Viernheim (NB) – Der Vorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) in Viernheim befasste sich auf seiner Jahresauftaktsitzung ausführlich mit der Koalitionsvereinbarung der neuen Bundesregierung – „ein Koalitionsvertrag mit Stärken und Schwächen“, so der Viernheimer DGB-Vorsitzende Nils Burkhoff. Der südhessische DGB-Regionssekretär Horst Raupp (Darmstadt), der die Koalitionsvereinbarung aus gewerkschaftlicher Sicht bewertete, betont: „Klimaschutz und Arbeitsplätze dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Für eine erfolgreiche Umsetzung der sozial-ökologischen Transformation müssen aktiver Klimaschutz, gute Arbeit und soziale Gerechtigkeit miteinander verbunden werden“. Ausdrücklich begrüßen DGB-Ortsverbandsvorsitzender Nils Burkhoff und DGB-Regionssekretär Horst Raupp die von den Koalitionsparteien vereinbarte deutliche Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns auf zwölf Euro: „Das ist für zehn Millionen Beschäftigte eine deutliche Lohnerhöhung.

Nach einer Analyse des Pestel-Instituts in Hannover würden im Kreis Bergstraße 24.590 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von der Erhöhung des Mindestlohns profitieren. Das sind 20 Prozent aller Beschäftigten im Landkreis“. Im Kreis Bergstraße würde die Kaufkraft um rund 38 Millionen Euro pro Jahr steigen. Die Erhöhung des Mindestlohns käme nicht nur den Geringverdienern zugute, sondern auch der regionalen Wirtschaft: „Ein Großteil des zusätzlichen Einkommens der Mindestlohn-Beschäftigten wird vor Ort ausgegeben – beim Einkauf, beim Restaurantbesuch oder um etwas Neues für den Haushalt anzuschaffen“.

Positiv sieht der DGB Viernheim den angekündigten raschen Ausbau erneuerbaren Energien, die geplante Einführung einer Ausbildungsgarantie für alle Jugendlichen und die Einführung einer eigenständigen Kindergrundsicherung „Das ist ein längst überfälliger und dringend notwendiger Schritt zur Bekämpfung von Kinderarmut“, macht der Stellvertretende Ortsverbandsvorsitzende Bernd Haas (ver.di) deutlich. „Die Absichtserklärung der Regierung allein aber genügt nicht. Entscheidend ist aber die finanzielle Ausgestaltung“. Auch die in der Koalitionsvereinbarung versprochene Einführung eines Bundestariftreuegesetzes, das die Vergabe von öffentlichen Aufträgen des Bundes verbindlich an repräsentative Tarifverträge koppelt, wird vom DGB Viernheim ausdrücklich begrüßt: „Ein Bundestariftreuegesetz ist ein wichtiger Beitrag der Politik zur Eindämmung von Tarifflucht und zur Stärkung der Tarifbindung“, betont der Stellvertretende Ortsverbandsvorsitzende Thomas Keil (IG Metall). „Andere Maßnahmen zur Stärkung der Tarifautonomie und zur Eindämmung des Missbrauchs von Leiharbeit und Werkverträgen müssen allerdings folgen“. Theo Hoenhorst (ver.di), Beisitzer im Vorstand, kritisiert die völlig unzureichende  Koalitionsvereinbarung zur Eindämmung von befristeter Beschäftigung: „Eine allein auf den öffentlichen Dienst bezogene und auch dort nur halbherzige Regelung reicht bei weitem nicht aus. Das um sich greifende Befristungsunwesen muss endlich abgeschafft werden, im öffentlichen Dienst wie in der Privatwirtschaft. Das tariflich entlohnte und unbefristete Normalarbeitsverhältnis muss wieder die Regel werden“. Angesichts des enormen Investitionsbedarfs in vielen Bereichen fehlt dem DGB Viernheim zudem der Einstieg der neuen Regierungskoalition in eine gerechte Steuerpolitik: „Das ist die zentrale Schwachstelle in der Koalitionsvereinbarung“, betonen die Gewerkschafter. „Eine grundlegende Reform des Steuersystems verbunden mit höheren Steuern für große Konzerne und Superreiche und einer Entlastung der unteren und mittleren Einkommen ist längst überfällig. Dafür setzen wir uns auch weiterhin aktiv ein“, macht der DGB Viernheim deutlich. Dem Vorstoß der EU-Kommission, Atomkraft als „grüne Energiequelle“ zu auszugeben, widerspricht der DGB Viernheim scharf: „Atomkraft ist eine veraltete und nicht beherrschbare Technologie. Sie ist nachhaltig. Zudem ist eine sichere Lagerung des massenhaft anfallenden radioaktiven Abfalls über tausende von Jahren hinweg nicht zumutbar“.

Nils Burkhoff betont: „Für die vor uns liegenden Herausforderungen sind organisierte Solidarität, mitgliederstarke Gewerkschaften und ein starker DGB unverzichtbar. Nur gemeinsam und solidarisch können die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erfolgreich für ein gutes Leben kämpfen“.