Schönste Kläranlage Deutschlands besichtigt

Foto: Klaus Niebler

Letzten Dienstag (18.10.22) hat eine Gruppe von Bürgerinnen und Bürger die Kläranlage in Weinheim besucht. Der Geschäftsführer der Kläranlage, Hubert Ensinger, begrüßte die Gruppe in der „schönsten Kläranlage“ Deutschlands. Neben der Geschichte der Kläranlage, ihrem Komplettumbau in den neunziger Jahren und vielen beeindruckenden Fakten rund um unser Abwasser, gab es anschließend einen Rundgang über die gesamte Anlage mit dem Klärmeister Manuel Ritter. Herr Ensinger und Herr Ritter beantworteten geduldig alle unsere Fragen.

 

In Viernheim gibt es einige Menschen auch außerhalb der Politik, die sich Gedanken um Viernheims Zukunft machen. In Diskussionen kamen hierzu Fragen rund um das Viernheimer Abwasser auf. Von anderen Städten gab es gute Ideen zu lesen und es wurde Zeit, die eigene Situation mal fachkundig unter die Lupe zu nehmen. Drei große und zahlreiche kleine Fragen standen dabei auf der Agenda.

 

So gibt es Städte in unserer Region, die lassen gereinigtes Abwasser versickern oder bringen sie durch Brunnen wieder in den Boden ein. Sie wollen ein zu starkes Absinken des Grundwasserspiegels verhindern. Und bei uns? In Weinheim – das wissen wir jetzt – ist das noch nicht erlaubt und das geklärte Abwasser fließt durch Weschnitz und Rhein in die Nordsee. Es fehlt eine vierte Reinigungsstufe, über die aber bereits nachgedacht wird.

 

Manche Städte und Regionen messen im Abwasser Viren, multiresistente Keime oder erheben Medikamentengebrauch und Drogenkonsum. Solche Daten können Informationen liefern, mit denen man Infektionsausbrüche voraussagen und die Politik optimieren kann. Wie ist das in Weinheim? In Weinheim werden sie derzeit nicht erhoben und es müsste auch erst die entsprechenden Strukturen dafür aufgebaut werden.

 

Und dann natürlich das Thema Energie. Wird das Abwasser bereits zur Energiegewinnung herangezogen? Das ist laut Aussage unserer beiden Gesprächspartner bereits weit fortgeschritten und die Kläranlage versorgt ihren eigenen Energiehunger schon seit langem aus der Energie, die sie aus dem Abwasser gewinnt. Strom für rund 450 Haushalte sind nach dem Eigenverbrauch noch übrig und wird ins Netz eingespeist. Das ist gut und vorbildlich! Allerdings wird aktuell die bei der Stromproduktion entstehende Abwärme noch nicht genutzt. Vielleicht liegen hier noch Potenziale für weitere Verbesserungen? Die Fernwärmenetze der Region würden es der Kläranlage sicherlich danken.

 

Neben diesen drei Fragen gab es jede Menge weitere Infos, aus der ursprünglich geplanten Stunde wurden letztendlich drei. Für alle Beteiligte waren das interessante Einblicke und Erkenntnisse und jede Menge Ansatzpunkte für weitere Diskussionen. Ich glaube, viele würden jetzt, nach dem Besuch, dem Prädikat „Schönste Kläranlage“ vorbehaltlos zustimmen.

 

Wie kommen wir dazu – einfach so – die Kläranlage zu besuchen?

 

Nicht nur die gewählten Mitglieder des Stadtparlaments, auch Bürgerinnen und Bürger machen sich Gedanken um die Geschehnisse in Viernheim. Viele treibt die Sorge um, ob wir mit den Zukunftsthemen tatsächlich auf einem guten Weg sind. Dazu wird viel diskutiert und der eine oder die andere meldet sich auch mit seinen und ihren Themen zu Wort.

 

Wir haben als Stadtgesellschaft vielfältige Themen zu bewältigen: Wir wissen, wir müssen für den Klimawandel mehr tun, tun es aber nicht. Die Energiepreise sind hoch und ein Konzept dagegen nicht in Sicht. Der Stadtbus fährt leer im Kreis und ist als Alternative zum Auto ganz offensichtlich nicht attraktiv. Das Dach einer Sporthalle ist von heute auf morgen baufällig und seit drei Jahren ein Ende nicht in Sicht. Der gesellschaftliche Zusammenhalt schwindet und das Miteinander wird schwieriger. Themen gibt es eigentlich genug.

 

Neben der Politik machen sich auch Bürgerinnen und Bürger zu diesen Themen Gedanken und haben Ideen, wie man damit umgehen kann. Kein Wunder, denn bei 34.000 Einwohnern gibt es viele, die wissen können, wie man die Dinge richtig bewegt. Nicht immer will die Politik das hören und vielleicht ihre Entscheidungen aus den Vorjahren in Frage stellen. Aber genau das ist notwendig, denn die Ergebnisse sind oft zu schlecht, um sich damit abzufinden.

 

Aus vielen Gesprächen und Kontakten sind wir nun mit „Bürger Initiativ“ initiativ geworden. „Bürger Initiativ“ ist keine Bürgerinitiative, kein Verein sondern ist die einfache Möglichkeit, sich lose und ohne weitere Verpflichtung mit interessanten Themen zu beschäftigen, kleinere Aktionen zu starten, neue Einblicke zu gewinnen, gemeinsam zu lernen, sich eine Meinung zu bilden und vielleicht Lösungen für die ganze Stadt zu finden. Kurz: Initiativ zu werden. Wir brauchen neue Lösungen, denn die alten Lösungen haben ganz offensichtlich nicht funktioniert.

 

Insofern war die Besichtigung der Kläranlage ein kleiner Anfang. Es gibt gerade bei uns in der Region so viele spannende Lösungsansätze von Unternehmen, Hochschulen und anderen Akteuren, die einen näheren Blick wert sind. Diese schauen wir uns an und bringen sie initiativ in die politische Diskussion ein.

 

Wolfram Theymann
https://lust-auf-viernheim.de/

http://www.buerger-initiativ.de/ (Seite noch im Aufbau!)