Eindrücke – das Neubaugebiet Viernheim Franz-Schubert-Straße

Und da sitzt man nun den lieben langen Tag im Home Office in Zeiten von Corona und bei schlimmer Hitze und an der Ecke Franz-Schubert-Straße/Königsacker – und soll bzw. muss dort arbeiten und natürlich auch leben.

Derweil kommt ein Lastwagen nach dem anderen, bremst vor der Einfahrt zum Neubaugebiet, wartet mit laufendem Lastwagenmotor, bis die entgegenkommenden Autos vorbei sind, gibt gefährlich aufjaulend Gas, wobei er eine deftige Abgaswolke von sich gibt, biegt in die Franz-Schubert-Straße ein, mit Lastwagenmotorenlärm, wie gesagt.

Und vom Neubaugebiet her zusätzlich den ganzen Tag über Presslufthämmer und Planierraupenklänge plus Dieselabgase, mit laufendem Motor wartende Laster.

Und der Anwohner hockt inzwischen, wie gesagt, an der Straße, mit dem Empfinden, auf der Straße zu hocken, und will sich konzentrieren.

Na, na, sagt der Bauherr, ist doch bloß vorübergehend! Bis unsere Häuschen stehen werden!

Um sich beruhigen zu lassen, blickt also der Anwohner auf das Neubaugebiet. Und dient dies der Beruhigung?

Hier entstehen 50 Wohneinheiten gehobenen Standards. Das hört sich zunächst nicht so viel an. Wohnt man aber daneben, dann wird einem doch angst und bange. Spätestens wenn das Hochziehen bei der dritten Etage anlangt, wird einem doch mulmig. Hört das denn gar nicht auf mit dem Höhenwachstum? Schon ab Etage drei ist der Blick vom eigenen Balkon auf die Bäume des Tivoliparks für alle Zukunft versperrt. Und immer noch geht es aufwärts!

Und dann rechnet man doch mal nach: 50 Einheiten auf fünf Häuser verteilt ergibt 10 Wohnungen pro Haus. Woraus folgt: fünf Etagen.

Fünf Etagen! Und das in einem Wohngebiet, wo maximal drei Etagen das Äußerste der Gefühle darstellt. Üblich und das Wohngebiet prägend sind zwei Etagen plus Dachgeschoss. Und das gab dem Ganzen ein recht angenehmes und heimeliges Aussehen.

Wer war der einfühlsame Architekt dieses neuen Gebäudekomplexes? Es war sicherlich eine hohe Einfühlsamkeit in die zukünftigen Renditeerwartungen und Gewinnwünsche des Bauherrn, die den Architekten da geleitet hat! Sodass er fünf Gebäude hochziehen lässt, die dem Wohngebiet, was Wohnatmosphäre und Wohnqualität für die bereits dort Ansässigen angeht, den Garaus machen wird.

Aber damit nicht genug. Haben Bauherr und Architekt sich jemals Gedanken darüber gemacht, was diese neue Bebauung für den Autoverkehr in dieser Gegend bedeuten wird. 50 Wohnungen, das bedeutet mindestens 70/80 neue Pkws. Eher wohl 100, denn eine Familie mit weniger als zwei Pkws gilt ja heute schon als ärmlich.

Die werden jeden Morgen, wenn die Neuwohner aus der Sackgasse zur Arbeit fahren werden, an der Einfahrt zum Königsacker bremsen, warten, bis der Verkehr auf dem Königsacker nachlässt, dann Gas geben und auf den Königsacker einbiegen. Jeden Morgen 70/80 bis 100 zusätzlich zu den Pkws, die das jetzt schon tun, zur Beglückung derjenigen, die zu Hause bleiben.

Und dann zu Feierabend dieselbe Prozedur in der entgegengesetzten Richtung! Ganz zu schweigen von lautstarker spätabendlicher/nächtlicher Heimkehr an den Wochenenden.

Was das an zusätzlicher Lärmbelästigung und zusätzlichem Schadstoffausstoß bedeutet – das bedarf keiner großen Phantasie!

Allerdings einer Phantasie, die Bauherr wie Architekt nicht hatten – oder es war ihnen schlicht egal. Sind ja nur „Eingeborene“, die da um das Neubaugebiet bislang lebten.

Und „Eingeborene“ haben immer schon den Fortschritt, der ihnen von anderen verordnet wurde, schlucken müssen! Oder sie mussten eben weichen! Einige Eingeborene sind mir schon bekannt, die weichen werden!

 

Bernd Lukoschik