es gibt aber auch Angebote für bis zu neun Kinder, wie jenes von Petra Weidinger, die vor über 20 Jahren zu den Pionierinnen der Tagesmütter in Weinheim gehörte. Heute arbeitet sie mit einer weiteren Tagesmutter zusammen in ihren Räumen.

Das frühere Familienwohnzimmer in der Mierendorffstraße wurde in eine Kinderstube umfunktioniert, die eine Mischung aus Abenteuerspielplatz und Kuschelkiste  geworden ist. Der Hof hin zur Barbarabrücke gehört dazu.

Die Corona-Zeit mit Notversorgung, Erweiterter Notbetreuung, dann seit Mitte Mai einem Normalbetrieb zu Pandemie-Bedingungen, hat die Tageseltern und die Stadtverwaltung weiter zusammenrücken lassen. „Wir haben uns jederzeit gut informiert gefühlt“, bescheinigt Petra Weidinger.

Mit neun Kindern musste sie kreativ sein, neue Regeln einführen, Abstandsmarkierungen beim Bringen und Holen der Kinder zum Beispiel. Häufiges Händewaschen für alle. Beim Wickeln und Essen zubereiten trug sie Handschuhe und Gesichtsmaske – beim direkten Umgang mit den Kindern aber nicht. Das geht im Umgang mit Kindern, die fast noch Babys sind, nicht, findet sie. „Die Kinder müssen uns doch ins Gesicht schauen können“, sagt sie.

Natürlich stehen die beiden Tagesmütter nun vor etlichen Fragezeichen, wenn im September die Ferien zu Ende gehen. Natürlich sind sie dafür, dass Reiserückkehrer möglichst getestet werden, bevor sie wieder die KiTa oder die Tageseltern besuchen. Auch mit den Kinderärzten haben die Frauen natürlich Kontakt. Wie reagiert man, wenn Kinder Symptome zeigen? Der pragmatische Rat einer Kinderärztin, schmunzelt Petra Weidinger, lautet: „Fieber und Husten bleibt draußen, Rotznasen dürfen rein.“

Für Ursula Arnold-Hintenlang vom städtischen Fachdienst Kindertagespflege dürfte auch die demnächst beginnende Erkältungszeit eine Herausforderung werden, und es wird nicht einfach sein, den Empfehlungen des Landesgesundheitsamtes, den Erwartungen der Eltern und dem Schutz aller anvertrauten Kinder gerecht zu werden. Das, was Kindertagespflege auszeichnet, nämlich individuelle Lösungen zu finden und der enge Austausch mit den Eltern, könne eine Chance sein, diese besondere Zeit gemeinsam gut zu meistern.