Corona und die Vermögensbewegungen

Fast möchte man lachen, wenn es nicht so zum Fürchten wäre. Vor wenigen Tagen gab der Chefredakteur der BILD-Zeitung folgende Verlautbarung von sich: „Nahezu alle Experten, denen wir uns in dieser Krise anvertrauen müssen, lagen mit nahezu jeder Einschätzung so falsch, dass unser Glauben an sie sich nur noch mit Verzweiflung erklären lässt. Sie haben das Tragen von Masken nahezu verhöhnt, jetzt ist es Pflicht …“ Es folgt eine ganze Liste der anfänglichen Einschätzungen des RKI, Dr. Drostens, der Bundeskanzlerin, des Gesundheitsministers, die der Chefredakteur ihnen nun um die Ohren schlägt.

Ob es Julian Reichelt nun darum geht, Wahrheiten vorzubringen oder nicht, ob er mit seinen heftigen Arttacken richtig liegt oder nicht, interessiert hier nicht weiter. Das weiß ja auch so ziemlich keiner mehr angesichts des tagtäglichen Zahlensalates zu den Coronaviren.

Interessant ist, dass die BILD-Zeitung innerhalb eines Tages nahezu eine 180-Grad-Wendung vollzieht. Noch bis vor ganz Kurzem diffamierte sie alle nicht regierungsamtlichen Deutungen der Coronakrise und die Vorschläge, wie mit ihr umzugehen sei, aufs Heftigste und Unappetitlichste. Die Wissenschaftler und Mediziner, die andere Sichtweisen vertraten, wurden als Populisten, als Verschwörungstheoretiker in den Boden gestampft, so heftig, dass man um deren Gesundheit fürchten musste. Und jetzt? Jetzt übernimmt Reichelt ebendiese Sichtweisen fast aufs Wort!

Dass es der BILD-Zeitung nicht so sehr um die Wahrheit geht, ist ja bekannt. Daher sind Hü-und-hott-Nachrichten, dass das, was heute gilt, morgen nicht mehr gelten muss, nichts Unübliches. Dennoch bleibt bestehen, dass auch neue Blicke eine Ursache haben müssen: Keine Wirkung ohne Ursache.

In diesem Jahr wurde KKR größter Aktionär beim Axel-Springer-Verlag. KKR (Kohlberg Kravis Roberts & Co) ist eine börsennotierte Beteiligungsgesellschaft, also eine sogenannte „Heuschrecke“. Ein Investor, der Firmen aufkauft, „gesund“ schrumpfen lässt, filetiert und die Einzelteile wieder verkauft. Am Ende des ganzen „produktiven“ Geschehens steht die Beteiligungsgesellschaft mit mehr Geld da, als sie zu Anfang in den Übernahmekandidaten gesteckt hat. Natürlich freue ich mich, dass sich KKR den Springer-Verlag ausgeguckt hat. Da aber KKR bislang nur etwa 45 % der Aktien hat, kann mit dem Filetieren nicht sofort begonnen werden. Bis dahin muss maximaler Profit erwirtschaftet werden, eben auch von Julian Reichelt.

Das Problem mit den staatlichen Maßnahmen gegen Corona liegt nun darin, dass mit dem Versammlungsverbot und dem Social Distancing auch Sportveranstaltungen verunmöglicht werden, insbesondere Fußballspiele. Und genau diese Fanereignisse bilden eine der bedeutendsten Einnahmequellen der BILD-Zeitung, füllt sie doch ihre Zeitung fast ausschließlich mit den Nachrichten über diese Sportereignisse, abgesehen von den paar nackten Mädels auf der ersten Seite. Ohne Sportnachrichten kein Zeitungsverkauf, ohne Zeitungsverkauf kein Gewinn für KKR. Also hat KKR als neuer Aktionär ein eminentes Interesse daran, dass endlich Schluss gemacht wird mit dem Versammlungsverbot.

Hinzu kommt, dass der KKR-Mitgründer Henry Kravis Mitglied der Republikanischen Partei ist und mit 1 Mio. Dollar Trumps Wahlkampf mitfinanziert hat, also auch hinter Trumps Absicht steht, Anfang Mai die USA weitflächig wieder zu öffnen. Und zur Öffnung gehört natürlich auch die Aufhebung der verschiedensten Versammlungsverbote. Alles passt!

Man darf gespannt sein, wie sich die Bundesregierung verhält. Da erst kürzlich Bill Gates der Regierung sein Lob ausgesprochen hat, kann vermutet werden, dass die Regierung den Gates’schen Interessen entspricht, zumal ja sowohl die Charité als auch das RKI und das Gesundheitsministerium von der Bill und Melinda Gates Stiftung finanziell gefördert werden. Hinter der BILD-Zeitung spitzen die Interessen der großen Finanzfirmen hervor. Wer spitzt hinter Gates hervor? Denn auch seine Stiftung kann ja nicht nur sponsern, sie muss auch über Aktienbeteiligungen Einnahmen generieren. Das herzliche Interesse Gates’ an den weltweiten Impfkampagnen, sein tiefes Interesse an der Digitalisierung des Gesundheitswesens, weltweit, seine Ambitionen für die Gentechnik – also seine Aktienbeteiligungen an Monsanto etwa oder an der Biometriefirma ID 2020, an Pharmaprojekten usw. – zeigen: Hinter Gates steht das sogenannte produktive Kapital aus Softwareunternehmen, Gentechnikfirmen, Pharmaindustrie.

Man wird sehen: Wer zieht die Deutung der Coronakrise und die Politik, wie mit ihr umzugehen sei, auf seine Seite – die Finanzindustrie in Gestalt der Hedgefonds oder das produktive Kapital in Gestalt der Pharma-, Biotech- und IT-Industrien?

Angesichts dieses Gerangels der verschiedenen Kapitalgruppen miteinander interessiert die Frage danach, was denn nun mit der Coronakrise los ist, gar nicht mehr!

 

Bernd Lukoschik