Viernheim (Dr. Gerd Baltes) – Das Wort „Fron“ – ohne „h“ – hat nichts mit „Fröhlichkeit“ zu tun; „frôn“ kommt aus dem Mittelhochdeutschen und bedeutet „Herr“ oder „den Herrn betreffend“. Historisch steht das Wort im Zusammenhang mit den Bauern, die für ihre Landherren die Arbeit zu erbringen hatten: der „Frondienst“. Da „Herr“ im Deutschen immer auch Gott meinen kann, war auch der „Gottes-Dienst“ berührt: deshalb kann „vrône“ sogar „heilig, göttlich“ heißen. Selbst „frönen“ kommt von da her, denn das Mittelhochdeutsche „vronen“ bedeutet „dienen“: Wer seinem Hobby „frönt“, „dient“ seinem Hobby, und dem ist es – mit Leib und Blut – „heilig“.

 

Doch wie kommt man nun von „Arbeit“ und „Dienst“ zu „Fest und Fröhlichkeit“? – Die Frage ist immerhin berechtigt, wenn man sich anschaut, wie Fronleichnam begangen wurde und wird. Es ist in den meisten römisch-katholischen Gegenden ein gesetzlicher Feiertag. Im Jahr 1264 wurde es zum ersten Mal zelebriert, hat also eine sehr lange Tradition, die obendrein über Jahrhunderte hinweg recht stabil blieb. Und es ist ein buntes Fest, an dem der Sommer zur Geltung kommt: reich mit Blumen und Sträuchern geschmückt, mit Prozessionen und Gottesdiensten unter freiem Himmel, je nach Region gibt es besondere Brauchtümer. Im Mittelpunkt steht die Verehrung des „Leibes des Herrn“. Vollständig heißt es: „Hochfest des Allerheiligsten Leibes und Blutes Christi“; auch: „Prangertag“, „Blutstag“ oder „Corpus Christi“ (im Englischen). Es geht um die Feier der bleibenden leiblichen Gegenwart Jesu Christi im Sakrament der Eucharistie, bei der die Gemeinde an Jesu Tod und Auferstehung Anteil nimmt und so zur Kirche wird.

 

Fronleichnam steht in engem Kontakt zum Gründonnerstag, dem Tag des „Letzten Mahles“ Jesu mit seinen Jüngern. Das „Letzte Mahl“ wurde zum Vorbild der Eucharistie im Christentum – und die Eucharistie ist das zentrale Ereignis jeder Form von Kirche-Sein.

Weil es in der vorösterlichen Karwoche aber ruhig zugehen soll, hat man die Feierlichkeit zu einem anderen Zeitpunkt nachgeholt. Dass dieser nach Pfingsten liegt, ist nur ein Aspekt, der darauf verweist, dass Fronleichnam vor allem ein zutiefst römisch-katholisches Fest ist. Das hat viel mit der Theologie dahinter zu tun, besonders mit der Lehre vom Abendmahl. Die Kirchen der Reformation, aber auch die Orthodoxen oder die Alt-Katholischen Kirchen kennen das Fest, in dieser Form jedenfalls, nicht. Letztere sind der Meinung, dass Jesus Christus nur im Moment des Abendmahls selbst leiblich anwesend ist. Anders sehen das eben die Römisch-Katholischen, die deshalb den geweihten Hostien (im Tabernakel) besondere Ehre erweisen. Wer sich für dieses, theologisch tiefe, Thema weiter interessiert, der fragt am besten mal seine/-n jeweilige/-n Religionsvertreter/-in!

 

Wo das, was das Göttliche und Heilige im Kern ist, das eigene Sein als Religionsgemeinschaft betrifft, dort ist Anlass zum Staunen, zum Dienst und zum Feiern! – In der bleibenden Gegenwart Jesu Christi begründet sich die Kirche. Das ist ein ökumenischer Anknüpfungspunkt für alle Christen; wenngleich man gerne darüber streiten darf, wie „greifbar“ oder „anschaulich“ diese bleibende Gegenwart sein mag. – Dass Gott bleibend in dem gegenwärtig sein soll, was man in der jeweils eigenen Religion „tut“, ist etwas, das wohl auch andere Religionen gut nachvollziehen können. – Und spätestens dies, dass viele Menschen sich nach Nähe zum Göttlichen sehnen, verweist vermutlich auf den tieferen Sinn, dessentwegen es sich lohnt zu erfahren, worum es bei Fronleichnam geht.

Daniel Benz (Dipl.-Theol.)

Das „Viernheimer Forum der Religionen“, das den interreligiösen Dialog im Gemeinwesen pflegt, entstand aus einem Beteiligungsforum der Stadt Viernheim im Jahr 2014. Mittlerweile ist das Forum eines der acht Handlungsfelder der „Steuerung der Viernheimer Integrationsarbeit“ unter dem Vorsitz des Bürgermeisters Matthias Baaß.