Sind wir vor Angst ver-rückt geworden?

Wir sind ver-rückt geworden, also abgerückt vom normalen Verstandesgebrauch: die Exekutive, die Gerichte, die Bürger.

In Berlin etwa ist es nicht einmal mehr erlaubt, allein im öffentlichen Raum zu verweilen, z. B. ein Buch in der Sonne auf der Parkbank zu lesen. In Niedersachsen werden ganz selbstverständlich Einzelpersonen und Familien kontrolliert. So berichtet der Comedian Andreas Weber, seine Frau sei mit ihren beiden Kindern von der Polizei nach Hause begleitet worden, um festzustellen, ob es sich tatsächlich um ihre Kinder handelt. In Sachsen darf nur „im Umfeld des Wohnbereichs“ Sport getrieben werden. Wer bestimmt da, was als Umfeld gilt? Schön für die Besserbetuchten, die mal eben in ihren Garten oder das ihrem Eigenheim nahe gelegene Waldstück joggen. Und die in Mietskasernen lebenden nicht so gut Gestellten?

Aber alles ist gerechtfertigt. Alle Welt starrt wie gebannt auf Corona, die Pandemiebekämpfung rechtfertigt alles. Markus Söder gilt als der neue, weil starke Mann, den man sich nun so sehr herbeisehnt! Alle sind von den mutigen Entscheidern angetan. Aber müssen wir denn wirklich so ver-rückt und demokratiezerstörerisch reagieren?

Pandemie

Der Pandemiebegriff ist seit 2009 umdefiniert. Während vorher dasjenige Virus zur Rechtfertigung einer Ausrufung der Pandemie herangezogen wurde, das weltweit katastrophale Sterblichkeit hervorrief, gilt seit 2009 ein Virus als pandemieauslösend, wenn es weltweit als neues Virus überhaupt auftritt. Man kann sich vorstellen, dass das, was jetzt als staatliche Reaktionen geschieht, in Zukunft mit steter Regelmäßigkeit bei Viren mit noch so üblichem Gefährdungsgrad praktiziert werden wird. Denn es werden immer wieder neue Viren in Erscheinung treten.

Gefährlichkeit

Professor Dr. Henrik Streeck ist als Nachfolger von Dr. Drosten seit Oktober 2019 Leiter der Virologie am Universitätsklinikum Bonn. Er verfasste eine bedeutende repräsentative Studie zu den Ansteckungswegen des Coronavirus in der Gemeinde Heinsberg an über 1000 Infizierten.  

Zwar sind Dr. Drosten und Dr. Streeck beide Virologen, sie haben aber unterschiedliche Perspektiven auf ihren Forschungsgegenstand. Dr. Drosten arbeitet virusorientiert. Dr. Streeck hingegen interessiert sich mehr für die Wechselbeziehung des Virus mit dem menschlichen Organismus. Daher kommt er auch zu etwas anderen Einschätzungen als sein Kollege.

Wie Dr. Drosten ist Dr. Streeck gewissermaßen politisch-gesellschaftlich „sauber“, gilt also nicht als „Verschwörungstheoretiker“. Umso erstaunlicher seine Positionen zur Coronakrise.

So bezeichnet Dr. Streeck das Virus als bei Weitem nicht gefährlicher als andere starke Grippeerreger wie Influenza, und die Sterblichkeitsrate sei ungefähr gleich: bei 0,2/0,3 %, also nicht schlimmer als eine starke Influenzagrippe. Eine Position, die auch der Toxikologe und Immunologe Professor Hockertz teilt.

Übersterblichkeit

Dr. Streeck sagt: „Vielleicht könnte man es auch so sagen, wäre uns das Virus nicht aufgefallen …, hätte man vielleicht gesagt, wir hätten eine schwerere Grippe gehabt dieses Jahr.“  

Rechenmodelle

Angesprochen auf die so unterschiedlichen Konsequenzen, die aus den epidemiologischen Studien bzgl. Gefährlichkeit, Ausbreitungsgeschwindigkeiten und Verbreitung des Virus gezogen wurden, sagt Dr. Streeck: „Das finde ich auch ein bisschen das Problem in der Diskussion bisher, dass wir sehr über Spekulationen und Modellrechnungen reden, und da muss ja nur ein Faktor in so einer mathematischen Rechnung falsch sein, dann fällt das alles zusammen wie ein Kartenhaus.“ Diese Modelle – und das sieht Dr. Drosten ebenso – sind also von Schätzungen und Annahmen durchzogen. Als Entscheidungsgrundlage also mit Vorsicht zu genießen.

Konsequenzen für unser Sozialwesen

Nimmt man Dr. Streeck beim Wort, dann sollte man die gegenwärtige „Pandemie“ auch so behandeln wie frühere Grippewellen, bzw. man sollte sie so behandeln, wie man frühere Grippewellen hätte behandeln sollen: also vor allem nicht unsere Gesellschaft und Wirtschaft durcheinanderbringen und lähmen (s. o.) und mit solchen Maßnahmen die Bevölkerung verängstigen. Hinreichend wären Schutz der Risikogruppen, Tragen von Mundschutz, Einhalten hygienischer Mindeststandards wie Händewaschen, Stärkung des Immunsystems, raus in die Natur – was übrigens auch Dr. Streeck empfiehlt.

(Quellen, abrufbar unter t-online.de: Kölnische Rundschau; Blauer Bote Magazin – Wissenschaft statt Propaganda; Markus Lanz: Forscher fordert wichtige Studie …; stern tv spezial: Gespräch mit Steffen Hallaschka; …)

 

Dr. Bernd Lukoschik