Verkehrsfreigabe der Karl-Marx-Straße inklusive Kreuzung ab Freitag, 6. Dezember 2024

 

: Der letzte Gullideckel ist gesetzt! Matthias von Allwörden (v. l.), Erster Stadtrat Jörg Scheidel, Lukas Schneider und Daniel Lohbeck freuen sich über den erfolgreichen Abschluss des Großprojekts.
Foto: Stadt Viernheim

Viernheim (Stadt Viernheim) – Nach rund sieben Jahren Planung und intensiver Bauzeit ist es geschafft: Die Arbeiten am neuen Entlastungssammler im Viernheimer Stadtgebiet sind offiziell abgeschlossen. Mit der Fertigstellung des rund 2,6 Kilometer langen Kanalsystems endet eine der größten Infrastrukturmaßnahmen der Stadt, die das Leben vieler Bürgerinnen und Bürger gegenüber Starkregenereignissen zukunftssicher macht. Gleichzeitig erfolgt mit der Fertigstellung dieses Großprojekts die Freigabe der letzten Baustelle in der Karl-Marx-Straße inklusive des Kreuzungsbereichs Rathausstraße. Pünktlich zu Nikolaus heißt es hier wieder: freie Fahrt.

 

Heute ist ein Tag, auf den wir lange hingearbeitet haben“, sagt Erster Stadtrat Jörg Scheidel, der gemeinsam mit Bürgermeister Matthias Baaß, Matthias von Allwörden der Stadtwerke Viernheim GmbH sowie Lukas Schneider und Daniel Lohbeck im Rahmen einer Pressekonferenz informiert. „Der Entlastungssammler ist nicht nur eine technische Maßnahme, sondern ein Versprechen an die Bürger, dass wir die Herausforderungen durch den Klimawandel ernst nehmen.

 

Starkregenereignisse gaben Notwendigkeit

Denn die Maßnahme war eine Antwort auf die verheerenden Starkregenereignisse, die Viernheim ab 2007 vier Jahre in Folge heimgesucht hatten. Am 12. Juni 2007 fielen 46 Liter Regen pro Quadratmeter innerhalb von 65 Minuten – ein Ereignis, das statistisch gesehen seltener als alle 20 Jahre auftritt. 370 Feuerwehreinsätze und die Unterstützung zahlreicher Wehrkräfte aus den benachbarten Orten waren die Folge. Ähnlich dramatische Szenarien spielten sich in den drei Folgejahren ab, mit weiteren Hunderten von Einsätzen und flächendeckenden Überflutungen. Schon nach dem ersten Starkregenereignis 2007 hatte sich die Stadt Viernheim bezüglich der Abwasserentsorgung Gedanken gemacht und bereits in den Jahren 2009 bis 2012 und 2015 wurde mit einem verbesserten Anschluss des Bereichs Beethovenstraße an den großen Stauraumkanal Heidelberger Straße (Südspange) und einer weiteren veränderten Anbindung von Kanaltrassen (Nordwestsammler) gehandelt.

 

Doch um das städtische Kanalnetz nachhaltig und zukunftsweisend auszubauen, wurde auch der Bau eines neuen Hauptsammlers thematisiert.

 

Mit Beschluss der Stadtverordnetenversammlung im August 2017 begann die Planung des Entlastungssammlers. Ziel war es, das Kanalstauvolumen deutlich zu erhöhen, um zukünftig Starkregen schadensfrei aufnehmen zu können. Mit der Planung wurde 2018 das Büro Kocks Consult GmbH aus Frankfurt beauftragt. Im März 2020 erfolgte die europaweite Ausschreibung der Baumaßnahme und im September des gleichen Jahres die Vergabe an die Firma Uhrig aus Geisingen. „Leider verzögerte sich der Baubeginn, weil ein Mitbewerber bei der Vergabekammer Hessen Widerspruch einlegte. Es wurde zwar umgehend das Nachprüfverfahren eröffnet, verzögerte sich dann allerdings aufgrund der Corona-Pandemie“, erklärt der Baudezernent.

 

Bauphase

Im Oktober 2021 konnten die Bauarbeiten beginnen. „Erster Schritt war der Anschluss des Entlastungssammlers an das Pumpwerk Saarlandstraße mit Tiefbauarbeiten im Kreuzungsbereich Saarlandstraße – Karl-Marx-Straße – Kreuzstraße – Am Königsacker“, erklären Lukas Schneider von der Stadtentwässerung sowie Daniel Lohbeck, Abteilungsleiter Technischer Netzwerke von der Stadtwerke. „Dieser Bereich wurde aufgrund der geplanten Umgestaltung des Kreuzungsbereichs in einen Kreisverkehrsplatz vorgezogen.“ Danach erfolgte die Verlegung der Kanaltrasse entgegen der Strömungsrichtung beginnend in der Industriestraße auf Höhe des städtischen Bauhofes. Die Kanalbaustelle „wanderte“ in einem jeweils zirka 30 Meter langen Baufeld über die Friedrich-Ebert-Straße, Illertstraße, Siegfriedstraße, Kreuzstraße bis zum Kreuzungsbereich Lampertheimer Straße/Karl-Marx-Straße. Im Juli dieses Jahres erfolgte der letzte Abschnitt in der Karl-Marx-Straße in den zwei Teilbereichen Lampertheimer Straße bis Annastraße und Seegartenstraße bis Kreuzung Rathausstraße, der nun ebenfalls fertiggestellt ist.

 

Für den Entlastungssammler wurden Großrohre mit teilweise über zwei Metern Durchmesser verlegt, wo zuvor Kanalrohre mit einem Durchmesser von beispielsweise 40 Zentimeter lagen“, so Schneider, der die Dimension anhand von Fotos veranschaulicht. Eine technische Besonderheit stellten die raumgroßen und mehrere 10-Tonnen schweren Stahlbeton-Schachtbauwerke dar, die mithilfe von Kranfahrzeugen an 12 Kreuzungspunkten der Abwasserkanäle präzise eingebaut werden mussten. Darüber hinaus wurden große Teile der Netzinfrastruktur der Stadtwerke Viernheim GmbH im Baubereich mit erneuert.

 

Das Projekt ist ein essenzieller Schritt in der Anpassung an den Klimawandel, mit dem wir Viernheim zukunftssicher gemacht haben“, erklärt Matthias von Allwörden. „Der neue Entlastungssammler verfügt nun mit 7000 Kubikmeter über ein 14-mal größeres Stauraumvolumen als das alte Kanalsystem und wird dafür sorgen, dass auch bei extremen Regenfällen keine Keller mehr volllaufen und das öffentliche Leben nicht mehr durch Überschwemmungen beeinträchtigt wird.“ Von der gesamten Maßnahme bleiben einzig die vielen Gullideckel in den Viernheimer Straßen sichtbar.

 

Herausforderungen und Belastungen für Bürger und Anwohner

Mit einem Projekt dieser Größenordnung gehen immer komplexe technische und logistische Herausforderungen einher“, berichtet Lukas Schneider. Zum einen die Organisation der wandernden Kanalbaustelle über den gesamten Bauzeitraum von über drei Jahren im Hinblick auf alle Rahmenbedingungen und Beteiligten. Hinzu gekommen seien die parallelen

 

Bauprojekte im Stadtgebiet mit Einfluss auf die zeitliche und räumliche Planung der Kanalbaustelle und die damit einhergehenden Umleitungsführungen. Aber auch die in Teilen beengten Bauverhältnisse in Wohngebietsstraßen sowie im Tiefbau stellten weitere technische Herausforderungen dar.

 

Zahlreiche Verkehrsbehinderungen, Umleitungen, eingeschränkte Parkmöglichkeiten und geänderte Busstrecken prägten den Alltag der Bürger über die Jahre. „Wir bedanken uns bei allen Bürgerinnen und Bürgern, Anwohnern und Unternehmen für ihre Geduld und ihr Verständnis“, betont der Erste Stadtrat. „Wir wissen, wie belastend die Einschränkungen waren und die Situation die Geduld der Menschen oft auf die Probe gestellt haben. Umso mehr freuen wir uns, dass diese Zeit nun vorbei ist und wir ein Ergebnis vorzeigen können, von dem alle profitieren.

 

Stolz zeigten sich die Beteiligten über den zeitlichen Ablauf des Großprojekts: „Trotz Verzögerungen in einzelnen Bauabschnitten konnten wir den Zeitplan der Fertigstellung einhalten bzw. sogar etwas früher umsetzen“, berichtet Scheidel. Im Nachgang seien noch einzelne Nacharbeiten durch die Firma Uhrig vorzunehmen, die jedoch keine größeren Verkehrseinschränkungen mit sich ziehen würden bzw. während des fließenden Verkehrs durchgeführt werden könnten. Aus diesem Grund könnten auch noch keine tatsächlichen Gesamtkosten genannt werden. „Die Kostenschätzung liegt aktuell bei ca. 19 Mio. Euro, also 4 Prozent höher als das geplante Budget für das Großprojekt.“

 

Zum Abschluss fasst Bürgermeister Matthias Baaß zusammen: „Dieses Projekt ist mehr als eine technische Maßnahme. Es zeigt, dass Viernheim in die Zukunft investiert und aktiv Vorsorge für kommende Generationen getroffen hat. Mein Dank gilt allen Beteiligten – von der Planung über die Bauunternehmen bis hin zu den Bürgerinnen und Bürgern, die uns unterstützt haben. Ab jetzt profitieren alle vom neuen Entlastungssammler.