Viernheim (MR) – „Schrecken ohne Ende“ – „kommunalpolitische Geisterfahrt“ – dies sind die stimmungsbildenden „Argumente“, mit denen Herr Hofmann die derzeit laufende Vorbereitung der Sanierung des Rathauses belegt. Diesen „Argumenten“ will er mit der Aufzählung seiner vor einigen Jahren ausgeübten öffentlichen Ämtern besonderes Gewicht und Autorität verleihen und dem Ganzen einen besonders seriösen Anstrich geben. Den er aber leider dann nicht einlöst. 

Die Sanierungsvariante ist nicht vom Himmel gefallen. Sie waren das Ergebnis eines intensiven Diskussionsprozesses, in dem viele Varianten, auch (Teil-) Abriss, wirtschaftlich verglichen wurden. Auch die nun wieder sogenannte „beste Lösung“ war mehrfach in der Diskussion, konnte jedoch nie überzeugen. So scheiterten Gespräche mit potentiellen Investoren u.a. an den verkehrlichen Gegebenheiten unserer Innenstadt, Lebensmittel- und Drogeriemärkte zeigten kein Interesse. Viele scheuten auch die hohen Kosten einer bei einem Neubau erforderlichen Tiefgarage. Dazu kommt die Herrn Hofmann sicher bestens bekannte Grundstückssituation um das Rathaus mit Erbbaurechten und Nutzungsvereinbarungen. Bei realistischer Betrachtung lösen allein schon die damit verbundenen Entschädigungszahlungen und die zu erwartenden Abrisskosten die von ihm erwarteten Einnahmen in Luft auf. Dann wird ein namensloser Experte zitiert, der mal so nebenbei die Kosten für einen Bau eines technischen Rathauses taxiert. Wie dies finanziert werden soll, erfahren wir nicht, von den mit Hofmanns Lösung verbundenen Auswirkungen auf Veranstaltungen in der Innenstadt (Kerwe, Stadtfest u.ä. ) ganz zu schweigen.

In der Tat, die Vielfalt der städtischen Immobilien stellt die Kommunalpolitik immer wieder vor Herausforderungen. Das Rathaus, in den 60er Jahren gebaut, ist meines Wissens die einzige Immobilie, bei der seither nur „Löcher gestopft“ wurden. Diese Sanierung war immer wieder geschoben worden, wurde dann aber von den Stadtverordneten 2009 beschlossen. 2011 lag die Entwurfsplanung vor, doch wurde die Maßnahme mit Blick auf die zu erwartenden deutlichen Fehlbeträge im Haushalt weiter auf Eis gelegt. Unter finanziellen Aspekten war dies damals folgerichtig, ist es aber wirklich überraschend, dass zehn Jahre später die unbestreitbar notwendige Sanierung deutlich umfangreicher und teurer wird? Zumal wenn sie in einem Umfeld geplant wird, in dem durch den aktuellen Bauboom in kürzester Zeit erhebliche Preissprünge zu verzeichnen sind? Glaubt aber denn jemand ernsthaft, dass diese Entwicklungen die Kosten für einen Neubau nicht ebenso nach oben drücken? Darüber hinaus sind Probleme im Baubestand (Fassade, Dach, Tiefgarage) bei angespannter Haushaltslage auch mit erheblichen Risiken für den finanziellen Handlungsspielraum unserer Stadt verbunden. Und auf die anhaltenden Belastungen der Mitarbeitenden der Verwaltung durch inakzeptable Arbeitsplätze muss ich sicherlich nicht gesondert eingehen.

Nach der letzten Kommunalwahl und der eingehenden Bewertung möglicher Handlungs-alternativen hat letztlich die Sanierung des bestehenden Gebäudes eine deutliche Mehrheit in der Stadtverordnetenversammlung gefunden. Auf Basis dieses Beschlusses wurden die Planungen aus 2011 zunächst aktualisiert, danach Bauantrag und Ausführungsplanung beauftragt. Zwischenzeitlich sind Ingenieurverträge für Tragwerksplanung und Technische Gebäudeausstattung abgeschlossen, der Bauantrag soll in den nächsten Wochen eingereicht werden. Die für diese Planungsarbeiten notwendigen Mittel von rd. € 2 Mio. wurden durch die Stadtverordnetenversammlung im Rahmen der Haushaltsberatungen 2019 und 2020 mit großer Mehrheit bewilligt. Die Beschlüsse zur Weiterführung der Planung im Ausschuss erfolgten einstimmig. Ende des Jahres sollen die bepreisten Leistungsverzeichnisse über alle Gewerke vorliegen, damit erst kann eine möglichst realistische Einschätzung der Kosten vorgenommen werden. Es wird noch zu klären sein, ob das Risiko der Ausschreibung durch die Vergabe an einen Generalunternehmer reduziert werden kann. 

Was die Finanzierung der Sanierung anbelangt, verbietet sich für einen ehemaligen Bürgermeister die von Herrn Hofmann nahe gelegte Verquickung mit der zwingend durch Gebühren gegenfinanzierten Kanalsanierung. Wer dann suggeriert, die in Rede stehenden Kosten von 20 Mio. € seien nur durch neue Schulden zu finanzieren, verkennt die Wahrheit: Über die Zuwendung von € 2,9 Mio. für passivhausähnlichen Standard können auch Mittel der Hessenkasse (€ 5,5 Mio.), Investitionsfondsdarlehen und Erlöse aus dem Verkauf von Grundstücken zur Finanzierung herangezogen werden. Insofern reduziert sich die notwendige Kreditaufnahme erheblich. Stand heute müssen bei pessimistischer Betrachtung dann ca. € 6 Mio. an Krediten aufgenommen werden. Diese Kreditaufnahme bedarf jedoch der Zustimmung der Kommunalaufsicht und dafür werden wir uns im Interesse der Sanierung des Rathauses mit allen Kräften einsetzen. 

Ich kann versichern: die Rathaus-Sanierung ist eine finanzielle Herausforderung, aber kein Abenteuer, sie ist mehr als notwendig, längst überfällig und wird serös vorbereitet und kalkuliert. Auch wenn man die Sanierungsvariante in der Sache nicht für richtig hält, sollte man dies zumindest den aktuell verantwortlichen Mitgliedern der kommunalen Gremien nicht absprechen.    

Martin Ringhof

Vorsitzender des Planungsausschusses Rathaus