„Wahrlich, er hatte eines der größten Zeichen seines Herrn gesehen.“ Sure 53 / Vers 18

Viernheim (SE) – Die Vorstellung einer Himmelsreise ist sowohl in der indischen und persischen Mythologie als auch im Juden- und Christentum und im Islam vorzufinden. Doch im Leben des Propheten Mohammed zählen unter muslimischen Gläubigen nur wenige Ereignisse als so mystisch wie seine Reise zu Gott und in den Himmel. Diese Erzählung beschäftigte über Jahrhunderte hinweg nicht nur Religionsgelehrte, sondern beflügelte auch die Phantasie von Schreibern und Poeten, Mystikern und Gläubigen.

Die Himmelsreise im Islam ereignete vor ca. 1400 Jahren in einem besonderen Lebensabschnitt Mohammeds. Denn damals hatte er seine geliebte Frau Khadidscha und seinen Onkel und Befürworter Ebu Talib verloren und befand sich in einer schwierigen Situation.

Nach der traditionellen islamischen Auffassung hat sich die Himmelsreise in zwei Phasen vollzogen. Die Reise des Propheten Mohammed von der al-Masdschid al-Haram in Mekka zur al-Aqsa Moschee in Jerusalem wird Isra genannt und ist die erste Phase; seine anschließende Himmelsreise nennt man Miradsch (arab. „Leiter/Aufstieg“), die wiederum die zweite Phase darstellt.

Eines Nachts, als der Prophet sich in Mekka befand, kam der Erzengel Gabriel (Dschibril) zu ihm, öffnete seine Brust, reinigte sie mit Zamzam (Wasser aus der heiligen Quelle in Mekka) und füllte sein Herz mit Glauben und Weisheit. Im Koran und aus islamischen Überlieferungen erfahren wir, dass Dschibril in dieser Nacht den Propheten auf ein himmlisches Reittier namens Burâq hob und ihn innerhalb einer einzigen Nacht auf eine Reise von Mekka zur „fernen Kultstätte“ führte (Sure 17 Vers 1). Als „ferne Kultstätte“ wird die Stadt Jerusalem verstanden. Dort verrichtete Mohammed das Pflichtgebet gemeinsam mit Jesus, Moses und Abraham und zahlreichen anderen Propheten.

Anschließend stieg Mohammed in Anwesenheit des Engels Dschibril sieben Himmelssphären hinauf. Diese Reise übertraf die Vorstellungskraft eines jeden menschlichen Wesens. Sie hatte in der Wüste Arabiens begonnen und ging bis in das Universum und darüber hinaus. Er sah das Paradies, die Belohnungen und Gaben, aber auch die Hölle mit Bestrafungen und Qualen. Dort traf er alle großen Propheten, zuletzt Abraham unmittelbar vor den Toren zum Paradies. Neben der Begegnung mit den wichtigsten Propheten durfte der Prophet Mohammed auf dem Höhepunkt seiner Himmelsreise auch Allah gegenübertreten. Der Schöpfer versicherte ihm, dass jedes Mitglied seiner Gemeinschaft, das Gott keine weiteren Götter beigesellt, ins Paradies eingelassen wird. Ebenso wurden die letzten Verse der Sure Al Baqara offenbart und das fünfmalige Gebet am Tag wurde verpflichtend.

Am darauffolgenden Tag berichtete der Prophet seiner Gemeinschaft über das Erlebte. Es gab Hohn und Spott für den Propheten durch die Ungläubigen. Einige Mekkaner wandten sich vom Islam ab, weil sie Zweifel an diesen Darstellungen des Propheten hegten. Andere forschten nach und befragten vor allem Reisende aus Jerusalem, ob die Schilderungen des Propheten zutrafen. Sämtliche Schilderungen des Propheten wurden jedoch bestätigt.

Muslimen sind viele Stätten in Jerusalem noch immer heilig. Lange Zeit haben Muslime sogar in Richtung Jerusalem gebetet. Später offenbarte Allah, die Gebetsrichtung gen Mekka zu verändern. Die Al-Aqsa-Moschee zählt zusammen mit den beiden großen Moscheen in Mekka und Medina bis heute zu den drei wichtigsten Moscheen im Islam.

Der Jahrestag der besagten Himmelsreise Mohammeds fällt dieses Jahr auf Samstag, den 21. März 2020. In dieser besonderen Nacht gehen Muslime traditionell in die Moschee und nehmen an religiösen Zeremonien teil. Es werden Predigten gehalten, religiöse Lieder gesungen, Passagen aus dem Koran kunstvoll gelesen und Gottes Namen rezitiert. Alles Gewohnheiten, auf die die Muslime dieses Jahr auf Grund des Coronavirus‘ leider verzichten müssen.

Das Viernheimer Forum der Religionen spricht der gesamten Menschheit und der islamischen Welt zur Nacht der Himmelfahrt seine Glückwünsche aus und hofft, dass die gesegnete Nacht in diesen schwierigen, von Krankheit und Angst gezeichneten Zeiten allen Menschen Harmonie, Gesundheit und Frieden bringen möge.

Selma Emekci

Das „Viernheimer Forum der Religionen“, das den interreligiösen Dialog im Gemeinwesen pflegt, entstand aus einem Beteiligungsforum der Stadt Viernheim im Jahr 2014. Mittlerweile ist das Forum eines der acht Handlungsfelder der „Steuerung der Viernheimer Integrationsarbeit“ unter dem Vorsitz des Bürgermeisters Matthias Baaß.