Foto: Jörg Scheidel

Liebe Bürgerinnen und Bürger, Lieber Herr Theymann,

 

die spannende Frage „Was kostet eigentlich ein Kindergarten“ ist m.E. nicht so leicht zu beantworten, wie es im Leserbrief versucht wird. Warum? Wie geschrieben wurde, sollen mit der Erweiterung der Kita Kapellenberg 50 neue Kita-Plätze entstehen, die eigentlich schon jetzt gebraucht werden. Bei der letzten Platzvergabe haben im Ü3- Bereich circa 100 Kitaplätze gefehlt.

 

Was wiederum nicht geschrieben, aber in den entsprechenden politischen Gremien sehr wohl erläutert und dargestellt wurde, ist die Tatsache, dass die Erweiterung nicht nur zwei neue Gruppenräume für jeweils 25 Kinder vorsieht, sondern insgesamt drei neue Gruppenräume inkl. Nebenräumen und großem Spielflur. Wie passt das zusammen? Ganz einfach:

 

Gerade einige wenige der älteren Kitas in Viernheim entsprechen in vielen Bereichen nicht mehr dem heute gesetzten Standard und müssen ertüchtigt werden. So auch hier bei der Kita Kapellenberg. Momentan werden in der Kita vier Ü3- Gruppen mit jeweils 25 Kindern im offenen Konzept betreut, wobei einer der Gruppenräume auch als Bistro dient. Des Weiteren ist die Küche für die Anzahl an Kindern nicht mehr ausreichend und muss vergrößert werden.

 

Auch wenn ich die im Leserbrief aufgeführte Rechnung nicht für den richtigen Rechenweg halte, möchte ich Sie mit den von mir benannten Punkten nochmals neu aufstellen, denn dann ergibt sich nämlich ein gänzlich anderes Bild. Ausgehend von 4 Millionen Euro für die Gesamtmaßnahme und unter der Berücksichtigung, dass letztlich 75 Kinder einen neuen Gruppenraum bekommen, wären das schlussendlich 53.500 Euro pro Kind und Platz. Berücksichtigt man dann noch, dass von den berechneten 4 Millionen circa 800.000 Euro allein für den Umbau des Bestandsbaus notwendig sind, um in Summe den Anforderungen des Jugendamtes zu entsprechen, dann sind es noch 3,2 Millionen Euro für die Erweiterung / den Neubau und wir liegen mit der Rechnung bei 43.000 Euro pro Kind und Platz.

 

Nach dieser Berechnung liegt die Stadt Viernheim bei den Kosten nicht mehr abgeschlagen „vorne“, sondern im unteren Mittelfeld. Tatsache ist jedoch, egal wie man es rechnet, Bauen ist heute sehr teuer. Darüber sind wir uns vermutlich einig. Wie teuer es tatsächlich ist, hängt von so vielen unterschiedlichen Faktoren ab. Sicherlich bieten Baukosten von anderen Kindergärten eine Orientierung, man muss aber auch die Gegebenheiten miteinander vergleichen, um verlässliche Zahlen zu bekommen. Ja, die Stadt Viernheim nimmt hier viel Geld in die Hand. Leider muss sie dies ohne jedwede Unterstützung von Bund und Land tun, denn es gibt gerade für den dringenden Bedarf im Kitabereich momentan keinerlei finanzielle Förderung für den Kitabau von Kommunen. Dabei machen gerade Bund und Land die Vorgaben und überlassen die Finanzierung den Kommunen.

 

Dass es nicht attraktiv wäre für Städte zu bauen, kann ich zumindest aus Viernheimer Sicht nicht bestätigen. Und als positives Beispiel kann ich hier sogar die Rudolf-Harbig-Halle nennen. Bei dieser Baumaßnahme konnten mehrere Gewerke an Viernheimer Handwerksunternehmen vergeben werden. Glücklicherweise haben wir in Viernheim noch eine große Zahl an qualifizierten Handwerksunternehmen, die sich bei unseren Ausschreibungen gerne beteiligen und mit denen wir ein gutes Miteinander pflegen.

 

Zum Thema einen eigenen Architekten anstellen möchte ich sagen, dass bei der Stadt Viernheim seit Jahren mindestens zwei Architekt*innenstellen für die Instandhaltung aller städtischen Gebäude einschließlich der fachlichen Betreuung aller Neubau,- Umbau und Erweiterungsbauten zuständig sind. Die Abwicklung von Architektenleistungen bei einem Bauprojekt, wie beispielsweise bei der Erweiterung Kita Kapellenberg, würde nahezu in allen Leistungsphasen mindestens eine dieser Stellen durchgängig binden.

 

Jörg Scheidel

Erster Stadtrat