Interessengemeinschaft Pro Schinene Weschnitztal- und Überwaldbahn: „Bahntrasse Weinheim – Viernheim erhalten“
Viernheim (sg) – Verkehrswege sind die Lebensadern einer Region. Sie müssen langfristig gesichert werden und das selbstverständlich auch über Kreis- und Ländergrenzen hinweg. Insbesondere Schienenwege sind bedroht. Sie werden nach einer Stilllegung oft zweckentfremdet, überplant und zugebaut, so dass Verbesserungsmöglichkeiten für den Schienenverkehr verloren gehen.
Zurzeit richten sich die Begehrlichkeiten von Grundstücksspekulanten anscheinend wieder einmal auf die stillgelegte Bahntrasse Weinheim – Viernheim. Zum Hintergrund: Die Strecke liegt etwa zur Hälfte in Baden-Württemberg und zur Hälfte in Hessen. Die Trasse liegt auf der Gemarkung der drei Kommunen Weinheim, Heddesheim und Viernheim. Vor allem für das hessische Viernheim bietet sie für zukünftige Fortentwicklungen des Schienenverkehrs enormes Potential, zum einen für eine Innenerschließung der Stadt Viernheim und zum anderen als Teil einer anzustrebenden Schienenverbindung Mannheim – Viernheim – Weinheim – Fürth. Hier sieht die Raumplanung, sowohl auf hessischer wie auf baden-württembergischer Seite, eine sogenannte „Entwicklungsachse“. I
m Allgemeinen verläuft eine Entwicklungsachse entlang einer Schienenstrecke. Wenn nicht, sollte eine Bahnverbindung entlang der Entwicklungsachse angestrebt werden, nach Möglichkeit eine durchgehende und umsteigefreie Verbindung. Wohl auch um die Strecke Weinheim – Viernheim für zukünftige Nutzungen zu erhalten, hatte das Land Hessen 2004 einer Zwischennutzung zugestimmt und die Ertüchtigung der Strecke für kombinierten Güterverkehr zwischen Viernheim und Weinheim finanziell unterstützt.
Das viel beachtete und viel gelobte Projekt der Viernheimer Spedition Pfennig endete leider früher als gedacht, weil ein Großkunde Pfennig den Vertrag kündigte und die Spedition danach nach Heddesheim umzog. Seitdem liegt die Strecke still und wie so oft wird jetzt – in aller Unschuld – erst einmal die Idee eines Radwegs in die Diskussion gebracht, auch wenn einige dabei ganz anderes im Sinn haben mögen.
Es kursieren Gerüchte kursieren die Stadt Weinheim wolle die Bahnstrecke, bzw. Teile der Strecke, kaufen um die Entwidmung der zu betreiben. Wen stört denn die Widmung der Trasse? Und wieso? Könnte die direkte Nachbarschaft des Neubaugebietes „Hintere Mult“ dabei eine Rolle spielen? Solange die Trasse gewidmet ist, darf sie nicht überplant und überbaut werden. Auf einer gewidmeten Bahntrasse, egal in welchem Zustand sie ist – ob mit oder ohne Schienen – kann ohne aufwendige Verwaltungsverfahren wieder eine Eisenbahnstrecke eingerichtet werden.
Die DB-Tochter DB Immo hat in den letzten Jahrzehnten in vielen, vielen Fällen auch gewidmete Strecken und Streckenteile verkauft. Schließlich soll sie ja eine gute Bilanz vorweisen. Aufpassen, dass nicht zu viel verkauft und zu viel entwidmet wird, müssen Länder und Kreise, bzw. Behörden, wie Regional- und Raumordnungsverbände und auch die Verkehrsverbünde und Verkehrsgesell- schaften. Um gewidmete Verkehrsflächen als solche zu erhalten und vor Spekulanten und deren Entwidmungsabsichten zu schützen kaufen oft auch Kommunen und Landkreise stillgelegte Bahngelände der DB ab.
Mit genau dieser Absicht, die Verkehrsfläche des Bahnhofs Viernheim als solche zu schützen und nicht in falsche Hände fallen zu lassen, hatte auch Viernheim das Bahnhofsgelände DB Immo abgekauft. Genauer gesagt, die Stadtwerke Viernheim kauften. Nicht nur Viernheim, sondern vor allem der Kreis Bergstraße als Aufgabenträger des schienengebundenen Nahverkehrs im Kreis muss Interesse daran haben, diese bedrohte Strecke für mögliche zukünftige Verwendung als Bahntrasse zu erhalten. Der Kreis muss sich darum kümmern, dass kostbare Optionen auf Verbesserungen von Verkehrsverbindungen erhalten bleiben und nicht wegen kurzsichtiger Profitinteressen zerstört werden.
Der Kreis, bzw. eine Infrastrukturgesellschaft im Besitz des Kreises (wie z.B. die gGmbH Überwaldbahn), könnte die ganze Strecke erwerben, wenn DB Immo sie zum Verkauf anbietet. In anderen hessischen Landkreisen gibt es kreiseigene Nahverkehrsgesellschaften, die auch Infrastrukturunternehmer sind, und solche Aufgaben wahrnehmen. Es wäre ein Skandal, wenn die Strecke zerteilt und stückweise verkauft würde und so Verbesserungen im Bahnverkehr verhindert würden. Viernheim, die zweitgrößte Stadt des Kreises, ist zurzeit unzureichend an das Schienennetz angebunden. Eine Anbindung mit einer S-Bahn wäre angemessen. Es besteht aber nur eine „tangentiale“ Anbindung durch die RNV-Linie R5: Die ehemalige OEG fährt nur am Rande an Viernheim vorbei. Das ist sicher besser als gar nichts, darf aber nicht als Dauerzustand hingenommen werden.
Die in der Diskussion stehende Trasse Weinheim-Viernheim hingegen erschließt das Stadtzentrum Viernheim ideal, ebenso das Neubaugebiet Bannholzgraben. Ein Ausbau des Schienenpersonennahverkehrs im Kreis Bergstraße ist dringend nötig und es gibt dafür sicher eine Reihe verschiedener Möglichkeiten, über die im Einzelnen intensiv nachgedacht werden muss und die sorgfältig gegeneinander abgewogen werden müssten. Es ist höchst bedauerlich, dass es für das Gebiet des Kreises Bergstraße bislang keine ernsthaften Überlegungen zu Verbesserungen des SPNV gibt, keine Machbarkeitsstudien vorliegen, denen dann Planungen und Realisierungen folgen können.
Im Kreis Bergstraße wird z.B. ein ergänzendes Zubringerschienennetz gebraucht, das das Umland mit dem normalspurigem Netz der DB verbindet und auch der S-Bahn Rhein-Neckar Kunden zuführt. Von Experten wurde verschiedentlich angeregt das OEG-Netz dafür auszuweiten und im Kreis Bergstraße zu einer „Regio-Tram“ auszubauen. Die Fahrzeuge der Überlandstraßenbahnen sind leichter und nicht so schnell wie die Fahrzeuge der S-Bahnen, aber dafür sind sie billiger. Die Regio-Tram kann aber deshalb auch Gebiete erschließen, die andernfalls abgehängt würden.
Möglicherweise würde mit einem solchen ergänzendes Schienennetz auch die Zukunft der Nebenstrecken im Kreis gesichert werden können. Das betrifft die Nibelungenbahn und die Weschnitztalbahn und Überwaldbahn. Sehr erfolgreiche Beispiele für solche Zubringer-Schienennetze wurden in Kassel, Saarbrücken, Heilbronn und Karlsruhe verwirklicht. Hier zeigten sich deutlich positive Wirkungen auf Wirtschaft und Gesellschaft. Abwanderung aus dem Umland wurde gestoppt. Dort stiegen auch die Grundstückspreise wieder und Firmen siedelten sich auch dort an. Trotzdem wurden die Straßen entlastet.