Für saubere Baustellen mit fairen Löhnen: Bruno Walle. Der Vorsitzende der
IG BAU Rhein-Main will, dass illegale Praktiken auf dem Bau keine Chance
mehr haben. Er setzt dabei auf die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) des Zolls.
Foto: IG BAU | Alexander Göbel

Bergstraße/Frankfurt (IG Bau) – Schwarze Schafe auf dem Bau: Die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) hat kriminelle Praktiken auf Baustellen beklagt. So habe das Hauptzollamt Darmstadt, das auch für den Landkreis Bergstraße zuständig ist, allein im ersten Halbjahr des vergangenen Jahres in der Region insgesamt 291 Ermittlungsverfahren im Baugewerbe eingeleitet. Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) deckte bei ihren Kontrollen vor allem illegale Beschäftigung, Sozialbetrug und Mindestlohnverstöße auf. Insgesamt habe die vom Darmstädter Zoll ermittelte Schadenssumme durch nicht gezahlte Steuern und Sozialabgaben auf dem Bau rund 12,9 Millionen Euro betragen, so die IG BAU Rhein-Main.
Im Vergleichszeitraum des Vorjahres leitete das Hauptzollamt Darmstadt 260 Ermittlungsverfahren auf dem Bau ein. Die Baugewerkschaft beruft sich dabei auf Zahlen, die das Bundesfinanzministerium auf eine Anfrage des Bundestagsabgeordneten Bernhard Daldrup (SPD) zur Kontroll-Bilanz des Zolls auf dem Bau mitgeteilt hat.
„Die hohe Zahl der Ermittlungsverfahren zeigt, dass kriminelle Methoden auf dem Bau auch in unserer Region zum Alltag gehören. Die tatsächlich aufgedeckten Verstöße sind
nur die Spitze des Eisbergs“, so der Bezirksvorsitzende der IG BAU Rhein-Main, Bruno Walle. Neben den vielen „sauber arbeitenden Unternehmen“ gäbe es noch immer
unseriöse Firmen, für die Lohndumping und illegale Beschäftigung bei Bauaufträgen zum Geschäftsmodell gehörten. Und Walle warnt vor einer weiteren Zunahme illegaler
Machenschaften: „Die hohe Inflation, steigende Bauzinsen, hohe Material- und Energiekosten – alles führt zu einem wachsenden Kostendruck auf dem Bau. Unseriöse
Chefs werden deshalb jetzt erst recht versuchen, ihre Kosten durch Lohndumping zu senken. Und sie werden sich noch mehr Tricksereien einfallen lassen, um Steuern und
Sozialabgaben zu hinterziehen. Dadurch geraten Arbeitgeber, die sich an den Bau- Tarifvertrag halten, weiter unter Druck.

Vor diesem Hintergrund fordert der IG BAU Bezirksverband Rhein-Main deutlich mehr Kontrollen und eine stärkere Präsenz des Zolls auf den Baustellen. „Auch im Kreis
Bergstraße wollen wir ‚saubere Baustellen‘. Der Staat muss sicherstellen, dass kriminelle Praktiken auf Baustellen keine Chance mehr haben.“ Zudem müssten auffällig gewordene
Firmen von der öffentlichen Auftragsvergabe ausgeschlossen werden. „Wir brauchen ein ‚Sündenregister für Schwarzarbeit‘ – eine öffentliche Kartei, in der die Betriebe aufgelistet
werden, deren Geschäftsmodell auf illegaler Beschäftigung und Lohnprellerei beruht“, so Walle.