Geduld üben

Foto: Dr. I. Dannemann

Noch 18 Tage sind es bis Weihnachten. Es ist noch genug Zeit, um alles schön zu machen. Gleichzeitig eröffnet uns jedes Türchen, das wir am Adventskalender öffnen, schon einen kleinen Vorgeschmack auf das Fest.

Wie in jedem Jahr müssen wir es auch jetzt wieder lernen, uns in Geduld zu üben. Geduld, das ist eine Tugend, eine Eigenschaft, eine Fähigkeit, die sich durchaus trainieren lässt. Kinder sind noch nicht geduldig. „Sind wir schon da?“, fragen sie auf jeder längeren Autofahrt. Auch für Erwachsene ist das mit der Geduld eine schwierige Angelegenheit. Auch sie hätten manches lieber jetzt gleich.

Wir alle mussten in diesem Jahr zu Expertinnen und Experten auf dem Gebiet der Geduld werden. Unser Leben war ganz erheblich eingeschränkt. Am Anfang haben wir die Situation mit viel Langmut gemeistert. Aber nach ein paar Wochen ging den ersten die Geduld aus. Und jetzt wird unsere Geduld auf eine harte Probe gestellt.

Schon der Jakobusbrief spricht von der Geduld (Jak 5,7-8): Geduldet euch nun, meine Schwestern und Brüder, bis Jesus kommt! Auch diejenigen, die vom Acker leben, erwarten die kostbare Frucht der Erde so, dass sie sich gedulden, bis die frühen oder die späten Früchte reif sind. Geduldet auch ihr euch, stärkt das Denken, Fühlen und Wollen eurer Herzen, denn Jesus kommt bald!

Wir hören diesen Text in der Adventszeit, also im Warten auf das Fest der Geburt Jesu. Die christliche Gemeinde damals dachte, dass das Wiederkommen Jesu auf die Erde unmittelbar bevorstünde. Aber das Erwartete traf nicht ein. Mit jedem Tag, der verging, wurde es unerträglicher zu warten. Die Geduld der Menschen wurde hart geprüft. Der Jakobusbrief will sie unterstützen und mahnt sie, in ihrer Geduld nicht nachzulassen.

Er hat dafür auch einen Tipp: „Stärkt Euer Denken.“ Wir würden heute sagen: „Positiv denken! Nicht nur auf das Schwere schauen.“ Das gute Denken kann trainiert werden, wie Muskeln durch Bewegung trainiert werden. Ich kann meine Gedanken lenken. Wenn ich das Gute suche, finde ich es meist auch, und sei es nur eine wohltuende Kleinigkeit. Es hilft mir, wenn ich mit Optimismus auf mich und mein Leben schaue.

Geduld ist eine weise Lehrmeisterin. Wir können das, geduldig sein. Wir haben es in diesem Jahr in vielfältiger Weise erfahren. Wir werden auch in Zukunft fähig zur Geduld sein.

Ein anderes Wort für Geduld ist Langmut: einen langen Mut aufbringen. So möge der Mut, der lange aushält, bei uns bleiben, nicht nur, wenn wir auf das Weihnachtsfest warten. Geduld sei unsere Ratgeberin an all unseren Tagen.

Ihre Pfarrerin Dr. Irene Dannemann, Evangelische Christuskirchengemeinde, Bezirk Friedenskirche