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Bergstraße (Sahime Dirican) – Es passierte ziemlich unerwartet in einer gewöhnlichen Alltagssituation. In einer Unterhaltung über Sport (!), die sich in eine hitzige Diskussion verwandelte und mit den Worten „Geh dahin zurück, wo du herkommst endete.

 

Ein einziger Satz, der so viel kaputt macht! Dieser Satz ist mehr als nur eine Aufforderung; er ist ein Ausdruck von Vorurteilen und einer tiefen Unkenntnis über die Realität vieler Menschen mit Migrationshintergrund. Er ignoriert die Geschichten, die Kämpfe und die Erfolge, die hinter jedem einzelnen von uns stehen. Es ist ein Satz, der nicht nur verletzend ist, sondern auch das Gefühl der Zugehörigkeit in Frage stellt.

 

Er hat nicht nur meine Identität infrage gestellt, sondern auch all die Mühen und Anstrengungen, die ich unternommen habe, um Teil dieser Gesellschaft zu sein. Mir wurde bewusst, dass solche Äußerungen nicht nur mich betreffen, sondern viele andere, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Es ist wichtig, diese Stimmen zu hören und zu verstehen. Solche Sätze dürfen nicht unkommentiert bleiben. Sie müssen als das erkannt werden, was sie sind: eine Abwertung und eine Aufforderung zur Ausgrenzung.

 

Ich, die seit über 30 Jahren in diesem Land lebt, die hier meine Wurzeln geschlagen und mir ein Leben aufgebaut hat, wurde plötzlich auf meine Herkunft reduziert.

 

Warum?

 

Die Schlagzeilen über Gewaltverbrechen, die von Menschen mit Migrationshintergrund begangen werden, reißen nicht ab. Diese Berichterstattungen haben eine spürbare Wirkung auf die Bürger und nähren deren Ängste. In einer Zeit zunehmender gesellschaftlicher Polarisierung nutzen Rechtsextreme solche Vorfälle gezielt, um ihre eigenen politischen Ziele voranzutreiben. Sie freuen sich insgeheim über Gewalttaten wie jene in München und Aschaffenburg, da diese Ereignisse ihnen den Treibstoff für ihre Ideologie des Hasses und der Angst bieten.

 

Besonders der mediale Sprachgebrauch spielt in der Diskussion um Einwanderung und Integration eine entscheidende Rolle. Sprache ist mächtig. Begriffe wie „Remigration“, „illegale Einwanderung“, „Asylanten“ und ähnliche Worte werden immer wieder in den Raum gestellt und durch wiederholte Verwendung zunehmend salonfähig gemacht. Diese Begriffe prägen das öffentliche Bild von Migranten und schaffen ein gefährliches Narrativ: Migranten würden nichts Positives zur Gesellschaft beitragen, sondern vielmehr als Bedrohung wahrgenommen werden.

 

Diese Sprache und der Umgang mit Migranten sind Gift für unser Zusammenleben. Es darf nicht sein, dass wir unseren Nachbarn, Freunden oder Bekannten plötzlich misstrauisch begegnen, nur weil sie einen Migrationshintergrund haben. Es kann nicht sein, dass wir diejenigen, die bereits seit Jahren hier leben und die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen, plötzlich als Außenseiter behandeln.

 

Ich möchte ausdrücklich betonen: Nichts kann die Taten, die geschehen sind, rechtfertigen. Gewalt ist niemals eine Lösung und sollte von uns allen verurteilt werden, unabhängig von der Herkunft der Täter.

 

Und gerade inmitten dieser aktuellen schwierigen Situation müssen wir einen klaren Kopf bewahren. Es ist entscheidend, dass wir nicht in die Falle der Spaltung tappen. Wir müssen miteinander arbeiten, nicht gegeneinander.

 

Die Zugehörigkeit zur Gesellschaft sollte nicht durch Herkunft oder den Pass bestimmt werden, sondern durch das Engagement und die Integration in die Gemeinschaft. Es ist von großer Bedeutung, dass wir uns nicht von Ängsten und Vorurteilen leiten lassen. Wir müssen uns gemeinsam für ein respektvolles Miteinander einsetzen und gegen solche diskriminierenden Äußerungen ankämpfen.

 

Ich bin mir nicht sicher, ob der Herr tatsächlich geglaubt hat, dass ich auf seine Aufforderung hin das Land verlassen würde. Ich muss ihn leider enttäuschen: Deutschland ist mein Zuhause und das werde ich mir von niemandem absprechen lassen.