Corona und Philosophie – sonntags bei Anton

Am 30. August wird endlich mal wieder ein philosophierender Kreis in Viernheim zusammenkommen und dabei thematisieren, was Philosophie zu Corona beitragen könnte. Mit einigen Thesen  soll der nun folgende Leserbrief gesprächsanregende Fragen aufwerfen.

Philosophie und Corona

Philosophie – so ein Verständnis dessen, was sie leisten kann – fragt dort weiter, wo normalerweise mit dem Fragen aufgehört wird, sie fragt vor allen Dingen da weiter, wo die Wissenschaft – aktuell: die Virologie – zu fragen aufhört, sie hinterfragt, was diese als selbstverständliche Ausgangsbasis ihres Forschens an- und hinnimmt.

Daraus ergeben sich ganz von selbst einige Problemstellungen für ein Thesenpapier zu „Corona und Philosophie“.

Virologischer Begriffsrealismus  

Wenn man von etwas Neuem nichts Genaues weiß, gibt man üblicherweise diesem Neuen einen unverfänglichen Namen, ordnet zum Beispiel einem neu entdeckten Sonnensystem einen Buchstaben plus Zahl zu: Das ist das Verfahren des altbewährten Begriffsnominalismus. Damit zeigt man nämlich bescheiden an, dass man von dem Gegenstand noch nicht viel bis gar nichts weiß.

These: Die Virologie bedient sich des längst überlebten Begriffsrealismus und der Wesensschau!

Man entdeckte in Wuhan eine zum Teil tödlich verlaufende Krankheit, testete positiv mit dem eigentlich gar nicht als Diagnosemittel zugelassenen drostenschen PCR-Test und gab dem Kind einen Namen: SARS-CoV-2, der nicht nur eine Etikette sein sollte, sondern sofort eine durch nichts begründete Wesensaussage tätigte: SARS (severe acute respiratory syndrome) sagt, dass das Virus gefährlich ist: severe acute. Obwohl noch gar nicht, an Gefährlichkeitskriterien orientiert, ermittelt werden konnte, ob das Virus wirklich „severe acute“ ist: Es fehlten schlicht die Daten.

Wissenschaft in Gestalt der Virologie betätigte sich also – wie schon zu Zeiten der Schweinegrippe 2009 – als Wesensschau: Man erkennt apriori, d. h. vor und jenseits empirischer Studien. Eine Forschungsweise, die längst überlebt schien.

Logik in der Virologie

In Wuhan entdeckte man: „Wenn eine bestimmte heftige Atemwegserkrankung mit zum Teil Todesfolge auftritt, dann zeigt der PCR-Test positiv an.“

These: Man drehte diese Aussage um und beging damit einen logischen Fehlschluss.

Aus dem wuhanschen Satz folgt nämlich nicht seine Umkehrung: „Wenn man mit dem PCR-Test coronapositiv testet, dann liegt die Krankheit Covid-19 vor.“

Kausalitäten

Die virologische Forschung beruht auf zwei Ursache-Wirkungs-Behauptungen, also auf zwei Kausalverhältnissen.

Erstens wird behauptet, das SARS-CoV-2 sei die Ursache und die coronapositive Anzeige des PCR-Tests die Wirkung.

Zweitens wird behauptet, SARS-CoV-2 sei die Ursache für die Atemwegserkrankung Covid-19.

These: Beide Kausalitäten sind nicht nachgewiesen.

Voraussetzung für die erstgenannte Kausalität wäre: Das SARS-CoV-2 müsste einer Körperflüssigkeit eines Kranken entnommen, dann isoliert und gereinigt, dann das isolierte Virus auf seine RNA-Sequenz hin biochemisch analysiert worden sein. Dann hätte das Genom darauf untersucht werden müssen, welches RNA-Bruchstück charakteristisch für SARS-CoV-2 ist. Und schließlich hätte der PCR-Test auf ebendieses Bruchstück geeicht werden müssen.

Nur dann würde ein coronapositives Ergebnis des Tests anzeigen, dass SARS-CoV-2 vorliegt.

Keiner dieser Schritte wurde meines Wissens unternommen. Woraus folgt: Der Test ist nicht spezifisch, er kann noch manches andere Virus oder sonst vorkommende Moleküle im Körper anzeigen, zum Beispiel Abbauprodukte des körpereigenen Stoffwechsels, Abbauprodukte von Körperzellen, die etwa einen Schock durch Antibiotika erlitten haben und/oder einer schockbedingten Mutation unterworfen waren. Alles möglich.

Voraussetzung für die zweite Kausalität: SARS-CoV-2 kann nur dann Ursache einer Krankheit Covid-19 sein, wenn Covid-19 eine Atemwegserkrankung mit eindeutig spezifischer Symptomatik ist. Und wenn bei Vorliegen dieser eindeutig definierten Krankheit durch Abstrich das SARS-CoV-2 gewonnen werden kann. Dann müsste, da immer auch andere Virenarten vorliegen, das SARS-CoV-2 isoliert werden (s. o.). Und schließlich wäre nachzuweisen, dass ein Organismus bei Zuführung von SARS-CoV-2 an Covid-19 erkrankt.

Covid-19 hat keine spezifische Symptomatik. Zumindest ist bislang keine definiert. Also kann man auch nicht diese Kausalität nachweisen.

Begriffe

Die Statistik der RKI arbeitet mit den Grundbegriffen „Coronavirus“, „Covid-19“, „Infektion“, „Neuinfektion“, „Coronatote“. Philosophie hat diese Begriffe auf ihre Substanz hin zu befragen. Leisten die Begriffe das, was von ihnen erwartet wird?

These: Alle diese Begriffe sind nicht klar definiert. Die ganze darauf aufbauende Statistik bleibt fadenscheinig und öffnet beliebigen politisch motivierten Deutungen Tür und Tor!

Coronavirus: Das wurde oben bereits erwähnt: Das SARS-CoV-2 wurde bislang noch nicht isoliert und rein dargestellt.

Covid-19: eine Atemwegserkrankung, die noch gar nicht eindeutig erkannt ist – wenn es sie denn überhaupt gibt.

Infektion: Unter der Voraussetzung, dass der PCR-Test das Vorliegen des Virus darstellt: Der positive Test sagt nicht, ob eine Infektion aktuell vorliegt – eine solche kann auch vorgelegen haben, aber längst vorbei sein. Oder es lag gar überhaupt keine Infektion vor, denn der PCR-Test liefert zu einem nicht zu vernachlässigenden Prozentsatz „falsch positiv“! Darüber hinaus, können Infektionen nur festgestellt werden, wenn gemessen wird. Da nur über begrenzte Tests verfügt wird, wird es immer eine riesige Dunkelziffer an nicht erkannten Infizierten geben. Folge: Über die Gefährlichkeit des Virus kann nichts gesagt werden, denn diese ergibt sich aus dem Verhältnis der echten Coronatoten zu allen Infizierten.

Neuinfektion: Die Panikreaktionen zeigen: Längst hat sich im Bewusstsein der Bevölkerung festgesetzt, dass infiziert zu sein bedeutet, krank zu sein, gar todkrank zu sein. Medien und Politik spielen je nach politischen Absichten frei auf dieser schwammigen Begriffsklaviatur!

Coronatote: Ganz offen gab das RKI zu, dass es nicht unterscheidet zwischen „an“ bzw. aufgrund von Corona verstorben und lediglich „mit“ Corona verstorben. Das ist fatal. Bis heute wissen wir daher nicht, wie gefährlich Corona wirklich ist. Denn, wie gesagt, die Gefährlichkeit lässt sich allein an dem Verhältnis von echten Coronatoten zu den tatsächlich Infizierten ablesen. (Weshalb auch der Virologe als Virologe, starr auf sein Virus starrend, nichts über die Gefährlichkeit eines Virus sagen kann!) Und als echte Coronatote sind die „Coronatoten“ der RKI-Statistik eben gerade nicht erkannt.

Aufgabe der Politik: Güterabwägung

Wenn Covid-19 keine Seuche ist wie die Pest – und das ist Covid-19 nach den Studien guter Epidemiologen nicht –, dann darf die Politik auch nicht mit dem Vorschlaghammer vorgehen, das heißt, sie darf nicht alles – alles – unternehmen, um das Virus zu beseitigen. Dann muss die Politik ihrer eigentlichen Aufgabe nachkommen: Sie muss abwägen, muss vielleicht mit dem Risiko leben, nicht völlig das Virus eliminiert zu haben, sondern sie muss in ihre Entscheidungen die Folgen von Anticoronamaßnahmen einkalkulieren.

These: Die Regierung zog den autoritären Holzhammer vor.

Ethik und Corona

Heute gilt es als ganz selbstverständlich, dass sich der als Egoist verhält, der die verordneten Schutzmaßnahmen, insbesondere das Maskentragen, nicht penibel erfüllt: „Danke für Ihre Rücksichtnahme!“, heißt es dann, wenn man funktioniert. Das wird nun auch den Allerjüngsten mit ihrer Einschulung auf den Weg gegeben.

These: Anders herum stimmt die Ethik. Egoistisch verhalten sich diejenigen, die allen das sehr fragwürdige Maskentragen aufzwingen und damit keinerlei Rücksicht auf die Zukunft derer nehmen, die heute unter den Masken psychisch wie auch physisch zu leiden haben – und das sind nicht nur Kinder und Jugendliche.

Wo doch im Wesentlichen nur eine Risikogruppe von dem Coronavirus ernsthaft bedroht ist, und diese Gruppe ließe sich auch ohne allumfassende Einschränkungen schützen.

Dabei ließe sich auf die Studien der Psychologin Daniela Prousa verweisen oder auf die Befragung von 150 Kinderärztinnen (s. pronova BKK) und Kinderärzten: „Bei der Entscheidung über Einschränkungen zur Eindämmung der Pandemie dürfen auch die zum Teil gravierenden gesundheitlichen Folgen für Kinder nicht übersehen werden.“

Es spricht sehr viel dafür, dass die gesellschaftlichen Folgeerscheinungen der Maßnahmen für die Gesamtgesellschaft negativer sind als das Coronavirus selbst (s. den Auswertungsbericht aus dem Bundesinnenministerium des jetzt „freigesetzten“ Oberregierungsrats Kohn, abrufbar aus dem Internet).

Wissenschaftstheorie, Wissenschaftsgeschichte und Corona

Und zu guter Letzt als Folgerung aus den vorangegangenen Thesen:

These: Einfach nicht mehr testen!

Was ich während des Studiums der Chemie und Philosophie der Naturwissenschaften lernen durfte: Sehr, sehr oft, wenn die Wissenschaft über eine neue Entdeckung und ein damit verknüpftes Produkt jubelte, hatten Mensch und Natur allen Grund, aufzustöhnen.

Meistens priesen die Wissenschaften ihre Entdeckungen und deren Anwendungsmöglichkeiten bereits dann schon als Wohltat an, wenn beide noch gar nicht ausgereift waren. Und: Kleinkariert begeistert von ihrer Wissenschaft, verloren diese hochqualifizierten Fachleute jegliches Gefühl für mögliche Folgen ihres Tuns!

Nur ein kleiner Griff in die Kiste der Wissenschafts- und Technikgeschichte: in der Kunststoffchemie das Plastik und seine Anwendungen, die uns, unsere Kindeskinder und das Meeresleben auf alle Zeiten in Gestalt der Plastikmüllberge in und auf den Ozeanen beglücken; in der Agrochemie die Unzahl an Pestiziden, Herbiziden, Fungiziden und die vielen anderen -zide, wo das -zid ja schon zeigt, es geht primär ums Töten; in der Thermodynamik der Verbrennungsmotor, dessen Existenz zunehmend als Gefahr für Mensch und Natur erkannt wird; in der Mikrophysik die Entdeckung der Atomspaltung und der Kernfusion, deren „Nebenprodukte“ Kernenergie und Atombombe und Wasserstoffbombe die Menschheit an den Rand des Grabes befördert haben; in der Molekularbiologie der PCR-Test, der noch nicht reif ist, denn er ist nur zu Forschungszwecken zugelassen, nicht zu Diagnosezwecken, worüber sich die WHO großzügig hinwegsetzte und das Ding einfach mal auf den Markt ließ; in der Pharmakologie der nun herbeigesehnte Impfstoff, wobei es egal ist, dass dessen verantwortungsvolle Erforschung und Testung Jahre braucht – aber darüber setzt sich ja der Wissenschaftler in seiner Begeisterung für seine horizontlose Facharbeit hinweg: Der Erfolg jetzt zählt!

 

Bernd Lukoschik