Bouma Bazie aus Burkina Faso informierte die Mitgliedern und Paten von FOCUS e. V.
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Foto: Focus

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Viernheim (Focus) – Fast 100 Mitglieder und Paten waren der Einladung des Vereins FOCUS e. V. in den Treff im Bahnhof (TiB) gefolgt. Über zwei Stunden folgten sie den informativen, aber stets spannenden und zeitweise faszinierenden Ausführungen von Bouma Bazie, des Lehrers für Metalltechnik und Deutsch aus Koudougou in Burkina Faso. Er spricht perfekt Deutsch, am liebsten mit Frankfurter Slang. Bouma Bazie hat seine Kindheit in einem kleinen Dorf verbracht und ist deshalb mit den Sitten und Gebräuchen seines Landes bestens vertraut. Als zwanzigjähriger Stipendiat hatte er die Chance, bei der damaligen Fa. Höchst AG in Frankfurt eine Ausbildung als Industriemechaniker zu absolvieren und sich dabei nicht nur die Fachkenntnisse in Metalltechnik, sondern auch die deutsche Sprache hervorragend angeeignet.
Kommunale Entwicklungszusammenarbeit seit fast 25 Jahren
Bouma Bazie hielt sich auf Einladung des Viernheimer „Afrikavereins“ FOCUS in Deutschland auf. Während seines 14tägigen Aufenthalts informierte er über 700 Schülerinnen und Schüler in Schulen in Viernheim und der Region zum Alltagsleben der Menschen in Burkina Faso. Viernheim pflegt schon seit fast 25 Jahren eine „Städtepartnerschaft“ mit Silly, eine der armen ländlichen Regionen in Burkina Faso. Bouma Bazie konnte von unzähligen Begebenheiten aus dem Alltagsleben der Menschen in Silly berichten. Die tägliche Hauptmahlzeit besteht aus To, d. h. Hirse- oder Maismehl wird in kochendes Wasser eingerührt, bis es einen festen Brei ergibt. Dazu tragen die Mädchen und Frauen auf dem Kopf das Wasser in Behältern mit 30 bis 40 Litern (Kilogramm!) von den Brunnen und Wasserlöchern in die oft weit entfernten Gehöfte. Ein Vater und somit der Chef der Familie würde nie auf die Idee kommen, sich selbst Trinkwasser aus einem zentralen Gefäß zu holen, sondern er beauftragt eines seiner Kinder oder seine Ehefrau damit. Leider wird immer noch verunreinigtes Wasser aus selbstgegrabenen Wasserlöchern getrunken. Das verursacht im besten Falle Magenschmerzen, es führt aber insbesondere bei den Kindern zu Krankheiten wie Typhus, Cholera und Bilharziose.
120 Schüler in einer Klasse sind keine Seltenheit
In seiner Berufsschule fühlt sich Bouma Bazie privilegiert, da er lediglich 70 bis 80 Schüler in einer Klasse hat. Grundschulklassen mit bis zu 120 Schülern sind keine Seltenheit. Er musste zugeben, dass manchmal nur mit Schlägen auf Finger und Po die notwendige Disziplin in einer Klasse herzustellen ist.
Im Gegensatz zu anderen afrikanischen Ländern ist die Naturreligion ein verbindendes Element für die 60 verschiedenen Ethnien in Burkina Faso. „Meine Mutter und meine Brüder sind katholisch, meine Cousins sind Muslime, ich bin evangelisch, trotzdem fühlen sich alle Burkinabé verbunden durch die Naturreligion, der z. B. mein Vater angehört“, so Bouma Bazie.
Auswirkungen des Klimawandels sind spürbar
2017 war ein schwieriges Jahr für die Bevölkerung von Silly. Die Regenzeit im Sommer war kurz und nicht sehr ergiebig. Die Ernte war schlecht und die Nahrungsmittel im Folgejahr bis Sommer 2018 knapp. Viele Kinder und Erwachsene mussten Hunger leiden. Da Geld für einen Bauern nur generiert werden kann, wenn Getreide auf dem Markt verkauft wird, wurde so manche der stets zahlungspflichtigen Behandlungen in der Gesundheitsstation zurückgestellt, mit allen Folgen für den Kranken. „Zum Glück war die Regenzeit im Sommer 2018 ergiebig, so dass dieses Jahr eine gute Ernte zu erwarten ist. Trotzdem sind die Auswirkungen des Klimawandels eindeutig festzustellen: Die Temperaturen steigen zeitweise auf unerträgliche 50 Grad und die Regenzeiten sind tendenziell kürzer. Starke Stürme unbekannten Ausmaßes entwurzeln Bäume, die Regenfälle sind punktuell so heftig, dass sie die Früchte auf den Feldern und sogar die die Lehmhäuser wegschwemmen“, so Bouma Bazie.
Aktion „Ein Kind – ein Baum“ gestartet
Während seiner Vorträge zum Alltagsleben der Menschen in Burkina Faso kam Bouma Bazie aus Koudougou stets auf das aktuelle Projekt „Ein Kind – ein Baum“ zur sprechen, das die Stadt Viernheim, der „Afrikaverein“ FOCUS und die Friedrich-Fröbel-Schule Viernheim in Zusammenarbeit mit der Kommune und den Schulen von Silly aktuell durchführen. Inzwischen (November 2018) wurden bereits 4.000 Bäume an den Schulen angepflanzt. „ Bei meinem letzten Besuch in Silly sah ich schon viele Reihen von Obstbäumen an den Schulen stehen. Die Kinder zeigten mir voller Stolz ihre Bäume, für die sie nun persönlich verantwortlich sind“, so Bouma Bazie. Bei dem einzigartigen Projekt, angeregt durch den Schulinspektor Souleymane Daraga, werden in den nächsten Jahren von den Schülerinnen und Schülern der Grund- und weiterführenden Schulen in Viernheims Partnerregion Silly über 10.000 einheimische Obstbäume gepflanzt. Bereits in wenigen Jahren werden große Mengen von Zitronen, Angelos (Kreuzung aus Mandarinen und Grapefruits), Guaven, Zimtäpfel, Mangos, Cashews und die Früchte der Moringabäume als wertvolle Ergänzung der Schulspeisung zur Verfügung stehen. Durch das Wachstum der Bäume wird als „klimatischer Nebeneffekt“ eine große Menge an CO2 gebunden.
Unterstützung durch das Bundesministerium
Die Anpflanzung von Obstbäumen hat in Burkina Faso keine Tradition. Somit mussten die Lehrer erst in Lehrgängen fortgebildet werden, wie sie den Schülern das Wässern, das Düngen mit Kompost und das Zurückschneiden der Obstbäume im projektbezogenen Unterricht vermitteln. Im Vorfeld wurden alleine in den letzten beiden Jahren über 20 handbetriebene Brunnen an den Schulen gebohrt, um die Wasserversorgung der Bäume in den ersten Jahren sicherzustellen.
Begleitet und unterstützt wird das Projekt von der Servicestelle Kommunen in der Einen Welt (SKEW) der Engagement Global in Kooperation mit der Landesarbeitsgemeinschaft Agenda 21 NRW (LAG 21 NRW), finanziert durch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung im Rahmen der Klimapartnerschaft zwischen Viernheim und Silly. „Dazu reicht es nicht aus, einfach Geld zu sammeln und Bäume zu kaufen. Die Zuschüsse des Bundesministeriums für ein „Klimaprojekt“ dieser Dimension erhält man erst, wenn man ein umfassendes und in sich schlüssiges Konzept vorlegt, in dem Maßnahmen wie Brunnenbohrungen, Lehrerfortbildungen und projektbegleitende Unterrichtsmodule exakt und evaluierbar beschrieben sind“, so Manfred Weidner vom Verein FOCUS, der den Abend im TiB moderierte. „Bereits für 10 EUR können Sie einen Obstbaum mit Gitter als „Fressschutz“ gegen freilaufende Tiere spenden. Machen Sie den Kindern in Silly die Freude“, ergänzte Bouma Bazie.
Weitere Infos zum Verein FOCUS e. V.
www.focus-viernheim.de, IBAN: DE29 5095 1469 0003 0279 87 bei der Sparkasse Starkenburg