SPD-Fraktion im Gespräch mit dem Lernmobil – Schülerbetreuungen und berufliche Integration im Fokus
Viernheim hat im Hinblick auf gelingende Integration echt etwas zu bieten! Das war der unmittelbare Eindruck, den die Mitglieder der SPD-Fraktion am 09.10.2023 im Gespräch mit den Geschäfts- und Abteilungsleitungen des Vereins Lernmobil in dessen Domizil am Schlangenpfad gewonnen haben. Der Verein ging vor 35 Jahren aus dem Hausaufgabenzirkel der Volkshochschule für zugewanderte Kinder hervor – und bietet heute in Viernheim und der Metropolregion ein breit gefächertes Leistungsspektrum mit dem Leitmotiv „Integration durch Bildung“ an.
Geschäftsführer Dr. Gerd Baltes berichtete vom Fachbereich Kinder und Jugend, der den Hort am T.i.B., 7 Schülerbetreuungen in Viernheim und Lampertheim mit Plätzen für 900 Schüler:innen und ein Leseförderzentrum umfasst. Hier stehe das sog. „Viernheimer Modell“ Pate: Die Stadt sei Träger im Programm „Pakt für den Nachmittag“ des Landes Hessen und delegiere die operativen Aufgaben an einen freien Träger. Im Unterschied zu Kindertageseinrichtungen seien die Schülerbetreuungen aber nicht über die Jugendhilfe rechtlich geregelt – jeder Schulträger könne im Hinblick auf die Qualität der Umsetzung verfahren, wie er wolle. Die SPD-Politiker erfuhren jedoch, dass man im Hinblick auf die qualitativen Standards in Viernheim ein vergleichsweise hohes Niveau habe. Das betreffe vor allem die modular aufgebaute Sprachförderung von Kindern mit einem fremden sprachlichen/kulturellen Hintergrund. Alle Viernheimer Grundschulen würden von diesem Angebot des Vereins profitieren. Aktuelle Herausforderungen seien, so hörten die Mitglieder der SPD-Fraktion, die Unterfinanzierung der Schülerbetreuungen und der eklatante und weiter zunehmende Fachkräftemangel aufgrund ungünstiger Rahmenbedingungen.
„Die deutsche Sprache ist ein wichtiger Schlüssel und eine Voraussetzung für das Gelingen von Integrationsprozessen“, so die Feststellung von Dr. Oxana Berduta, die den Arbeitsbereich Sprachkurse für Erwachsene leitet. Die Integrationskurse gebe es seit 2005 – sie bestünden aus einem Sprachkurs und einem Orientierungskurs über die Rechtsordnung, Kultur und jüngere Geschichte Deutschlands. In einem differenzierten Angebot gebe es darüber hinaus spezielle Kursarten für Eltern, Zweitschriftlernende und Personen, die nicht alphabetisiert seien. Der SPD-Stadtverordnete Peter Lichtenthäler interessierte sich besonders dafür, wie nach den Sprachkursen die Aufnahme einer Arbeit gefördert werden könne. „Genau das ist der springende Punkt“, meinte die Geschäftsführerin Dr. Brigitta Eckert, „die Programme der Arbeitsagentur zur Integration in den Arbeitsmarkt starten viel zu spät, nämlich erst am Ende der Sprachkurse“. Damit werde wertvolle Zeit vertan, die besser genutzt werden müsse, um schon parallel zum Lernen der Sprache zu prüfen, welche berufsbezogenen Kompetenzen die Zugewanderten für eine Tätigkeit auf dem deutschen Arbeitsmarkt gebrauchen könnten. Oft beginne man erst am Kursende damit, die Zeugnisse aus dem Heimatland bei den hiesigen Anerkennungsbehörden einzureichen – und müsse dann Monate oder gar Jahre warten, bis man von dort eine Antwort erhalte. Vor dem Hintergrund, dass nahezu überall händeringend Fachkräfte gesucht würden, brauche es hier dringend ein besser abgestimmtes Handeln vor Ort, auch für berufsbezogene Sprachkenntnisse, wovon auch die lokalen Arbeitgeber profitieren würden.
Die Integrationslotsinnen sind aus Viernheim nicht mehr wegzudenken. Diese seien aus einer Idee des Sozialen Netzwerks Viernheim entstanden, hörten die SPD-Politiker. Zunächst sei man in den Institutionen und Behörden skeptisch gewesen, Fremde als Beraterinnen in seine Räume zu lassen. Heute seien die Integrationslotsinnen aus dem Rathaus, der Baugenossenschaft, dem JobCenter, den Kitas und den Schulen nicht mehr wegzudenken. Ihre Arbeit sei sehr hilfreich, wenn es darum ginge, sprachliche oder kulturelle Hürden in Elterngesprächen, bei Fachdiensten, beim Arzt oder mit dem Vermieter zu überwinden. Die ehrenamtlichen Integrationslotsinnen hätten Erfahrungen aus ihrer eigenen Migrationsgeschichte und unterstützen Einrichtungen dabei, Barrieren für zugezogene Menschen abzubauen. Die Arbeit der Integrationslotsinnen werde ergänzt durch eine Migrationsberatung für erwachsene Zuwanderer und als neuen Baustein durch eine Asylverfahrensberatung.
Daniel Schäfer, der Vorsitzende der SPD-Fraktion, dankte nach dem gut 2-stündigen intensiven Austausch für die umfassenden Informationen und wichtigen Impulse für die kommunalpolitische Arbeit. „Wir haben viel Neues erfahren und sind sehr beeindruckt von der komplexen Vielfalt der Angebote, auf die wir in Viernheim sehr stolz sein können. Die Dienste des Vereins sind ungeheuer hilfreich in der aktuellen Situation, in der viele Menschen aus anderen Kulturen zu uns kommen und deren Wissen und Arbeitskraft wir für unsere Aufgaben hier gut gebrauchen können“, so Schäfer abschließend.
Peter Lichtenthäler
Stellvertretender Vorsitzender der SPD-Fraktion
in der Viernheimer Stadtverordneten-Versammlung