Geplante Ausstellung muss verschoben werden – Digitaler Streifzug durch Ausstellung auf www.viernheim.de möglich

: Haben sich sehr viel Mühe gemacht und 200 Jahre Hessische Verfassungsgeschichte in einer Ausstellung und einem Katalog zusammengetragen (v. l.) Geschichtsforscher Herbert Kempf und Fachbereichsleiter Rúnar Emilsson.
Foto: Stadt Viernheim

Viernheim (Stadt Viernheim)Anfang des 19. Jahrhunderts erhielt das Großherzogtum Hessen erstmals ein Parlament und seine gewählten Abgeordneten traten in Darmstadt zusammen. Am 17. Dezember des Jahres 1820 wurde die Verfassung von Ludwig I. erlassen und genau vor 200 Jahren, am 21. Dezember 1820, kam es zur endgültigen „Verfassungs-Urkunde des Großherzogtums Hessen“. Eine für Viernheim bedeutsame mitwirkende Person an dieser ersten Verfassung ist der ehemalige Viernheimer Bürgermeister Edmund Bläß (1816-1822), der Mitglied der zweiten Kammer des Landtages des Großherzogtums Hessen war.

Das Amt für Kultur, Bildung und Soziales mit Rúnar Emilsson, Fachbereichsleiter für Musik, Kunst und Kultur, thematisierte diese Entstehungsgeschichte gemeinsam mit dem Viernheimer Geschichtsforscher Herbert Kempf in einer sehr spannenden und informativen Ausstellung, die aufgrund der Corona-Pandemie mehrfach verschoben und bis jetzt noch nicht eröffnet werden konnte. „Mit der Ausstellung wollen wir auf die traditionellen demokratischen Werte aufmerksam machen und diese gleichzeitig verteidigen“, so Emilsson. Die Ausstellung beinhaltet eine Sammlung von Kartenmaterial, Urkunden und Schriftstücken und sind Exponate aus der Privatsammlung von Herbert Kempf, der sich mit dem Thema sehr intensiv auseinandergesetzt hat. Begleitend zur Ausstellung wurde auch eine Broschüre mit Abbildungen von Dokumenten und Landkarten erstellt, die nun als Alternative zur Ausstellung einen digitalen Streifzug durch 200 Jahre Hessische Verfassungsgeschichte ermöglicht. Zu sehen ist der Ausstellungskatalog auf www.viernheim.de. Sobald es die Situation erlaubt, soll die Ausstellung, die seit einiger Zeit in der KulturScheune aufgebaut ist, auch öffentlich zugänglich sein.

In seinem Grußwort hebt der Hessische Ministerpräsident Volker Bouffier das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland und die Verfassung des Landes Hessen als Grundlage für das Gemeinwesen und das staatliche Handeln hervor. „Sie garantieren die Würde des Menschen, seine Grundrechte und die Souveränität des Volkes“.

 Diese Werte zu verteidigen, bliebe ein immerwährender Auftrag. Gerade heute gelte es wieder, couragiert, mit Mut und Zuversicht für die demokratischen Grundwerte einzutreten und gegen Hass, Hetze und Ausgrenzung Stellung zu beziehen.

Norbert Schmitt, der 2018 als damaliger Landtagsabgeordneter an der Änderung der Verfassung des Landes Hessen mitwirkte, bezeichnet die heutige Hessische Verfassung als eine der mordernsten Verfassungen der Bundesrepublik Deutschland. „Eine Verfassung, die die Lehren aus zwei Weltkriegen gezogen hat und mit ihrem freiheitlichen und sozialem Anspruch wegweisend war und ist.“ Daher sollten 200 Jahre Hessische Verfassungsgeschichte Mahnung und Ansporn zugleich sein, für die Werte der deutschen Demokratie, für Frieden, Freiheit, Rechtsstaatlichkeit, für Solidarität und soziale Gerechtigkeit einzutreten.

Bürgermeister Matthias Baaß bedankt sich in seinem Grußwort ausdrücklich bei dem Viernheimer Historiker Herbert Kempf und Fachbereichsleiter Rúnar Emilsson für die Zusammentragung dieser Ausstellung, die allen sehr beeindruckende und spannende Einblicke in die Vergangenheit und Entwicklung der politischen Auseinandersetzungen in Deutschland und Europa gewährt.

Ausstellung 200 Jahre Hessische Verfassungsgeschichte

Am Beginn und am Ende dieses Zeitraumes lag Europa in Trümmern: Anfang des 19. Jahrhunderts nach den napoleonischen Kriegen und am Ende, 1945, nach der nationalsozialistischen Willkürherrschaft. Beide Male ging es darum, eine neue, tragfähige politische Ordnung zu schaffen. Dazwischen lagen das Abenteuer der Paulskirchenverfassung, die Reichsgründung nach dem deutsch-französischen Krieg und 1918 mit dem Abschied von der Monarchie und dem Übergang zur republikanischen Staatsform. Der Kampf um die Grundrechte, das allgemeine und gleiche Wahlrecht und die Beteiligung der Bürger am politischen Prozess bestimmten diese Entwicklung. Aus den einzelnen Teilen Hessens, die zum Teil auf ganz unterschiedliche politische Traditionen zurückblickten, wurde eine neue Einheit, das Land Hessen. Vorbild waren Frankreich und die Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika 1787. So zeigt diese Ausstellung ein Stück Demokratiegeschichte, die zum Teil vergessene Spuren des politischen Fortschritts im Bundesland Hessen wieder deutlich werden lässt.