Nun scheint es endlich so weit zu sein: die Leiter kommt! Wieder einmal wird versucht, mit den Methoden von vorgestern, die Probleme von heute zu lösen und man denkt, damit gut in die Zukunft zu kommen. Liest man die Beschlussvorlage für den Ausschuss Umwelt, Energie, Bauen (Stadtentwicklung, Agenda 21) muss es sich um die eierlegende Wollmilchsau handeln. Dann wird alles besser: die Verkehrssicherheit, insbesondere für nicht-motorisierte Verkehrsteilnehmer sowie die uneingeschränkte Zufahrtsmöglichkeit für Rettungsfahrzeuge, des Verkehrsflusses und der Parkraumsituation. Alles in einem Paket.

Nach einer Bürgerversammlung mit reichlich Gegenwind und wohl mehreren Ortsbegehungen mit den Anwohnern hat sich der ursprüngliche Vorschlag des Stadtrats zwar nicht wirklich verändert, aber immerhin waren die Bürger eingebunden. Nur zu was eigentlich? Um ihre Kritik zu äußern, die dann wie genau berücksichtigt wurde? Wenn man die Bürger hier ernst genommen hätte, wäre die Leiter verworfen worden.

Die Verkehrssicherheit soll also besser werden. Die Autos fahren nun in den betroffenen Straßen nur noch in eine Richtung. Da mit Gegenverkehr nicht mehr zu rechnen ist, kann man schneller fahren. Verkehrsfluss ist also verbessert. Gut. Die Verkehrssicherheit auch? Oder müssen wir dann weitere Schilder, Bodenwellen und 10-Km/h-Zonen ertragen und natürlich bezahlen?

Die Parkraumsituation soll verbessert werden? Wie genau geschieht das? Entsteht durch die Neuregelung ein einziger Parkplatz mehr? Oder wie genau definiert der erste Stadtrat wohl „Verbesserung der Parkraumsituation“?

Und dann das Argument der „uneingeschränkten Zufahrtsmöglichkeiten für Rettungsfahrzeuge“. War diese denn bisher nicht gewährleistet? Hat die Stadtverwaltung die Bürger die letzten Jahre sehenden Auges gefährdet und hier nichts getan? Die Zufahrt für Rettungsfahrzeuge ist für mich das Argument, welches tatsächlich zählt. Feuerwehr und andere Rettungskräfte müssen zu jeder Zeit zu jedem Ort der Stadt kommen können. In Folge dessen dürfen die Ränder von Kreuzungen nicht zugeparkt werden, sonst kommen die großen Fahrzeuge nicht mehr durch. Verständlich. Wenn nun aber erst die Leiter dafür sorgt, dass dies geschehen kann, ist in der Vergangenheit wohl etwas gehörig schief gelaufen. In der Ludwigstraße wird als Neuestes kontrolliert und bestraft, dass kein Fahrzeug entgegen der Fahrtrichtung parkt. In der Ludwigstraße, die eh nur einspurig befahren werden kann! Gleichzeitig wurde nicht gewährleistet, dass die Feuerwehr hier um die Kurve kommt? Da setzt wohl jemand seine Prioritäten falsch.

Der kürzeste Weg zwischen zwei Punkten ist die Gerade. Für den Innenstadtbereitch gilt dies nicht mehr. Hier gilt: in Viernheim ist der kürzeste Weg zwischen zwei Punkten die Leiter! Der Verkehr wird zwangsläufig zunehmen, denn um dann nach Hause kommen oder von zu Hause loszufahren, nimmt man nun zwangläufig den Umweg durch die Nachbarschaft. Die Ludwigstraße war in der Vergangenheit eine relativ ruhige Straße. Aufgrund „der Leiter“ werden wir nun die Bewohner der Nachbarstraßen kennenlernen, weil die müssen nun bei uns durch. Naja, dafür können sie nun schneller fahren, es kommt ja nun kein Gegenverkehr mehr. Wenigstens der Verkehrsfluss ist verbessert.

Nach einem Jahr soll Bilanz gezogen werden. Sozusagen als Probezeit. Wie soll denn festgestellt werden, ob sich das System bewährt hat oder nicht? Gibt es irgendwelche Messkriterien für die Bemessung der Erreichung der oben genannten Ziele? Hat irgendwer mal gemessen, wie viel Verkehr denn durch welche Straßen geführt wird? Dann könnten wir vorher und nachher vergleichen. Wird die Belastung durch Schadstoffe irgendwo gemessen? Dann könnten wir vergleichen. Wir können auch die Bürger fragen, ob sich was verbessert hat. Was ist wenn das Bürgerurteil negativ ausfällt? Dann bauen wir die ganzen schönen neuen Schilder und alles wieder ab? Ich bin sicher, dass die Verantwortlichen zu dem Schluss kommen werden, dass die neue Regelung super ist. Ein Erfolg der Aktion ist nicht definiert, messen kann man nichts und zum subjektiven Bürgerurteil steht schon im Beschluss, dass sich die Situation für einzelne Bürger verschlechtern wird. Das werden dann grad die sein, die sich beschweren.

Dafür tragen alle Bürger Viernheims dann die Kosten. Apropos Kosten: was kostet der Spaß eigentlich? Im Beschlussvorschlag steht dazu nichts. Ist vielleicht besser so.

Es werden Probleme gelöst, die gar keine sind und dabei gleich ein paar neue aufgeworfen. Von einer Idee für die Zukunft, einer Vision für die Stadt, von einer Verbesserung der Lebensqualität, von Ideen für das Zusammenleben in der Stadt für die Zukunft sehe ich nur wenig. Haben wir eigentlich keine anderen Probleme? Früher wurden wir mal Brundtlandstadt. Seitdem ruhen wir uns darauf aus. Schade, dass da nicht mehr geht!

Wolfram Theymann
Ludwigstraße