Mykhaylo Kotlyarsky berichtet über die Bedeutung und den Ablauf in der jüdischen Gemeinde

Jom Kippur oder „Jom haKippurin (hebr.) „Versöhnungstag“ ist der höchste Feiertag im jüdischen Jahreskalender. Er gilt nach der Hebräischen Bibel als der „Sabbat der Sabbate“ („Schabbat Schabbaton“), ein Sühnetag, bei dem es um die Versöhnung mit Gott aber auch mit allen Menschen geht, mit denen man sich im Laufe des letzten Jahres zerstritten hat.

Viernheim (Dr.GBaltes) – Jom Kippur ist ein „radikaler Fasttag“, wie es Paul Spiegel, der ehemaliger Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, genannt hat.

Mykhaylo Kotlyarsky, der Vorsitzende des Jüdischen Kulturvereins in Viernheim und Mitglied des Forums der Religionen, beschreibt diesen großen Tag im jüdischen Jahreskreis, der in diesem Jahr anders begangen wird wie üblich.

„In diesem Jahr finden die Gebete unserer Mitglieder wegen der Corona-Pandemie nur on-line statt, wir hören und sehen uns nur auf diese Weise. Normalerweise besuchen unsere Vereinsmitglieder an Jom Kippur einen Gottesdienst in der Synagoge in Mannheim. Zentraler Ort ist in diesem Gottesdienst das Gebet von Izkor. Izkor ist ein Dankgebet für die Verstorbenen. Es wird dabei auch der getöteten Soldaten der israelischen Armee gedacht. Während dieses Gebetes müssen diejenigen, die ihre Eltern am Leben haben, den Saal verlassen.

Zusammen mit dem jüdischen Neujahrsfest Rosch Haschana bildet Jom Kippur die traditionellen Hohen Feiertage des jüdischen Glaubens.  Das Versöhnungsfest ist für gläubige Juden das, was für gläubige Christen Ostern ist: der höchste Feiertag des Jahres.   

Im gregorianischen Kalender fand Jom Kippur 2020 am 28. September statt.

 An dem Tag wird der dem Glauben nach unzertrennlichen Verbindung des jüdischen Volkes zu Gott gedacht. Das Fest geht nach gängiger Meinung auf das Babylonische Exil der Israeliten zurück. Im dritten Buch Mose heißt es: „Am zehnten Tage des siebenten Monats sollt ihr fasten und keine Arbeit tun, weder ein Einheimischer noch ein Fremdling unter euch. Denn an diesem Tage geschieht eure Entsühnung, dass ihr gereinigt werdet; von allen euren Sünden werdet ihr gereinigt vor dem Herrn.“            

Jom Kippur beginnt wie alle Feiertage im Judentum am Vorabend  und endet am Sonnenuntergang des nächsten Tages. Gläubige Juden fasten vom Beginn des Festes am Vorabend bis zum nächsten Abend. Dann sind weder Essen noch Trinken erlaubt. Jom Kippur ist zugleich der Abschluss von zehn Bußtagen, die mit dem Neujahrsfest, Rosch Haschana, beginnen. 

Der Gottesdienst in der Synagoge dauert den ganzen Tag, die Betenden tragen weiße Kleidung und eine weiße Kopfbedeckung. Zum Ende des Tages erklingt das Schofar, das Widderhorn. Der Versöhnungstag schließt mit den Worten: Das kommende Jahr in Jerusalem (beSchana haba Biruschalajim).

Nach dem Fasten wird ein festliches Mahl eingenommen.“

Nach Abschluss der „Zehn Tage der Umkehr“ beginnt man sich auf ein neues Fest vorzubereiten, nämlich Sukkot, das „Laubhüttenfest“ – ein Freudenfest. Aber das ist wieder eine andere Geschichte.

Mykhaylo Kotlyarsky