Die Zentrale der Landwirtschaftlichen Warengenossenschaft in der Wasserstraße um 1990.
Foto: Stadt Viernheim

Viernheim (Stadt Viernheim) – „Einer für alle – alle für einen“. Der Wahlspruch der Raiffeisengenossenschaften steht Pate für eine Sonderausstellung, die ab 17. Juli im Museum Viernheim gezeigt wird. Erinnert wird an die Geschichte der Landwirtschaftlichen Warengenossenschaft und seines Vorgängers, dem Bauernverein Viernheim. Anlass gibt das doppelte Jubiläum: Die Landwirtschaftliche Warengenossenschaft wurde vor 90 Jahren ins Leben gerufen, die Gründung des Bauernvereins wird 1882 vermutet. Beide Organisationen prägten Viernheim wirtschaftlich, gesellschaftlich und kulturell. „Vielen in Viernheim ist die ‘Warengenossenschaft‘ ein Begriff und unmittelbar mit dem Kauf von Salatpflanzen, Saatgut, Düngemitteln und vielem mehr im früheren Gebäude in der Wasserstraße verbunden. Es sind vergangene Zeiten, aber sich diese in Erinnerung zu rufen, kann in Anbetracht aktueller Fragen von Nahrungsmittelsicherung nicht falsch sein„, macht Bürgermeister Matthias Baaß auf die Ausstellung aufmerksam.

 

Gegründet, um die soziale Not der Bauern zu lindern, lag eines der Hauptziele des Bauernvereins in der Schaffung finanzieller Vorteile durch gemeinschaftlichen Erwerb von Kohle, Saatgut, Futter- und Düngemitteln. Nach der Umwandlung des Vereins in eine Genossenschaft wurde die Marktposition der Viernheimer Landwirte außerdem durch gemeinschaftliche Aushandlung der Absatzbedingungen gestärkt. Auch wurden Maschinen zur gemeinschaftlichen Nutzung beschafft und Kleinmaterial für Ernte und Tagesbedarf verliehen. Ein weiterer Service war das Angebot von Beratungen, Fachvorträgen und Schulungen.

 

Bauernvereine und Warengenossenschaften waren wegweisende Selbsthilfeorganisationen, welche nicht nur die Not der Landwirte in schweren Zeiten milderten, sondern auch als politische Interessensvertretung vieles bewirken konnten. Wichtige Gesetze wurden aufgrund des Engagements der Bauernvereine im 19. Jahrhundert in Hessen erlassen. Daneben waren die Organisationen identitätsstiftend, förderten den Zusammenhalt der Landwirte untereinander und steigerten deren gesellschaftliche Anerkennung“, führt Museumsleiterin Elke Leinenweber aus.

 

Ihre Blütezeit erlebte die Landwirtschaftliche Warengenossenschaft in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg mit über 200 Mitgliedern und Umsätzen von über einer Million Euro. Zum „Herz“ der Landwirtschaftlichen Warengenossenschaft entwickelte sich die Zentrale in der Wasserstraße. Hier wurde auch Privatpersonen alles für Gartenbau und Kleintierhaltung

angeboten.

1999 wurde durch die Generalversammlung die Liquidation beschlossen und Klaus Niebler zum Liquidator gewählt. (Der gesamte Aufsichtsrat war während der Liqidationszeit im Amt). Von diesem Zeitpunkt an wurden genossenschaftliche Arbeiten nur im begrenzten Maße durchgeführt. Von 1999 bis im Jahre 2001 lief der Abverkauf der noch lagernden beweglichen Güter. Nach Verkauf der Immobilien konnten 2008 die Genossenschaftsanteile und der Gewinn, anteilig an die Mitglieder ausgezahlt werden. Damit war die Liquidation der Landwirtschaftlichen Warengenossenschaft e.G. Viernheim beendet.

 

Am 24. Juli 2022 um 14.30 Uhr findet eine öffentliche Führung mit Helmut Büchler statt. Um eine vorherige Anmeldung für diese Veranstaltung wird gebeten (Telefon 9 29 20 71, E-Mail museum@viernheim.de).

 

Zu sehen ist die Sonderausstellung „Einer für alle …“ im Museum Viernheim (Berliner Ring 28) bis 25. September 2022. Öffnungszeiten sind sonntags von 14 bis17 Uhr – auch über die Sommerferien.