Gedenkstätte für Viernheimer Jüdinnen und Juden

Grabsteine von Babette und Isaak Weißmann aus Viernheim auf dem jüdischen Friedhof in Hemsbach.
Foto: Stadt Viernheim

Viernheim (Stadt Viernheim) – Der jüdische Friedhof in Hemsbach ist seit mehr als 300 Jahren letzte Ruhe- und Gedenkstätte für viele Jüdinnen und Juden aus Hemsbach und weiteren jüdischen Gemeinden in der Region, darunter auch Viernheim. Mit mehr als 1000 Gräbern gilt er als einer der größten erhaltenen jüdischen Friedhöfe in Baden-Württemberg. Erstmals erwähnt wurde er 1678.

1716 schloss sich eine jüdische Gemeinde aus Viernheim mit anderen jüdischen Glaubensgemeinschaften (aus Dossenheim, Feudenheim, Großsachsen, Hemsbach, Ilvesheim, Ladenburg, Laudenbach, Lampertheim, Leutershausen, Lützelsachsen, Schriesheim und Weinheim) zusammen und gründete mit diesen eine sogenannte „Begräbnisbruderschaft“. Von ihr wurde in der seinerzeit kleinen Landgemeinde Hemsbach der jüdische Friedhof zur gemeinsamen Nutzung finanziert.

1868 stellte die hiesige jüdische Gemeinschaft einen Antrag auf kostenlose Überlassung von Gelände, um in Viernheim einen eigenen Friedhof zu errichten. Der Antrag wurde vom damaligen Gemeinderat abgelehnt. Andere jüdische Gemeinden konnten späterhin eigene Friedhöfe eröffnen. Daher nutzten seit der Wende in das 20. Jahrhundert neben Viernheim nur noch Großsachsen, Hemsbach, Leutershausen, Lützelsachsen und Weinheim den jüdischen Friedhof in Hemsbach. Die letzten Beerdigungen wurden 1940 kurz vor der Deportation der Juden aus Baden vorgenommen. Erstaunlicherweise hat der Friedhof die Zeit der Verfolgung und der Vernichtung der Juden unbeschadet überstanden.

Die extremen Witterungsverhältnisse der letzten Jahre mit starker Trockenheit und starken Stürmen haben auf dem Friedhof schwere Schäden angerichtet, Gräber und Grabsteine wurden stark beschädigt. Die Stadt Hemsbach sieht sich in der Notlage, dass dort 300 Bäume, darunter 144 besonders stark windbruchgefährdete Eschen, gefällt werden müssen, bevor die Bäume bei den zu erwartenden Herbst- und Winterstürmen weiteren Schaden anrichten. Dies erfordern die Verkehrssicherungsmaßnahmen, denen auch die Stadt Hemsbach unterliegt.

Schwierige Geländeverhältnisse sowie der geringe Abstand zwischen den einzelnen Grabsteinen erschweren die Fällung der Bäume beträchtlich und führen für die notwendigen Maßnahmen zu Gesamtkosten von ca. 100.000 Euro. Ein Landeszuschuss ist seitens der Hemsbacher Stadtverwaltung beim Land Baden-Württemberg bereits beantragt, der Verein „Ehemalige Synagoge Hemsbach“ spendet zusätzlich 10.000 Euro. Um das Vorhaben in der heutigen Zeit realisieren zu können, bittet die Stadt Hemsbach zusätzlich die umliegenden beteiligten Kommunen um eine Spende. Daher hat der Magistrat in seiner Sitzung beschlossen, dass die Stadt Viernheim die anstehende Erhaltungssanierung des jüdischen Friedhofs ebenfalls mit 10.000 Euro bezuschusst.

Bürgermeister Matthias Baaß bekräftigt den Beschluss gerade im Hinblick auf die bevorstehende Reichspogromnacht, in der am 9. November 1938 die Ausschreitungen gegen Juden ihren vorläufigen Höhepunkt erreichten. „Der jüdische Friedhof in Hemsbach ist ein einzigartiger Gedenkort jüdischer Geschichte und jüdischer Schicksale. Er hat für Viernheim eine hohe Bedeutung, da dort alle in Viernheim wohnhaften Juden begraben wurden, soweit sie nicht in den Konzentrationslagern umgekommen sind oder überlebt haben.“

 

1993 ließ die Stadt Hemsbach eine Dokumentation erstellen, in der alle lesbaren Grabsteine erfasst und einige Inschriften aus dem Hebräischen übersetzt wurden. Für den Zeitraum von 1873 bis 1940 wurden 71 Personen für Viernheim nachgewiesen. Das Stadtarchiv Viernheim unterstützte das damalige Vorhaben mit eigenen Recherchen zu Lebensdaten der betreffenden Personen.

 

Leider können zurzeit keine Besuche und Führungen auf dem Friedhof stattfinden. Wegen der Gefahr des Windbruchs ist der Friedhof bis auf Weiteres gesperrt. Mit der Sanierung soll der Friedhof allen Besuchern schnellstmöglich wieder zugänglich gemacht werden.