Bürgerenergiewende auf Vernemerisch

Viernheim (A.Huber) – Viernheim nennt sich vollmundig Brundtlandstadt, Klimastadt, Fahrradstadt, Infrastrukturgestalter, Nachhaltigkeitsdrehscheibe der Region, energieinnovativ, Aktivator, Motivator und Klimakommune Hessen“. In der Praxis bewegt sich diese Kommune allerdings weit unter ihren Möglichkeiten und wird ihren eigenen Ansprüchen nicht gerecht. Meine Erfahrungen bei der ehrenamtlichen  BürgerSolarBeratung zeigen, dass Viernheimer Gruppen und Bürger mit viel Herzblut oft schon viel weitere Wege gegangen sind. Zum Thema Solarstromanlagen hat z.B. die BürgerSolarBeratung unter dem Dach von Metropolsolar in der Region, ehrenamtlich, unabhängig und kostenlos bereits 230 Beratungsgespräche mit Ausarbeitung von Vorschlägen zu einer Photovoltaik-Leistung von über 2100kWp geführt. Dem Brundtlandbüro ist bezeichnenderweise die umfangreiche Ausarbeitung einer Beratung und der dafür nötige ehrenamtliche Zeiteinsatz immer noch unbekannt oder nicht von Interesse! Wo war die Unterstützung durch das Brundtlandbüro als es in Viernheim um die Umsetzung eines konkreten Sanierungsprojektes in Verbindung Photovoltaik und Wärme ging? Einfach Adressen und Flyer weitergeben ist nicht wertschätzend. 1998 haben sich ca. 30 Bürger in der Viernheimer-Solarstrom- GbR (VSG) zusammengeschlossen, um durch den Bau von PV-Anlagen auf Viernheimer Dächern, die Photovoltaik in Viernheim für die Öffentlichkeit populär zu machen und zu fördern. Ab 1999 haben wir weitgehend auf öffentlichen und kirchlichen Dächern 6 Anlagen installiert, finanziert und betrieben; mit Unterstützung der Stadt Viernheim. Jeweils nach Ablauf der 20-jährigen Vertragslaufzeit ist eine der Möglichkeiten, dass die Anlage in Eigentum des Dachinhabers für die nächsten 15-20 Jahre fast kostenlos Teile seines Stroms erzeugt. 

  1. Vernemer Szenario: Das Dach des Kindergarten Gänseblümchen war undicht; die PV-Anlage muss vom Dach und wird in einer Garage eingelagert. Nach 2,5-Jahren Reparaturzeit! (wer hat das bezahlt?) verkündet die Stadt: die Anlage bleibt vom Dach und legt für die Restlaufzeit lieber eine „Entschädigung“ von 12.393,70 € aus der Stadtkasse fest. Eine intakte Anlage die noch mindesten für die nächsten 15-20 Jahre für den Kindergarten jährlich ca.4500 kWh Strom fast kostenlos erzeugt hätte. Kleine Ergänzung: Diese Anlage haben wir dem Viernheimer Projekt Solidarische Landwirtschaft (SOLAWI) für die Montage auf deren geplantem Wirtschaftsgebäude überlassen. Die Landschaftsbehörde Heppenheim macht Schwierigkeiten, wenn die PV-Anlage vorher auf dem Feld aufgestellt wird um die Bewässerung der Gewächshäuser zu übernehmen. Deshalb erfolgt die Bewässerung seit letztem Jahr jetzt mit einem Dieselaggregat. Was meint eigentlich der Verantwortliche des Brundtlandbüros dazu? Über beide Vorgänge scheint er bezeichnenderweise auch trotz Mitgliedschaft bei (SOLAWI) nicht informiert zu sein. 2.Vernemer Szenario: Auf dem Dach des Seniorenheims Carlo-Mierendorff-Straße ist im September 2018 ebenfalls eine Komplettsanierung des Folien-Wannen-Dachs fällig. Wir demontieren die Anlage mit viel Eigenarbeit und Engagement. Dabei werden wir besonders vom Bau- und Liegenschaftsamt in verschiedenster Form immer wieder mit Hindernissen und Schikanen förmlich überschüttet: unbeantwortete Anfragen, Verzögerungen, Forderungen, Prüfungen nach der Prüfung, Eingriff in öffentliches Eigentum, Postzustellungsurkunde. Wie wird hier mit bürgerschaftlichem Engagement umgegangen? Die Anlage geht am 18.Dez 2018 in Betrieb. Auch hier bekommen wir am 22.1.19 ohne Gründe mitgeteilt, dass die Anlage 2023 nach Ablauf der Vertragszeit von der Stadt nicht übernommen wird sondern abgebaut werden muss. Unterschrieben auch vom Bürgermeister.  Beide Anlagen haben und hatten zusammen einen Stromertrag von nachweislich jährlich ca. 10.000 kWh und würden diesen Ertrag nach Ablauf der Laufzeit noch für 15-20 Jahre (fast) kostenlos an die Kita (Klimaanlage) und das Seniorenheim liefern. Nachgewiesenermaßen waren die Anlagen nicht an der Undichtigkeit der Dächer beteiligt. Die Betriebs-Haftpflichtversicherung der VSG hat der Stadt Viernheim mehrfach bestätigt, dass diese sowohl für Personen- Sach- und Einleitungsschäden aufkommt. Bei den Begehungen hat sich gezeigt, dass die Stadt nicht nur ihr Dachmanagement unbedingt auf den neusten Stand bringen sollte. Um dieses Management, das uns hier „betreut“ hat, beneide ich niemanden der einen Rathausumbau angehen möchte.  Wie verhält sich eigentlich das Brundtlandbüro zu diesen Vorkommnissen?  Um es kurz zu machen der Mitarbeiter wusste bezeichnenderweise von den Vorgängen nichts. Was meinen Viernheimer Bürger dazu?                                                                                                    3.Vernemer Szenario/ Ausblick: Wer kümmert sich in den nächsten Jahren um die in Viernheim immer größer werdende Zahl von Photovoltaik-Anlagebetreibern die vor der Frage stehen; wie weiter betreiben? Wer ist darüber mit dem Energieversorger im Gespräch?                                                                           Wer fördert und moderiert die Bürgerenergiewende in Viernheim und wo sind in die Zukunft gerichtete Nachfolgeprojekte? Die Energiewende ist ein bunter Strauß.                                                                                                                               Viernheimer Landwirte sollten zusammen mit engagierten Bürgern genossenschaftlich die Verwirklichung eines Biotop-Solarparks zur ortsnahen Produktion von grünem Strom angehen. In der Praxis gibt es dazu sehr gute Beispiele und Erfahrungen mit solchen ökologischen Anlagen. Neben der Biodiversität ist auch der energetische Ertrag um ein Vielfaches höher als bei Agrowirtschaft, der Boden muss nicht tod gespritzt werden, der grüne Strom kann ortsnah sehr kostengünstig erzeugt werden, die Wertschöpfung bleibt in Viernheim und es gibt gute Beispiele dafür, dass solche Anlagen der Natur Platz zur Entfaltung bieten.                                                                                                                                         Warum gibt es in Viernheim noch keinen Energiewendemonitor, der wie schon in Nachbarstädten üblich für jeden Bürger am PC einsichtig, zeitlich aktuelle Daten zum Stand der örtlichen Energiewende graphisch darstellt?                                                                                                                                                                  Es kann nicht sein, dass Bürgern bei Nachfrage beim Energieversorger zum Thema Photovoltaik-Steckermodule (Balkonmodule) dies als etwas unrentables ausgeredet wird! Auch wenn das den Stadtwerken manche Schweißsperle auf die Stirn treibt und manches Aufsichtsratsmitglied dabei noch Zwiespalt verspürt kann das nicht sein! Vielmehr wäre eine Förderung von PV-Steckermodulen durch die Stadt nötig, um auch Mieter stärker an der Bürgerenergiewende teilhaben zu lassen!                                                                                                      Wo sind die Brundtland-Ansprüche im Baugebiet Schmittsberg geblieben? Warum sind im Baugebiet Bannholzgraben II Konzepte die den Klimawandel betreffen, wie z.B. Energie-Management?  Wärmemanagement? und Dachbegrünung?, nicht konsequent auf die Zukunft ausgerichtet. Ein abgeschlossenes Baugebiet das schon in der Planung und Vergabe viele weitreichende und vielfältige Pilot-Möglichkeiten bietet, sollte auf zukünftige Anforderungen ausgerichtet sein.

Jedes Kilowatt selbst erzeugter grüner Viernheimer Strom bedeutet einen Gewinn an Wertschöpfung für die Bürger Viernheims. Durch die stetig steigende CO² Abgabe gewinnt das in Zukunft eine noch viel größere Bedeutung. Viernheim selbst muss in Zeiten des Klimawandels alle seine Möglichkeiten die es vor Ort hat auf den Prüfstand stellen. Da genügt es nicht wenn die Stadtwerke anderen Windräder vor die Nase bauen; wenn Bürgerberatungen in Sackgassen führen oder Handwerker nach gestrigen Mustern Heizungsanlagen installieren. Viernheim hat eigene Stadtwerke mit einem eigenen Netz, verbunden mit greifbaren Möglichkeiten in diesem disruptiven Geschäftsbereich. Bei der Umsetzung deren eigenen PV-Anlagen hätte sich die Inanspruchnahme einer BürgerSolarBeratung  sicher positiv auf die sichtbaren Schwierigkeiten ausgewirkt.  Das an den Tag gelegte Tempo (Ladesäulen, E-Auto, PV, Wärme, Digitalisierung….) ist viel zu langsam und zu wenig innovativ.                                                                                                                 

Viernheim braucht einen öffentlichen Klimatisch der Konzepte, Ziele und konkrete Aufgaben zusammenbringt. Das Erreichte und die Zwischenstände müssten monatlich/vierteljährlich veröffentlicht werden. Am runden Tisch wären zunächst Bürgermeister, Brundtlandbüro, Stadtwerke und Mitarbeiter ausführender Stellen gefordert sowie aktive Bürger und Gruppen. Das was Viernheim an Ressourcen hat sollte zusammengebracht werden. Das Brundtlandtbüro mit seinen inzwischen 5-Klimamanagern muss hier und in Sachen Bürgerenergiewende unbedingt stärker in die Pflicht genommen werden.  Viernheim muss entscheiden auf welchem Weg es die Klimaziele einhalten will und dabei muss die dezentrale Bürgerenergiewende und die Generierung des Mehrwerts vor Ort eine zentrale Rolle spielen.