Mannheim (Stadt Mannheim) – Der Entwurf für den städtischen Haushalt des Jahres 2022 wurde am Dienstag von Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz und Erstem Bürgermeister und Kämmerer Christian Specht dem Gemeinderat vorgestellt. Specht vermittelte in seiner Rede folgende Kernbotschaften:
 
1. Die Corona-Krise und ihre finanziellen Folgen sind nach wie vor deutlich spürbar. Anders als sonst wird es daher diesmal einen Einjahres- statt eines Doppelhaushalts geben. Die wirtschaftlichen und finanziellen Unsicherheiten sind aktuell sehr groß und die weiteren Entwicklungen nicht hinreichend vorhersehbar.
2. Trotz Corona hält die Stadt Mannheim an den beschlossenen Rekordinvestitionen fest. In den kommenden vier Jahren erfolgen Investitionen in einer Gesamthöhe von 846 Mio. Euro.
3. Der Haushalt kommt ohne Neuverschuldung aus, Gebühren- oder Steuererhöhungen sind nicht geplant.
4. Die Budgets der Dezernate steigen moderat, vorliegende Beschlüsse des Gemeinderats sind berücksichtigt. Ein weiteres Anwachsen der Ausgaben ist in diesen Zeiten nicht vertretbar.
5. Die Spielräume des Haushaltes sind ausgereizt: Nach dem jetzigen Planungsstand ist die Liquidität in 2023 und 2024 wegen der hohen Investitionen aufgebraucht. Ab 2025 zeichnen sich wieder leichte Verbesserungen ab.
 
„Unsere Aufgabe ist es, aus der Coronakrise heraus die finanzpolitischen Weichen zu stellen. Der Haushalt, den wir jetzt beschließen wollen, ist ein Eckwertebeschluss, der die bisherige Beschlusslage abbildet und dafür die finanzielle Basis liefert. Ob die finanzpolitische Strategie in der Zukunft angepasst werden muss, kann man sinnvoller Weise erst im nächsten Jahr mit dem Haushalt für 2023 beantworten. Mit Blick auf die bereits in den Vorjahren erfolgten Budgetanpassungen und die Ausgabensteigerung, aber auch vor dem Hintergrund der noch immer herrschenden Planungsunwägbarkeiten, haben wir uns deshalb zu einem Zwischenschritt entschieden und frieren die Ausgabenentwicklung 2022 auf hohem Niveau ein. Wir werden also an den geplanten Investitionen festhalten, sollten ungeplante Investitionen hinzukommen, müssen wir entsprechend umschichten. Das ist nicht neu. Wir halten also das Tempo und nehmen zunächst auch keine finanzpolitischen Kurskorrekturen vor“, erläutert Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz.
 
Anders als in der Vergangenheit, in der die Stadt Mannheim stets einen Doppelhaushalt für zwei Jahre aufstellte und dem Gemeinderat zur Beratung und zum Beschluss vorlegte, wird es diesmal einen Einjahreshaushalt geben. „Wir stehen vor der Herausforderung, das finanzielle Rahmenwerk für die Zukunft zu planen und festzulegen – in einer Zeit, in der die Wirtschaftszahlen Schwankungen von historischen Dimensionen aufweisen. Wir haben uns daher entschieden, zunächst ‚auf Sicht‘ zu fahren. Mit dem nun vorgelegten Überbrückungshaushalt für ein Jahr stabilisieren wir einerseits die Finanzierung der geplanten Leistungen und Investitionen. So schaffen wir in der aktuellen Situation Planungssicherheit für alle Akteure und stützen die Konjunktur. Andererseits haben wir jedoch die Möglichkeit, in einem Jahr die mittelfristigen Planungen der dann aktuellen Lage anzupassen“, konstatierte Erster Bürgermeister und Kämmerer Christian Specht.
 
Eine besondere Herausforderung, der die Stadt Mannheim aufgrund der Corona-Krise gegenübersteht, sind die negativen Auswirkungen auf der Ertragsseite im Ergebnishaushalt: Bei der Gewerbesteuer, die mit rund 25 % eine der zentralen Einnahmequellen darstellt, ebenso wie beim Finanzausgleich und dem kommunalen Anteil an der Einkommensteuer. Gleichzeitig sah und sieht sich die Stadt in vielen Bereichen mit erheblichen Corona-bedingten Mehraufwendungen konfrontiert, so beispielsweise im Gesundheitsamt und der Ordnungsbehörde sowie in Schulen und Kitas, aber auch zur Stützung der städtischen Beteiligungen und Eigenbetriebe.
 
Wegen der erheblichen Ertragseinbrüche im „Corona-Jahr 2020“ und der zu erwartenden Fehlbeträge musste die Stadt im Juli letzten Jahres erstmals seit knapp 30 Jahren einen Nachtragshaushalt aufstellen. „Die Corona-Krise war eine Herausforderung, mit der niemand rechnen konnte. Hier hat sich unser gutes Wirtschaften und unsere haushalterische Disziplin der vergangenen Jahre im wahrsten Sinne ‚ausgezahlt‘, denn wir konnten ohne Abstriche wie geplant weiter investieren und unsere städtischen Gesellschaften stützen“, so Specht. Er betonte: „Ohne die Hilfen von Bund und Land hätten wir in 2020 jedoch erstmalig ein negatives Jahresergebnis in Höhe von 66,2 Mio. Euro ausgewiesen.“
 
Mit kurzfristig aufgelegten Sofortprogrammen hatte die Stadt Mannheim besonders betroffene Sektoren gestützt, ergänzend zu den Hilfsprogrammen von Bund und Land. Diese kamen insbesondere den stadtteilprägenden Geschäften, Start-ups und Clubs zugute. Mithilfe eines neuaufgelegten Sozialfonds konnten individuelle Notlagen gelindert werden, durch die unbürokratischen Flächenerweiterungen in den Außenbereichen wurde der notleidenden Gastronomie geholfen.
„Die Corona-Pandemie hat ganz klar gezeigt: ohne handlungsfähige Kommunen kann es keine resiliente Gesellschaft geben. Deshalb brauchen die Kommunen eine verlässliche und auskömmliche Finanzausstattung“, so der Appell von Kämmerer Specht, der gleichzeitig auch Vorsitzender des Finanzausschusses des Städtetags Baden-Württemberg ist.
 
„Das bedeutet akut: Für die Jahre 2021 und 2022 sind weitere Finanzhilfen notwendig, insbesondere in den Bereichen öffentlicher Gesundheitsdienst, Kliniken, ÖPNV sowie in der Kultur- und Veranstaltungswirtschaft. Langfristig zeigt sich jedoch folgendes Problem: Die positive Entwicklung der Erträge in den vergangenen Jahren wurde durch Corona abrupt unterbrochen. Auch wenn die Erträge in Zukunft wieder steigen, bleibt eine große Lücke, die durch die Krise entstanden ist und die wir nicht wieder aufholen können. Wir wachsen also von einem niedrigeren Niveau“, beschreibt Specht die Situation. „Für Mannheim bedeutet das, dass ohne eine bessere Finanzausstattung der Kommunen der in der Haushaltsplanung beschrittene Pfad nicht beliebig fortführbar sein wird.“
 
Das Themenportfolio des Haushalts 2022 sieht große Investitionen in den Ausbau der Kinderbetreuung und in die Sanierung und den Neubau von Schulen vor. Wesentliche Maßnahmen sind auch für die verkehrliche Infrastruktur vorgesehen, wobei die neue Stadtbahn Franklin und der Ausbau der Radwege einen wichtigen Anteil ausmachen. Des Weiteren beinhaltet das Portfolio Investitionen in den Klimaschutz, wie beispielsweise die Entwicklung des Grünzugs Nord-Ost, umfangreiche Baumpflanzungen, die BUGA und den Neubau des Umwelt-Innovationzentrums „Green Tech“. Zudem hält die Stadt an den geplanten Großinvestitionen wie der Sanierung des Nationaltheaters und dem Neubau der Stadtbibliothek fest.
Dieses Investitionsportfolio will die Stadt Mannheim ohne Steuer- oder Gebührenerhöhungen sowie ohne eine Nettoneuverschuldung finanzieren.