Foto: Stadt Lorsch
Foto: Stadt Lorsch

Lorsch (Stadt Lorsch) – Ihr Arbeitsplatz gehört sicherlich zu den abstoßendsten Einsatzorten, die man sich vorstellen kann: Die Rede ist von Tauchern, die die Faultürme von Kläranlagen reinigen. Faultürme sind riesige Behälter, in denen die Klärschlämme – die etwa bei der Abwasserreinigung einer Kommune anfallen – eingedickt werden. Dabei werden die organischen Verbindungen unter sauerstofffreien Bedingungen und Wärmezuführung durch Bakterienstämme zersetzt. Der Faulturm ist damit eines der teuersten und gleichzeitig auch am höchsten belasteten Bauwerke einer Kläranlage. Dementsprechend ist eine regelmäßige Kontrolle und Reinigung zum Erhalt dieses Sachwertes erforderlich.

 

In Lorsch war es nun wieder soweit. Zum Einsatz kam deshalb unlängst eine Gruppe von speziell ausgebildeten Umwelttauchern aus Wien. Sie stiegen in den bis zum Rand mit schwarzem, reichlich übelriechendem, ca. 37° C warmen Klärschlamm gefüllten Turm und gingen der Sache damit “auf den Grund“. Immerhin rund 18 m ist die Füllhöhe des Lorscher Faulturms. „Wir steigen da rein, wo andere nicht mal dran riechen würden“, sagen sie scherzhaft über ihren Beruf.

 

Mit Hilfe einer über 80 kg schweren Trockentauchausrüstung, einer Mammutpumpe sowie zahlreichen Hubwinden und Gerüsten saugten sie Ablagerungen und Sand vom Grund des Faulturms ab, kontrollierten den Zustand der Einbauteile und prüften die Qualität der Innenwände. Der erste Taucher brachte nach einem Erkundungstauchgang in der Lorscher Kläranlage gute Nachrichten mit nach oben: „Es sind kaum Ablagerungen vorhanden. Der Zwangsmischer, der den Schlamm ständig in Bewegung hält, hat anscheinend sehr gute Arbeit geleistet“. Dieser Zwangsmischer wurde während der etwa 90minütigen Tauchgänge natürlich ausgebaut und parallel ebenfalls einer Inspektion durch dessen Hersteller unterzogen.

 

Wenn die Taucher aus dem warmen Klärschlamm auftauchen, sprechen sie regelmäßig davon, dass „sie sich alles angeschaut haben“. Im Rahmen ihrer Ausbildung haben sie gelernt, sich mit Fingerspitzengefühl im tiefschwarzen und absolut undurchsichtigen Faulschlamm „umzusehen“.

 

Nach einer Woche stand fest, dass alle Einbauteile – insbesondere das sogenannte Zentralrohr – ohne Mängel waren. Die Innenbeschichtung des Faulturms, die im Jahre 2004 im Rahmen der Grundsanierung des Turms aufgebracht worden war, ist auch nach knapp siebzehn Betriebsjahren noch absolut glatt und ohne Fehlstellen. „Sanierungsbedarf gibt es unseres Erachten derzeit keinen, es reicht, wenn wir alle fünf Jahre mal reinschauen“, so die abschließende Bilanz der Spezialisten.“

 

Größte Hochachtung vor der Leistung der Umwelttaucher hat auch Bürgermeister Christian Schönung. Er weiß, dass deren Einsatz verhindert, dass die gesamte Kläranlage während einer Faulturmreinigung stillstehen muss. Denn alternativ müsste der Faulturm in Gänze geleert und dann inspiziert werden. „Um also im Wartungsfall einen fortgesetzten Betrieb der Kläranlage gewährleisten zu können, fordern wir die Umwelttaucher an. Zumal diese Lösung auch weit wirtschaftlicher ist“, zeigte sich Schönung mit der Arbeit der Wiener Taucher und der Ergebnisse deren Tauchgänge hochzufrieden.