Stadtwerke Weinheim trennen sich von altem Wasserwerk in der Waidallee – Setzrisse erfordern Abriss – bis 1971 im Dienst der Wasserversorgung

Altes Wasserwerk.
Foto: Stadt Weinheim

Weinheim (Stadt Weinheim) – Mächtig stolz sind die Weinheimer Bürger auf ihr neues Wasserwerk gewesen, als es im Wirtschaftswunderjahr 1952 in Betrieb genommen wurde: Denn von da an bekam jeder Haushalt wieder ausreichend Wasser – auch in den Außenbezirken der rasant wachsenden Stadt. Die Stadtwerke Weinheim hatten in der Waidallee, im Gewann Allmend, ein zweites Wasserwerk errichtet; das erste aus dem Jahr 1891 konnte den stark steigenden Bedarf seit Langem nicht mehr umfänglich stillen. Jetzt naht das endgültige Aus für das unscheinbar beige, von starken Setzrissen gezeichnete Überbleibsel aus der Wirtschaftswunderzeit: Am Dienstag kommt der Bagger. Und mit ihm verschwindet dann auch der verschnörkelte Schriftzug „Altes Wasserwerk“ am Giebel, der transportiert, dass das Gebäude schon eine ganze Weile nicht mehr im Dienst der Wasserversorgung war.

Das Weinheimer Trinkwasser kommt heute vom Wasserwerk Hemsbach des Wasserzweckverbands Badische Weinstraße, den die Städte Weinheim und Hemsbach 1967 gegründet haben; später kam noch Laudenbach hinzu.

Vier Brunnen und eine Filteranlage

Das „Alte Wasserwerk“ versorgte die Weinheimer Einwohnerschaft bis November 1971 mit Wasser. Zwanzig Jahre lang pumpte es Rohwasser aus vier Brunnen, die jeweils 25 Meter tief waren. Maximal 1.500.000 Liter konnten pro Jahr aus den Brunnen gefördert werden; sie sind inzwischen verfüllt und ihre Standorte von oben schon längst nicht mehr erkennbar. Heute – im Jahr 2020 – liegt der Trinkwasserbedarf Weinheims bei rund 3.000.000 Litern, also bei der doppelten Menge.

Das aus den Brunnen des Alten Wasserwerks geförderte Grundwasser enthielt Mangan und Eisen; sie sind der Gesundheit nicht abträglich, verfärben aber das Wasser und verändern den Geschmack. Deshalb hat man die Stoffe bei der Aufbereitung des Wassers entzogen. Das geschah über eine damals hochmoderne Belüftungsanlage und Filter aus Quarzsand. Dieses Verfahren wird heute noch angewendet. Auch im jetzigen Wasserwerk Hemsbach werden die beiden Stoffe auf diese Weise entfernt.

Mehr Druck und ein großer Hochbehälter

Mit dem zweiten Wasserwerk schuf die Stadt 1952 die Voraussetzung für eine mittelfristig zuverlässige Versorgung ihrer Bürgerinnen und Bürger. Jetzt galt es, mit dem Leitungsnetz nachzuziehen und es ebenfalls bedarfsgerecht auszubauen. Damals war das Leitungsnetz 120 Kilometer lang. Heute unterhalten die Stadtwerke Weinheim ein Netz, das 240 Kilometer umfasst und über das die Menschen in Weinheim und Gorxheimertal ihr Trinkwasser ins Haus geliefert bekommen.

Durch das anhaltende Wachstum der Stadt kam jedoch auch dieses System schon bald wieder an Grenzen. Bereits Ende der 1950er-Jahre reichte der Rohrleitungsdruck im bestehenden Verteilsystem nicht mehr aus, alle Gebäude ausreichend zu bedienen. Die Hochbehälter Rottenstein und Judenbuckel mit Fassungsvermögen von je 480 Kubikmetern wurden zu klein. Die Stadt war wieder gezwungen zu handeln: Um die Trinkwasserversorgung zu sichern, baute sie 1960 einen weiteren Hochbehälter; er steht im Kastanienwald und ist heute noch in Betrieb.

Dieser Hochbehälter symbolisiert auch den Beginn des modernen Zeitalters der Wasserversorgung. Es ist der erste Weinheimer Hochbehälter, der aus zwei Behälterkammern besteht. Diese liegen in Ringen umeinander. Insgesamt fassen die beiden Kammern 5.000 Kubikmeter Wasser, den halben Tagesbedarf Weinheims. Zudem sind im Gebäude zwei Druckerhöhungsanlagen installiert. Über diese werden die Gebiete versorgt, die über dem Wasserspiegel des Behälters liegen.

Ablösung und neues Leben   

Als das Wasserwerk Hemsbach 1967 in Betrieb ging, nahm das Alte Wasserwerk seinen Abschied und ging in Pension. Seither diente es den Stadtwerken Weinheim als Lager. Starke Setzrisse lassen eine weitere Nutzung des Gebäudes nicht zu. Die Stadtwerke sagen deshalb „bye-bye“ und verabschieden sich von einem Stück Wassergeschichte. Auf der Fläche wird neues Leben entstehen. Die Stadtwerke Weinheim prüfen derzeit, wie sie am besten genutzt werden kann. 

Die Geschichte der Wasserversorgung in Weinheim

 

1870Versorgung über Pumpbrunnen und Gebirgsquellen.

Transport über hölzerne Deuchelleitungen

18909. Dezember 1891 Einweihung des ersten Wasserwerks in Weinheim

mit 7 Brunnen und einer Förderleistung von 700.000 Kubikmeter

Wasser pro Jahr. 

1951Bau des zweiten Wasserwerks in der Waidallee („Altes Wasserwerk“)

mit 4 Brunnen und einer Förderleistung von 1.500.000 Kubikmeter

Wasser pro Jahr.

1960Bau des Hochbehälters „Kastanienwald“ mit einem Speichervolumen

von 1.500 Kubikmeter Wasser in zwei Kammern, die ringartig

umeinander angeordnet sind. Einbau von Druckerhöhungsanlagen.

1967Gründung des Wasserzweckverbands Badische Bergstraße;

Mitglieder sind die Städte Weinheim und Hemsbach sowie Laudenbach

1967Bau des interkommunalen Wasserwerks Hemsbach mit 8 Brunnen

und einer Förderleistung von 5.800.000 Kubikmeter Wasser (diese wird

noch nicht gebraucht). Ein 9. Brunnen wird demnächst gebaut.   

1967Bau einer 6,8 Kilometer langen Transportleitung vom Wasserwerk

Hemsbach nach Weinheim.

1977Bau des Hochbehälters „Holzweg“, notwendig geworden durch

die Gemeindereform und Eingemeindung von 10 Orten.

Er fasst 2.000 Kubikmeter.

2007Gorxheimertal wird Gesellschafterin der Stadtwerke Weinheim.

Seither versorgen die Stadtwerke auch diese Gemeinde mit Wasser

2016Beginn des Baus einer zweiten Transportleitung vom Wasserwerk

Hemsbach nach Weinheim (Redundanz, Erhöhung der Sicherheit)