Foto: AWO Familienzentrum Kirschenstraße
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Viernheim (Familienzentrum Kirschenstraße) – Seit etwas über einem Jahr wird im AWO-Familienzentrum Kirschenstraße ein Nähprojekt für Kindergarten- und Hortkinder angeboten, das von einer „nähbegeisterten“ Kindergarten- und Hortmutter betreut wird. Tanja Weikert hatte dafür im Vorfeld ein Konzept erstellt, um das Nähprojekt in der Einrichtung umzusetzen.

Mit Unterstützung von Sponsoren konnten sieben kindgerechte Nähmaschinen, sowie erste Materialien angeschafft werden. Das Projekt richtete sich anfangs an Kindergartenkinder ab 4 Jahren und ihre Eltern oder Großeltern. Da die Arbeit an der Nähmaschine auch einige Gefahren birgt, ist gerade bei den Kleinen eine 1:1 Betreuung notwendig.  An immer drei aufeinanderfolgenden Terminen nähen die Kinder ein Stück, welches sie dann mit nach Hause nehmen können. Das Projekt wurde von Anfang an sehr gut angenommen und ist seit Beginn regelmäßig weit im Voraus ausgebucht.

Mittlerweile wird abgewechselt und es nähen auch die Schulkinder der 1. bis 4. Klasse. Sie werden von ehrenamtlichen Helfern betreut. Hier finden sich rund um das AWO-Familienzentrum glücklicherweise immer helfende Hände, die Tanja Weikert und die Kinder bei der Umsetzung ihrer Ideen unterstützen. Insbesondere Senioren haben in diesem Jahr häufig den Kurs begleitet.

Sobald ein genähtes Stück fertig gestellt wurde, möchten viele andere Kinder dieses auch haben. Zudem übt die Nähmaschine an sich einen unglaublichen Reiz auf die Kinder aus. Immer wieder wird im Kreativzimmer gefragt, ob auch außerhalb des Kurses genäht werden darf. Von Zeit zu Zeit wird dann die Nähmaschine herausgeholt und die Kinder stehen Schlange um mitmachen zu dürfen. So können die Kinder ausprobieren und man kann auch feststellen, ob sie bereits am Kurs teilnehmen könnten.

Auffallend ist, dass Nähen keinesfalls ein Mädchenprojekt ist – der Anteil an Jungs hält sich nahezu die Waage und auch „coole Kerle“ aus den 3. und 4. Klassen versuchen hier, regelmäßig einen Platz zu ergattern.

Beim Nähprojekt selbst geht es nicht nur darum, möglichst schnell sein fertiges Produkt in den Händen zu halten. Die Kinder bekommen die Grundkenntnisse vermittelt, machen verschiedene Übungen und gelangen so zum Ergebnis. Oft können bereits nach der ersten Einweisung Kinder anderen Kindern die Maschine erklären. Interesse und auch Verständnis sind selbst bei den Kleinen erstaunlich groß.

„Am Anfang war es gar nicht so einfach. Was für mich an der Maschine selbstverständlich war, sollte nun kindgerecht und interessant vermittelt und nichts vergessen werden. So habe ich meine ersten Kurse immer wieder zu Hause durchgeübt, zum Teil mit Freunden unserer Kinder, hin und her korrigiert, bis ich schließlich mein Konzept so hatte, wie es heute umgesetzt wird“, sagt Tanja Weikert.

Die Mühe hat sich gelohnt. Spielerisch und abwechslungsreich gestaltet, schaffen die Kinder zwei Stunden am Stück interessiert zu bleiben. Ganz nebenbei werden auch Feinmotorik und Kreativität der Kinder gefördert. Jedes Kind sucht seine Stoffe selbst aus, ordnet sie selbst an und kein fertiges Stück gleicht am Ende dem anderen.  Auch geduldig zu bleiben und verstehen zu lernen, dass ein schönes Ergebnis eine gewisse Mühe und Ausdauer erfordert, und nicht am ersten Termin fertig ist, ist gerade für die Kleinen eine große Herausforderung.

Voller Stolz wurden so im Laufe des Jahres Bettschlangen, Kissen und Teddybären von den Kindern nach Hause getragen. Oft berichten Eltern, dass diese auch mit in den Urlaub mussten, einen dauerhaften Platz im Bett brauchten und offensichtlich für die Kinder einen großen Wert haben.
Im Hort bei den Schulkindern wird noch mehr Wert auf eigene Entwicklung gelegt. Während bei den Kindergartenkindern genau geplant und vorbereitet wird, was umsetzbar und möglich ist, werden die Größeren in die Planung einbezogen und dürfen mitentscheiden, was genäht werden soll.

Auch während des Kurses ist viel Eigenleistung gefragt. Es sind z.B. Kissen entstanden, die von den Kindern komplett allein gestaltet wurden. Zuerst auf Papier, dann als Applikation auf den Stoff genäht. Vom eigenen Namen über Einhörner, Mickey Maus, Elefanten bis hin zum YouTube Play- Zeichen war alles dabei. Mittlerweile gibt es Schulkinder, die nur noch wenig Betreuung benötigen. Einige besitzen sogar schon eine eigene Maschine zu Hause. So wurden nach den Sommerferien in jedem Kindergartenkurs ein bis zwei Plätze an Hortkinder vergeben. Das altersübergreifende Konzept hat den Vorteil, dass sich Kenntnisse bei den Schulkindern festigen und den positiven Nebeneffekt, dass diese auch den Kindergartenkindern helfen, selbst wenn sie mit den Eltern kommen.

Im Laufe des einen Jahres hat sich so im Hortbereich bereits eine Fortgeschrittenengruppe gebildet, die aktuell Loops und Beanies für sich selbst nähen. Die Kinder haben die Stoffe selbst ausgesucht und arbeiten passend nach Schnittmuster. Eine große Herausforderung, die die Kinder bisher sehr gut gemeistert haben. In dieser Woche sollen Beanie und Loop fertig werden, erste fertige Schals wurden bereits kürzlich stolz bei 26 Grad ausgeführt.

Tanja Weikert hat mit „nordmensch“ ihr ein eigenes kleines Label für Kindermode (facebook.com/NordmenschKids). Viel mehr Spaß als Zuhause zu nähen macht ihr allerdings die Arbeit mit den Kindern. „Es ist einfach toll, zu sehen, wie viel Freude die Kinder beim Nähen haben, wie verschieden ihre Ideen sind und wie stolz sie sind, wenn sie ihre Sachen fertig in den Händen halten.“

Und das sagen die Kinder des AWO-Familienzentrums:

  • „Ich wünschte ich wäre nochmal dabei.“
  • „Ich finde am Nähkurs schön, dass man etwas selber machen kann und nicht kaufen muss.“
  • „Mir hat es so viel Spaß gemacht und ich möchte wiederkommen“.
  • „Es werden halt viele tolle Sachen gemacht.“
  • „Ich will nochmal hin. Mein Kissen liegt zu Hause im Bett.“

Im Rahmen des Familienzentrums sollen langfristig auch über das Jahr verteilt einige Wochenendworkshops angeboten werden, um auch Kindern von außerhalb die Möglichkeit zu geben, an einem Nähprojekt teilzunehmen.

Ein Dankeschön geht an dieser Stelle an die Nähgalerie Viernheim, die das Projekt unterstützt, sowie an alle immer wieder helfenden Hände. Gerne werden immer engagierte Freiwillige, sehr gerne Senioren, gesucht, die Lust haben, sich in diesem Projekt mit zu engagieren. Nähkenntnisse sind hierfür nicht erforderlich. Das AWO-Familienzentrum freut sich hier jederzeit über einen Anruf unter 06204/602541.