Foto: Dr.Michael Meister

Bergstraße  (Dr.Michael Meister) – Anlässlich des Weltfrauentages nahmen die Leiterinnen der Selbsthilfegruppe Lipödem Südhessen Kontakt zu Dr. Michael Meister auf und baten ihn um ein Treffen, um auf die Missstände und Ansatzmöglichkeiten bei der chronischen Erkrankung Lipödem aufmerksam zu machen und in den Austausch zu kommen.

Es gab im Juni 2023 hierzu eine Anhörung im Bundestag. Leider verliefen viele der dort vorgestellten und angedachten Maßnahmen bisher im Sand. Dr. Meister nahm sich viel Zeit und hörte aufmerksam zu. Er zeigte sich betroffen, wie stark diese Erkrankung das Leben und die Möglichkeit der Teilhabe und der Berufstätigkeit einschränkt und mit welchen Herausforderungen die betroffenen Frauen und ihre Familien auf vielen Ebenen zu kämpfen haben.

Er war sehr interessiert und alle Anwesenden waren mutig und öffneten sich auch mit Details ihrer persönlichen Erfahrungen rund um die Erkrankung.

Vereinbart wurde, dass im Nachgang eine Konkretisierung der möglichen Ansatzpunkte in der Region zum Thema Stärkung der Erwerbsfähigkeit, Einbindung von Schwerbehindertenvertreter:innen in Firmen, sowie der Integrationsfachdienste und Versorgungsämter bezüglich des Grad der Behinderung und anderer Ansatzpunkte zur Vernetzung und Aufklärung des Krankheitsbildes erfolgen wird.

Außerdem wird Dr. Meister das Thema auch auf Bundesebene weiter nachhalten, um dringend notwendige Maßnahmen zu forcieren. Dies betrifft – neben der Kostenübernahme der notwendigen Behandlung durch die Krankenkassen, die aufgrund einer noch laufenden Studie momentan nicht beeinflussbar ist- vor allem die Aufklärungsmöglichkeiten in der Gesellschaft und bei Ärzten sowie dringend notwendige Forschung zur Erkrankung.

Zum Schluss sagte Dr. Meister, er habe sich zwar im Vorfeld informiert, die Dimension der Einschränkungen durch diese Erkrankung und die hohe Zahl an betroffenen Frauen anders eingeschätzt.

Lipödem – über die Erkrankung

Es handelt sich um eine chronische und progedient verlaufenden Stoffwechsel-Krankheit. Betroffen sind ca. 5-10 % aller Frauen. Die Krankheit ist wenig bekannt. Diagnose und Versorgung sind oft falsch oder zu spät. Neben einer drastischen Veränderung der Körperlichkeit (Wucherung des Unterhaut-Fettgewebes vorrangig an Beinen und Armen) ist die Krankheit mit starken Schmerzen belastet. Es wird kaum dazu geforscht.

 

Es gibt eine genetische Disposition. Die Erkrankung verschlechtert sich bei hormonellen Veränderungen und die durchschnittliche Zeit bis zur Diagnose liegt bei über 15 Jahren. In dieser Zeit verschlechtert sich das Leid meist drastisch, die betroffenen Frauen werden stigmatisiert als „fett, faul und empfindlich“ bezeichnet und oft nicht ernst genommen. Dadurch sind sekundäre Krankheiten wie Verschleiß der Gelenke durch Fehlstelllungen aufgrund der Volumenzunahme und psychische Erkrankungen (jüngere Frauen eher Ess-Störungen, ältere Frauen eher Depression) weit verbreitet.

Konservative Therapie kann den Verlauf im besten Falle aufhalten und Schmerzen lindern. Leider sind die notwendigen Therapien schwer verfügbar (Manuelle Lymphdrainage, Flachstrickkompression an Beinen und Armen) und mit hohem Zeitaufwand verbunden.
Die operative Therapie, die Volumen und Schmerzen deutlich reduziert, wird nur selten von den Krankenkassen übernommen. Eine Studie dazu läuft bis Ende 2024 und die Frauen erhoffen sich danach endlich eine Übernahme der Kosten. Viele verschulden sich und müssen zwischen 15.000 bis 25.000 Euro selbst aufbringen, um am Leben teilhaben und arbeiten zu können.

Selbsthilfegruppe Lipödem Südhessen                                                                                                                         

Die Selbsthilfegruppe wurde 2019 von Claudia Effertz gegründet. Sie ist selbst im höchsten Stadium betroffenen. Ziel ist es, sich auszutauschen, zu stärken und anderen Frauen den langen Leidensweg zu ersparen. Sie selbst bekam die Diagnose erst nach 14 Jahren Odysees und war damals von Erwerbsunfähigkeit bedroht. Durch viel Konsequenz, Ausdauer und inzwischen 7 Operationen kann die selbständige Beraterin wieder Vollzeit arbeiten.
In der Gruppe sind über 300 Frauen organisiert, die sich an jedem 1. Freitag im Monat in Darmstadt und an jedem 2. Freitag im Monat in Heppenheim treffen und viele gemeinsame Aktivitäten durchführen. Dazu gehören Vorträge und Workshops zum Umgang mit der Erkrankung, Aqua-Gymnastik, Drachenboot fahren mit anderen SHG’en aus ganz Deutschland und die Durchführung eines jährlichen Info-Tages, um Betroffene, Angehörige und Behandler in der Region zu vernetzen und aufzuklären. Der nächste Infotag findet am 29.6.2924 von 11.00-17.30 Uhr in Darmstadt statt.