Derzeit erhalten Eltern, die ihre Kinder zu Hause versorgen anstatt sie in den Kindergarten zu bringen, die städtischen Betreuungsgebühren ab dem ersten Tag anteilig erstattet. Diese Regelung ist sehr zu begrüßen, trägt sie doch zumindest zu einer kleinen Entlastung der durch die Corona-Pandemie stark gebeutelten Familien mit kleinen Kindern bei. Inzwischen greift das Land den Kommunen mit 2 Millionen Euro für die Gebührenausfälle unter die Arme. So weit, so gut.

Während es im Frühjahr 2020 noch ein generelles Betretungsverbot der Kindertageseinrichtungen gab – mit einer Notbetreuung für Kinder, deren Eltern in systemrelevanten Berufen (Medizin, Lebensmittelhandel u.a.) beschäftigt waren, belässt es die Landesregierung in der aktuellen Phase der Pandemie bei einem Appell. So schreibt der hessische Sozialminister Kai Klose am 27.01.2021 an die Eltern: „Im Bereich der Kindertagesbetreuung bitten wir Sie daher, die Betreuung nur in dringenden Fällen in Anspruch zu nehmen.“ Die Gründe dafür müssen gleichwohl nicht benannt werden.

Obwohl die aktuell gültigen Kontaktbeschränkungen die gegenseitige Übernahme der Kinderbetreuung durch höchstens drei Familien (familiäre Betreuungsgemeinschaft) zulassen, zeigt der Appell des Ministers nur eingeschränkt Wirkung: Die Betreuungszahlen in den Viernheimer Krippen liegen bei 75 % bis annähernd 100 %, in den Gruppen für Kinder ab 3 Jahren bei 30 % bis über 50 %, je nach Einrichtung. Das bedeutet, bis zu 12 Personen aus verschiedenen Haushalten befinden sich über Stunden zusammen in einem Gruppenraum. Es ist zu befürchten, dass die Betreuungszahlen mit dem weiteren Andauern des Lockdowns noch steigen werden.

Man muss sich jetzt vor Augen halten, dass die Beschäftigten und die Kinder in den Einrichtungen kaum vor Infektionen mit Covid-19 geschützt werden können. Die Kinder, die alle keine Maske tragen, bleiben eben nicht auf Abstand, sondern suchen den engen Kontakt – untereinander und zu ihrer Bezugsperson. Maßnahmen des Eigenschutzes helfen da nur bedingt, zumal in der direkten pädagogischen Arbeit mit den Kleinsten oft keine FFP2-Maske getragen werden kann. Das zeigt auch eine aktuelle Studie der AOK: Berufe in der Betreuung und Erziehung von Kindern waren von März bis Oktober 2020 am stärksten von Krankschreibungen im Zusammenhang mit Covid-19 betroffen. Ihre Betroffenheit liegt mehr als das 2,2-fache über dem Durchschnittswert aller Beschäftigten. Bleibt die Betreuungssituation, wie sie jetzt ist, dürften häufige Infektionen des Personals und der Kinder kaum ausbleiben. Ich halte das für unverantwortlich.

Mein Appell: Bitte ein Stufenplan, der sowohl das regionale Pandemiegeschehen als auch die Situation in der jeweiligen Kindertagesstätte berücksichtigt, um bezogen auf die spezifische Gefährdungslage dem Infektionsgeschehen begegnen zu können. Die letzte Maßnahme ist die Notbetreuung der Kinder durch bestimmte festgelegte Personengruppen. Das ist in Anbetracht der aktuell sehr belasteten Situation vieler Eltern wirklich nur eine Notlösung, aber allemal besser als die Gesundheit der Kinder und des Personals mehr als unbedingt nötig aufs Spiel zu setzen.

Peter Lichtenthäler