Berlin / Bergstraße (Dr.M. Meister) – Aus Afghanistan erreichen uns furchtbare Bilder und Nachrichten. „Die Angst der Menschen und die Brutalität der Taliban machen mich fassungslos“, so der Bergsträßer Bundestagsabgeordnete Dr. Michael Meister (CDU). Was derzeit in Afghanistan passiert, ist eine politische und eine humanitäre Katastrophe. Das oberste Gebot ist jetzt das Retten von Menschenleben. Mittelfristig müssen allerdings auch die außen- und sicherheitspolitischen Fehleinschätzungen aufgearbeitet werden.

In diesen Tagen führt die Bundesregierung eine Rettungsaktion durch – für unsere Staatsbürger, aber insbesondere auch für die Ortskräfte, welche viele Jahre lang an der Seite Deutschlands für ein besseres, ein freies Afghanistan gearbeitet haben. Solange es noch möglich ist, müssen wir alles versuchen, um sie vor den Taliban zu schützen. Das ist unsere moralische Pflicht. Meine Gedanken sind auch bei unseren Soldatinnen und Soldaten, die sich in große Gefahr begeben. Mögen sie alle unversehrt wieder nach Hause kommen.

Zudem erwarte ich von der Bundesregierung, dass die Luftbrücke auch aktive Frauen- und Menschenrechtlerinnen, Aktivistinnen und Bürgermeisterinnen rettet. Denn es waren insbesondere viele mutige Frauen, die in den vergangenen Jahren am Aufbau einer Zivilgesellschaft mitgewirkt haben. Jetzt sind sie akut bedroht. Sie brauchen den unmittelbaren Schutz der Weltgemeinschaft. Deutschland sollte sich bereit erklären, im Wege der Soforthilfe solche besonders gefährdeten Frauen und ihre engsten Familienangehörigen vor dem Tod zu retten und aufzunehmen.

Die Bundesregierung sollte außerdem alle Anstrengungen unternehmen, die deutsche Rettungsmission mit unseren EU- und NATO-Partnern zu koordinieren.

Unsere europäische Antwort muss eine sein, die aus den Fehlern im Umgang mit dem syrischen Bürgerkrieg gelernt hat. Die Ereignisse des Jahres 2015 dürfen sich nicht wiederholen. Es darf nicht erneut zu mangelnder Flüchtlingshilfe für den UNHCR in der Region kommen. Die meisten Menschen werden in die Nachbarländer Afghanistans fliehen. Deutschland sollte sich deshalb auf europäischer Ebene dafür einsetzen, dass die Hilfe in den Nachbarländern Priorität genießt. Wir müssen die Nachbarländer unterstützen und sie gleichzeitig an die Verantwortung erinnern, die sie für die Region tragen. Deutschland sollte konkret beim Aufbau von Flüchtlingseinrichtungen vor Ort unterstützen – mit Technischem Hilfswerk und unseren erprobten Hilfsorganisationen.

Europa muss außerdem dazu beitragen, die humanitäre Katastrophe vor Ort zu lindern. Die EU wird daher in großem Umfang ihre humanitäre Hilfe, die sie bereits jetzt leistet, in der Region verstärken.

Wir müssen aber auch einen mittel- und langfristigen Plan entwickeln. Wir müssen sicherstellen, dass Afghanistan nicht erneut zum sicheren Hafen für den internationalen Terrorismus wird. Das war das erste Ziel des gesamten Afghanistan-Einsatzes – und dieses Ziel gilt weiter.